Hoellenfluestern
Engel reinzufallen.«
»Kein Kommentar.« In diesem Moment fuhr ein weiterer LKW vor, und Peter ließ sie los, um sich der bevorstehenden Arbeit zuzuwenden.
Jetzt weiß er alles. Na ja, das meiste . Offensichtlich würde ihr bester Freund nicht verschwinden und sie hängenlassen.
Bitte, Gott, lass nicht zu, dass ihm meinetwegen etwas zustößt .
6.
Kapitel
Peter musste um kurz nach zehn aufbrechen, um nicht von seinem Dad erwischt zu werden. Er versuchte, Riley zu überreden, mitzukommen, mit dem Argument, es sei nicht sicher für sie, ganz allein auf dem Dach zu bleiben.
»Es ist nirgendwo sicher für mich«, antwortete sie. »Nicht mehr.«
Ihr Freund fluchte leise, dann blickte er zum Himmel empor. »Hey, du da oben«, rief er laut, als würde tatsächlich jemand zuhören. »Wenn Riley so wichtig ist, dann hab doch bitte ein Auge auf sie, verstanden? Lass nicht zu, dass ihr was passiert, oder du bekommst es mit mir zu tun. Und das heißt, mit Peter King, falls du das noch nicht bemerkt haben solltest.«
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie das saukomisch gefunden, aber Peters Tonfall warnte sie, nicht über ihn zu lachen. Sie gab ihm die Nummer ihres neuen Telefons. Nachdem er noch ein Weilchen rumgejammert und gemeckert hatte, umarmte er sie schließlich, versprach, am nächsten Morgen um halb acht wieder da zu sein, und verschwand. Ein paar Minuten später hörte sie einen Wagen starten, dann herrschte Stille.
»Du bist so cool«, flüsterte sie.
Es war eine typische Nacht in Atlanta Anfang Februar – kalt und dunkel, mit Sternen am klaren Nachthimmel. Die Zeit kroch dahin wie eine arthritische Schildkröte, genau wie auf dem Friedhof, als sie auf ihren Vater aufgepasst hatte.
Nach ein Uhr nachts wurden Peters besorgte Anrufe, bei denen er ihren »Status checkte«, weniger. Aus seiner gedämpften Stimme schloss sie, dass ihre Beichte etwas in ihm verändert hatte. Sie wusste, dass er sie nie wieder so sehen würde wie früher. Wie sollte er auch? Sie hatte sich mit der Hölle eingelassen und lebte noch, um davon zu erzählen.
Im Laufe der Nacht schwankte Riley zwischen zwei Polen hin und her. Zuerst rüffelte sie sich selbst für ihre Naivität, dann beschimpfte sie den Engel als verlogene Ratte mit Flügeln.
Ich hätte auf Beck hören sollen .
Erschöpft von der mentalen Selbstgeißelung, sank sie in einen unruhigen Schlummer, bis ein paar Drogenabhängige eine hitzige Diskussion über den faschistischen Polizeistaat begannen, der gegen ihre individuellen Freiheitsrechte, sich total mit Meth zuzudröhnen, verstieß. Die Diskussion schloss eine Menge Geschrei und Schimpfwörter mit ein. Riley umklammerte einen zerbrochenen Mauerstein und wartete darauf, dass sie versuchten, die Treppe hochzukommen. Doch diese Mühe machten sie sich nicht, und schließlich zogen sie weiter und ließen sie in Frieden.
»Vielleicht hat der Himmel doch auf Peter gehört«, sagte sie sich.
Riley hätte die nächste Lieferung für die Fabrik glatt verpennt, wenn das zweifache Zuknallen der LKW-Türen sie nicht aufgeweckt hätte. Verschlafen spähte sie über die niedrige Mauer und beobachtete, wie ein paar Männer hastig Flaschen in einen riesigen Drahtkorb auf Rädern luden. Sobald der Korb voll war, rollten zwei Männer ihn ins Innere der Fabrik. Ein weiterer leerer Korb wurde herausgeschoben, der ebenso hastig beladen wurde.
Riley versuchte vergeblich, ein Foto zu machen, bis sie daran dachte, die Linsenabdeckung abzunehmen. Nachdem sie ein paarmal auf den Auslöser gedrückt hatte, schaltete sie den Videorekorder ein und ließ ihn einfach laufen. Nichts schien ungewöhnlich zu sein, außer dass einer der Männer extrem nervös war. Er ging auf und ab, während er die Straße beobachtete. Als die letzte Ladung Flaschen im Gebäude verschwunden war, gähnte sie. Wie gut, dass ihr BFF zu Hause in seinem Bett lag: Zumindest einer von ihnen würde seinen ordentlichen Nachtschlaf bekommen.
Zu ihrer Überraschung tauchte die Drahtkorb-Konstruktion erneut in der Türöffnung auf, dieses Mal mit Flaschen vollgepackt, die eilig in den LKW verladen wurden.
»Was ist das denn?« Vielleicht brachten sie die bearbeiteten Flaschen zur Abfüllfabrik nach Doraville? Dort arbeitete man rund um die Uhr.
Obwohl sie das Gefühl hatte, es wäre totale Zeitverschwendung, zoomte Riley mit der Videokamera an die Flaschen heran, die auf den LKW verladen wurden. Als die Ladefläche voll war, fuhr der Wagen davon und hinterließ eine
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