Hoellenfluestern
an einem von Flammen versengten Baum lehnte, den Flachmann in der Hand. Beck nahm den angebotenen Scotch, setzte die Flasche an, und die Flüssigkeit rann glühend heiß durch seine wunde Kehle. Er gab die Flasche seinem Besitzer zurück.
»Wie macht sich Riley?«, fragte der Meister.
»Sie … redet immerhin. Ich habe Carmela gebeten, mal nach ihr zu schauen.«
»Sie hat sich heute nicht unterkriegen lassen. Wenn sie nicht gewesen wäre, wäre es mit uns allen zu Ende gewesen.«
Beck ließ die rechte Schulter kreisen, um den Krampf loszuwerden, doch die Muskelzuckungen ließen nicht nach. Ein Schwert zu schwingen war nichts für Schwächlinge.
»Ich hatte immer gedacht, der Weltuntergang sei irgendeine Geschichte, die man sich ausgedacht hat, um kleine Kinder zu erschrecken. Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich mal mittendrin stecken würde.«
Als Stewart ihm erneut den Flachmann reichte, nahm er noch einen tiefen Schluck. Stewart schuldete ihm immer noch eine Antwort auf eine Frage, die ihn plagte, seit das Team des Vatikans angekommen war.
»Als wir uns zum ersten Mal mit den Jägern getroffen haben, sagte der Priester, er wüsste, wem wir dienen. Als ich dich danach fragte, hast du mir nicht geantwortet.«
Stewart blieb stumm.
Beck senkte die Stimme. »Wir dienen der Hölle, oder? Die Jäger sind die Lieblinge des Himmels und wir Luzifers. Hab ich recht?«
»So einfach ist das nicht«, bemerkte Stewart. »Es geht nicht so sehr darum, ob wir dem Höllenfürsten dienen, sondern dass wir das Gegenstück zu den Jägern sind. Die andere Seite der Medaille. Alles auf dieser Welt bildet ein Gleichgewicht zwischen dem Licht und der Finsternis.«
»Das macht verdammt nochmal überhaupt keinen Sinn.«
»Das Konzept ist nicht einfach. Selbst der Ursprung der Dämonen ist nicht klar. Manche denken, Luzifer habe sie erschaffen, als Verhöhnung von Gottes Werk. Andere behaupten, es seien verdammte Seelen, die in die Hölle geschickt wurden, um eine Lektion erteilt zu bekommen.«
»Willst du damit sagen, wenn ich einen Dämon töte, könnte es jemand sein, den ich kenne?«
Stewart zuckte mit einer Schulter. »Ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich verstehe es immer noch nicht, und ich fange seit über fünfzig Jahren Dämonen.«
Was bedeutete, dass Beck wenig Chancen hatte, es heute zu kapieren.
»Quäl dich nicht deswegen, Junge. Du bist kein Diener der Finsternis, so viel ist sicher.« Der Meister legte ihm behutsam die Hand auf die Schulter. »Ich bin sehr stolz auf dich. Du hast großen Mut gezeigt.«
»Es ist ganz gut gelaufen«, erwiderte Beck und wischte das Lob beiseite.
»Du hast einen Erzdämon angegriffen«, erwiderte der Meister und nahm seinen Scotch wieder an sich, als er die Hand zurückzog. »Das ist besser als ›ganz gut‹.«
»Ich habe ihn nicht getötet«, sagte Beck. Er dachte daran, wie Riley ihm in den Hintern gestochen hatte und lachte, weil es sich gut anfühlte. »Verdammt, ist das gut, am Leben zu sein.«
»Aye. Und jetzt bring Riley hier raus. Bring sie zu mir, wenn sie will. Das alles wird sie schon noch früh genug erwischen.«
Beck zögerte, unsicher, ob er diese Frage stellen sollte. »Was geschieht mit einem gefallenen Engel, wenn er stirbt?«
»Manche sagen, der Himmel nähme sie zurück, wenn ihre Seelen geläutert sind. Andere glauben, dass sie Dämonen werden und wieder ganz von vorn anfangen.«
Was bedeutete, dass niemand wirklich die Wahrheit kannte.
Das gibt’s ziemlich oft in diesem Job.
Beck fand Pauls Tochter dort, wo er sie zurückgelassen hatte. Sie hatte immer noch die Decke um die Schultern gelegt. Das zerzauste Haar hing herunter, die Klamotten waren dreckverschmiert, die Haut war unnatürlich blass. Er setzte sich neben sie und wartete darauf, dass sie zuerst das Wort ergriff.
»Wie viele haben wir verloren?«
»Zwölf«, antwortete er. »Die Jäger zehn. Wir haben eine Menge Verletzte, aber ich denke, die meisten werden überleben.«
Riley suchte das Stück Friedhof um sie herum ab, als hielte sie nach jemandem Ausschau. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf einen Jäger und seufzte erleichtert auf. »Müller lebt«, sagte sie. »Er hat ein kleines Kind zu Hause.« Dann wurde ihr Gesicht traurig. »Corsini wird sein neues Baby niemals kennenlernen.«
Sie steht unter Schock . Beck legte den Arm um sie. Stewart möchte, dass ich dich in sein Haus bringe.«
Ohne Zögern schüttelte Riley den Kopf. »Nein, ich will nach Hause.« Sie ließ sich
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