Hoellenfeuer
nicht wie die euren “, sprach er mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme. „Mein Körper ist für die Ewigkeit erschaffen worden – aus dem Feuer des Herrn selbst. Eure hingegen sind nur aus Lehm.“ Den letzten Satz hatte der Engel mit deutlicher Herablassung gesprochen.
Fulk de Charney hatte die letzten Worte kaum mitbekommen. Noch immer dachte er über die Worte des Engels nach, in denen er ihm eröffnet hatte, dass sowohl der Kreuzzug, als auch sein bevorstehender Tod völlig sinnlos sein sollten.
„Aber wenn Gott an unseren Seelen interessiert ist, warum hilft er uns denn nicht, unsere Seelen rein zu halten?“, fragte er schließlich verständnislos.
Der Blick des Engels fiel wieder auf den Ritter. Jetzt wirkte er beinahe belustigt.
„Aber das tut er doch “, erwiderte er. „Er gibt euch ständig Hinweise, ja sogar Gesetze. Ihr seid nur zu taub sie zu hören. Lautet das Erste Gebot denn nicht 'Du sollst nicht töten'?“
„Ja schon “, warf Fulk de Charney ein. „Aber...“
„Nein. Kein 'Aber'!“, fiel der Engel ihm ins Wort. „Und hat Jesus von Nazareth in der Nacht, in der er verraten wurde, nicht gesagt 'Wer durch das Schwert lebt, wird durch das Schwert umkommen'?“
„Ja... so heißt es“, sagte Fulk zögernd.
„Gott hat es euch oft genug gesagt. Aber ihr wollt nicht hören “, fuhr der Engel fort, indem er Fulk de Charney ernst anblickte. „Er hat sogar seinen Sohn auf diese Erde gesandt, um euch einen Weg zu weisen. Ihr müsst nichts weiter tun, als Gottes Botschaft anzunehmen. Es gibt nichts, worauf ihr noch warten müsst. Es ist alles gesagt worden, doch noch immer weigert ihr euch, zu hören. Nein, nein“, die Stimme des Engels wurde plötzlich leise und bedrohlich. Er neigte seinen Kopf ganz nahe an Fulks Gesicht und flüsterte: „Wenn eure Seelen der Verdammnis anheimfallen, so ist es ganz allein eure Schuld. Macht nicht Gott dafür verantwortlich, dass er euch nicht geholfen hätte.“
Entgeistert starrte Fulk de Charney den Engel an. Er hätte gern etwas darauf erwidert – irgendetwas, das die Worte des Engels entkräftet hätte. Doch es gab einfach nichts.
Fulks Schultern fielen herab. Er fühlte sich vollkommen leer.
„Dann war alles umsonst.. “, flüsterte er. „Mein Leben und das so vieler anderer. Und all das nur, weil ich auf andere gehört habe.“
„Es ist nicht unbedingt falsch, auf andere zu hören. Aber es wäre besser gewesen auf Jesus Christus zu hören, denn auf die Worte schwacher Menschen. Dein Herz hätte dir geholfen, Richtig von Falsch zu unterscheiden. Dafür habt ihr es.“
Fulk de Charney nickte mit leerem Blick. Dann sackte er zusammen und blieb regungslos auf dem Boden kauernd liegen.
Nach einer kleinen Weile sank der Engel zu Fulk de Charney hinab und sprach: „Ich kann dir einen Weg aus all dem zeigen. Ich kann deinem Leben und mehr noch deinem Tod immer noch einen Sinn geben. Vor allem aber kann ich dich vor dem bewahren, was dich außerhalb dieser Mauern erwarten wird!“
Langsam hob Fulk de Charney den Blick.
„Das könnt ihr?“, fragte er schwach.
Der Engel nickte. „Darum bin ich hier“, sprach er.
„Was muss ich dafür tun?“, fragte Fulk.
„Ihr müsst nichts weiter tun, als euer Herz entscheiden lassen “, erwiderte der Engel ernst. „Aber um das tun zu können, müsst ihr zunächst wissen, wer ich bin. Ich bin Satan!“
…
Noch immer stand Eleanor im Palast der toten Räume und starrte das Gesicht von Nummer Sieben an.
„Raphael?“, fragte sie schließlich. „ Ein ungewöhnlicher Name. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der so heißt.“
Raphael, den man in Stratton Hall nur 'Nummer Sieben' nannte, lachte auf. „Das will ich glauben. Er ist nicht sehr weit verbreitet. Das liegt wohl an meiner 'Vergangenheit'.“
Eleanor runzelte die Stirn. Sie versuchte in Raphaels Augen die Bedeutung seiner Worte zu erfassen, doch dieser blickte nur amüsiert zurück.
Langsam trat Eleanor einige Schritte zurück um Raphael ganz zu betrachten. Wieder fiel ihr die fast unheimlich anmutende Harmonie seiner Körperproportionen auf. Es schien nichts an ihm zu geben, das nicht vollkommen gewesen wäre. Er war groß und überragte Eleanor um fast zwei Köpfe. Zudem war er muskulös, doch nicht übertrieben – am ehesten erinnerte er Eleanor an die bekannte Davidstatue Michelangelos. Doch sein Gesicht war unendlich schöner, als das der Statue. Jede Falschheit war diesem Gesicht vollkommen fremd. Es war
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