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Höllenflut

Höllenflut

Titel: Höllenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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einmal alle ausgetrickst. Eigentlich hätte sie
sich jetzt von Lewis abholen lassen oder sich einfach in die
Obhut des erstbesten Beamten der Einwanderungsbehörde
begeben können. Aber sie wollte sich nicht damit abfinden, daß
alles vergebens gewesen sein sollte. Irgend etwas mußte hier zu
finden sein, davon war sie überzeugt.
Sie ging langsam am Heck vorbei und schlenderte dann nach
Backbord, bis sie zu dem Lastkahn hinabblicken konnte, der
jetzt etwa halbvoll war. Sie stand eine Zeitlang an der Reling,
musterte den Schleppzug und sah, wie die beiden Schrauben das
braune Wasser aufwühlten, als der Kapitän die Maschinen in
Gang setzte und langsam von der Sung Lien Star ablegte.
Julia haderte mit sich. Eins wußte sie genau: An Bord der
Sung Lien Star gab es keine illegalen Einwanderer. Andererseits
mußte an der Auskunft des CIA-Agenten aus Qingdao etwas
Wahres dran sein. Und ihr war auch klar, daß Qin Shang alles
zuzutrauen war. Womöglich war ihm etwas eingefallen, worauf
sonst niemand kam. So leicht ließ sich die Sache hier nicht
lösen. Vielleicht fand sie auf dem Schleppzug da unten einen
Hinweis. Etwas anderes blieb ihr kaum übrig, wenn sie nicht
unverrichteter Dinge zurückkehren wollte.
Sie warf einen kurzen Blick nach unten, stellte fest, daß die
Frachtluken jetzt geschlossen waren und sich weit und breit kein
Besatzungsmitglied aufhielt. Der Kapitän des Schleppers stand
am Ruder, ein Mann hielt auf der Brückennock Ausschau und
ein dritter stand vorn am Bug. Alle blickten nach vorne, keiner
schaute achteraus.
Als sich der Schlepper langsam in Bewegung setzte, sah sie
unmittelbar unter sich auf dem Dach des Ruderhauses, direkt
hinter dem Schornstein, eine dicke Taurolle. Ein gutes Polster,
denn bis da unten waren es gut drei Meter. Sie kletterte
kurzentschlossen über die Reling. Lewis konnte sie nicht mehr
Bescheid sagen; dazu war keine Zeit. Dann atmete sie einmal
tief durch und sprang.
    Auf der Sung Lien Star bemerkte niemand, wie Julia von Bord
sprang, wohl aber auf der Marine Denizen, die unmittelbar
südlich des Hafens vor Anker lag. Pitt saß seit über einer Stunde
im Kapitänssessel auf der Brückennock, ohne sich von der
grellen Sonne oder einem gelegentlichen Regenschauer stören
zu lassen, und hatte ein starkes Fernglas auf das am Kai liegende
Containerschiff gerichtet. Vor allem aber interessierte ihn der
Schleppzug, der vor einer Weile längsseits gegangen war.
Gespannt verfolgte er, wie die in Müllsäcken verpackten
Abfälle, die sich auf der langen Fahrt von China bis hierher
angesammelt hatten, über Bord geworfen wurden. Als die
Frachtluken des Kahns geschlossen wurden, wollte Pitt sich
abwenden und die Container in Augenschein nehmen, die von
den Kränen an Land gehievt wurden. Doch plötzlich sah er, wie
eine Gestalt über die Reling kletterte und auf das Dach des
Schleppers hinabsprang, »Was soll denn das!« rief er aus.
Rudi Gunn, der neben ihm stand, zuckte zusammen. »Hast du
etwas entdeckt?«
    »Da ist gerade jemand vom Schiff auf den Schlepper
gesprungen.«
»Vermutlich ein Matrose, der sich abseilen will.«
»Hat ausgesehen wie der Schiffskoch«, sagte Pitt, während er
das Glas weiter auf den Schleppzug richtete.
»Hoffentlich hat er sich nicht verletzt«, sagte Gunn.
»Ich glaube, er ist auf einer Taurolle gelandet. Offenbar ist
ihm nichts passiert.«
»Hast du irgendwas entdeckt, was darauf hindeutet, daß die da
drüben wirklich eine Art Tauchboot einsetzen, mit dem sie die
illegalen Einwanderer vom Mutterschiff zum Schleppzug
befördern?«
»Bislang nichts Beweiskräftiges«, versetzte Pitt. Dann schaute
er ihn mit seinen funkelnden grünen Augen an. »Aber das kann
sich in den nächsten achtundvierzig Stunden ändern. «
32
    Das Jetboot der Marine Denizen raste quer über den
Intracoastal Waterway und wurde erst langsamer, als die Kais
von Morgan City in Sicht kamen. Die Stadt war durch
zweieinhalb Meter hohe Betondeiche und bis zu sechs Meter
hohe Flutwälle zum Golf hin abgesichert. Zwei
Autobahnbrücken und eine Eisenbahnbrücke überspannten hier
den Atchafalaya, und im Wasser spiegelten sich Lichter der am
Ufer stehenden Häuser und die Positionslaternen der
vorüberfahrenden Boote. Mit fünfzehntausend Einwohnern war
Morgan City die größte Ansiedlung im St. Mary Parish (in
Louisiana werden die Landkreise, die »Countys«, wie sie
ansonsten in Amerika heißen, nach wie vor als »Parish«
bezeichnet, so wie einst die alten

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