Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenflut

Höllenflut

Titel: Höllenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
zuvorkommend zu den
Inspekteuren der Küstenwache zu sein, blickte sie auf und
lächelte sie mit blitzenden Zähnen an. Dann widmete sie sich
wieder ihrer Arbeit, während Julia hinter sie trat und einen
kurzen Blick in die Stauräume und Geschirrschränke warf, Lin
Wan Chu spürte nicht, wie sie ihr die Nadel der Injektionsspritze
in den Rücken stieß. Sie wirkte einen Moment lang verdutzt, als
die Dampfwolke, die aus dem Kessel stieg, plötzlich dichter und
größer zu werden schien, dann wurde ihr schwarz vor Augen.
Viel später, als sie an Bord der Weehawken wieder zu sich kam,
fragte sie sich denn auch zuallererst, ob sie die Krabben hatte
überkochen lassen.
    Innerhalb von zwei Minuten war Julia, die eifrig für diesen
Moment geübt hatte, in Lin Wan Chus weiße Kleidung
geschlüpft und hatte der bewußtlosen Köchin die Uniform der
amerikanischen Küstenwache übergestreift. Weitere dreißig
Sekunden vergingen, bis Julia die Haare der Köchin
abgeschnitten und ihr eine Seemannsmütze mit dem Emblem
der Küstenwache und der Aufschrift Weehawken aufgesetzt
hatte. »Bringt sie weg«, sagte sie schließlich zu Cochran, der
unterdessen die Tür zum Gang bewacht hatte.
    Cochran und ein weiteres Mitglied des Inspektionstrupps
hoben die chinesische Köchin auf, nahmen sie zwischen sich
und schlangen ihre Arme um die Schulter. Ihr Kopf sackte auf
die Brust, so daß man das Gesicht kaum sehen konnte, aber
Cochran zog vorsichtshalber die Mütze noch ein Stück tiefer.
Schließlich nickte er Julia ein letztes Mal zu und sagte leise, so
daß nur sie es hören konnte: »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.«
Dann brachten sie Lin Wan Chu, die sie teils schleifen, teils
tragen mußten, zur Barkasse der Weehawken.
    Julia nahm den Holzlöffel und rührte die kochenden Krabben
um, als habe sie den ganzen Nachmittag über nichts anderes
getan.
    »Einer Ihrer Männer scheint sich verletzt zu haben«, sagte
Kapitän Li Hungtschang, als er sah, wie die Inspekteure eine
schlaffe Gestalt in die Barkasse hinabließen.
    »Der Trottel hat nicht aufgepaßt und sich den Kopf an einem
Rohr angeschlagen«, erklärte Stowe. »Vermutlich eine
Gehirnerschütterung.«
    »Haben Sie etwas zu beanstanden?«
»Nein, Sir, Ihr Schiff ist in Ordnung.«
»Ist mir stets ein Vergnügen, den amerikanischen Behörden
    zu Diensten zu sein«, sagte Li Hungtschang herablassend.
»Ihr Zielhafen ist Sungari?«
»So steht es in meinem Fahrauftrag und in den
    Reedereipapieren der Qin Shang Maritime Limited.«
»Sobald wir von Bord sind, können Sie weiterfahren«, sagte
Stowe und salutierte vor dem chinesischen Kapitän, »Ich
bedauere, daß wir Sie anhalten mußten.«
    Zwanzig Minuten nachdem die Barkasse der Küstenwache
abgelegt hatte, ging das Lotsenboot aus Morgan City neben der Sung Lien Star längsseits. Der Lotse kletterte an Bord und begab
sich auf die Brücke. Kurz darauf steuerte er das Containerschiff
durch die tiefe Fahrrinne im Unterlauf des Atchafalaya zum
Sweet Bay Lake und weiter zu den Kais von Sungari.
    Kapitän Li Hungtschang stand neben dem einheimischen
Lotsen, der das Ruder übernommen hatte und das Schiff
gekonnt durch das Marschland steuerte. Aus reiner Neugier
richtete der Kapitän sein Fernglas auf ein türkisfarbenes Schiff,
das knapp außerhalb der Fahrrinne vor Anker lag. Laut der
großen Blockbuchstaben am Rumpf handelte es sich um ein
Forschungsschiff der National Underwater and Marine Agency.
Li Hungtschang hatte diese Schiffe bei seinen Reisen rund um
die Welt schon des öfteren im Einsatz gesehen. Er fragte sich,
was für meereswissenschaftliche Untersuchungen die NUMA
im Atchafalaya unterhalb von Sungari wohl durchführen
mochte.
    Als er mit dem Glas das Deck des Forschungsschiffs
absuchte, bemerkte er einen großen Mann mit dichten, lockigen
schwarzen Haaren, der ebenfalls ein Fernglas angesetzt hatte.
Das Komische war nur, daß er es offenbar nicht auf das
Containerschiff selbst gerichtet hatte.
Allem Anschein nach betrachtete er das Kielwasser
unmittelbar hinter dem Heck der Sung Lien Star.
31
    Julia konnte Lin Wan Chus Rezepte und Speisekarten nur
mühsam entziffern. Das Chinesische ist zwar die
meistgesprochene Sprache der Welt, kennt aber zahlreiche
Dialekte, die je nach Region sehr unterschiedlich sein können.
Julia hatte von ihrer Mutter schon als kleines Mädchen
Mandarin gelernt, das Hochchinesisch, dessen wichtigsten
Dialekt, den sogenannten Peking-Dialekt, sie fließend

Weitere Kostenlose Bücher