Höllenflut
verzog den Mund, als versuchte er sich an etwas
zu erinnern, das er vor vielen Jahren mal gesehen hatte. Dann
strahlte er auf. »Jo, du hast recht. Der kommt aus 'ner
Plastikflasche. Prima Arznei, hilft gegen alles.«
»Mir fehlt im Moment nichts«, sagte Pitt.
Giordino grinste so anzüglich, wie es nur ging. »Wieviel
Rückstände sind da drin, und wieviel kostet der?«
»Als wir seinerzeit in der Sonora-Wüste nach dem Inka-Gold
gesucht haben, habe ich einen Dollar siebenundsechzig für die
Flasche bezahlt«, sagte Pitt.
»Kann man den auch trinken?«
Pitt hielt kurz sein Glas ins Licht, nahm dann einen tüchtigen
Schluck und verdrehte die Augen. »In der Not schmeckt alles.«
Der Kellner kehrte aus der Küche zurück und brachte
Giordinos Austern und Pitts Gumbo, Die Golfaustern waren so
groß, daß Giordino sie zerschneiden mußte wie ein Steak. Von
Pitts Gumbo wäre selbst ein hungriger Löwe satt geworden. Als
Hauptmahlzeit bestellten sie sich Jambalaya und Catfish.
Nachdem sie sich den Bauch mit einer Riesenportion
vollgeschlagen hatten, bestellten sie sich ein weiteres Dixie-Bier
und einen Pancho Villa, lehnten sich zurück und lockerten ihren
Hosengürtel.
Auch während des Essens hatte Pitt den Blick kaum von dem
alten Mann gewandt, der den Pokerspielern zusah. »Wer ist der
Alte, der da drüben rittlings auf dem Stuhl sitzt?« fragte er den
Kellner. »Ich kenne ihn, weiß aber nicht mehr, woher.«
Der Kellner blickte sich kurz in der Kneipe um, bis er den
alten Mann entdeckte. »Ach, der. Dem gehört 'ne Fischereiflotte.
Fängt hauptsächlich Krabben und Shrimps. Besitzt außerdem 'ne
Catfish-Farm. Das is'n reicher Mann, auch wenn man's ihm
nicht ansieht.«
»Wissen Sie, ob er Boote vermietet?«
»Keine Ahnung. Da mußt du ihn selber fragen.«
Pitt schaute zu Giordino. »Warum klapperst du nicht die Bar
ab und siehst zu, ob du rauskriegst, wo die Schleppzüge der Qin
Shang Maritime ihren Müll abladen?«
»Und du?«
»Ich erkundige mich nach diesem Erdaushub weiter
flußaufwärts.«
Giordino nickte und stand auf. Kurz darauf stand er lachend
inmitten mehrer Fischer und gab allerlei wilde und maßlos
übertriebene Geschichten von seinen Angeltouren vor der
kalifornischen Küste zum besten. Pitt begab sich zu dem alten
Fischer und blieb neben ihm stehen.
»Entschuldigen Sie, Sir, könnte ich Sie vielleicht kurz
sprechen?«
Der graubärtige Mann musterte Pitt von der Gürtelschnalle bis
zu den lockigen schwarzen Haaren. Dann nickte er bedächtig,
erhob sich und winkte Pitt zu einer Sitznische in der anderen
Ecke der Kneipe. Nachdem er Platz genommen und sich ein
weiteres Bier bestellt hatte, sagte der Fischer: »Womit kann ich
Ihnen dienen, Mr....«
»Pitt.«
»Mr. Pitt. Sie stammen nicht aus unserer Gegend.«
»Nein, ich arbeite bei der National Underwater and Marine
Agency in Washington.«
»Treiben Sie hier Meeresforschung?«
»Diesmal nicht«, sagte Pitt. »Meine Kollegen und ich arbeiten
mit der Einwanderungsbehörde zusammen. Wir versuchen,
einem Schlepperring das Handwerk zu legen, der illegale
Einwanderer ins Land schleust.«
Der Alte zog einen Zigarrenstumpen aus der Tasche seiner
alten Windjacke und zündete ihn an. »Wie kann ich Ihnen dabei
behilflich sein?«
»Ich würde gern ein Boot mieten und mir diese
Ausschachtungsarbeiten weiter flußaufwärts -«
»Den Kanal, den die Qin Shang Maritime gegraben hat, als
sie Erdaushub zum Aufschütten von Sungari gebraucht haben?«
unterbrach ihn der Fischer.
»Genau den.«
»Da gibt's nicht viel zu sehen«, sagte der Fischer. »Bloß einen
großen Graben, wo früher mal der Mystic Bayou gewesen ist.
Die Leute hier haben ihn Mystic-Kanal getauft.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß man für den Hafen so viel
Erdaushub gebraucht hat«, sagte Pitt.
»Allen Schlamm, den sie da oben ausgebaggert, aber nicht
zum Aufschütten gebraucht haben, haben sie auf Kähnen raus
aufs Meer geschafft und in den Golf gekippt«, antwortete der
Fischer.
»Ist eine Ortschaft in der Nähe?« fragte Pitt.
»Es gab da mal ein Städtchen namens Calzas. Lag am Ende
vom Bayou, nicht weit vom Mississippi. Aber es ist
verschwunden.
»Calzas gibt es nicht mehr?« fragte Pitt.
»Die Chinesen haben verbreiten lassen, daß sie den
Einwohnern mit dem Kanal einen Gefallen tun, weil sie dadurch
mit dem Boot den Atchafalaya erreichen können. In Wahrheit
haben sie sämtliches Land aufgekauft. Haben den Eigentümern
dreimal soviel bezahlt, als der Boden
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