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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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reden, fühlte ich, wie ein Kloß in meinem Hals wuchs. Aber ich hatte auch panische Angst. Denn meine Mom war eine ferne und kostbare Erinnerung. Sie stand für Umarmungen und Gelächter und alles, was in meiner Kindheit gut gewesen war. An sie zu denken war, als wäre ich wieder drei Jahre alt und säße zusammengerollt auf ihrem Schoß, geschützt und geliebt. Aber ich war nicht mehr drei, und ich wusste, dass sie nicht die makellos vollkommene Mom aus meiner Erinnerung gewesen war.
    Meine Mutter trug die Schuld daran, dass ich ein Teil dieses Experiments war. Sie hatte sich so sehr ein Kind gewünscht, dass sie sich für die Studie der Edison Group angemeldet hatte. Ja, sie hatten ihr erzählt, sie würden die Nebenwirkungen ausschalten, die indirekt zum Tod ihres Bruders geführt hatten. Und doch – sie musste gewusst haben, dass sie ein Risiko einging.
    »Chloe?«, sagte Simon.
    »T-tut mir leid. Ich probier’s noch mal.«
    Ich schloss die Augen und vergaß all das. Wenn es meine Mutter war, dann wollte ich sie sehen, ganz gleich, was sie in Wirklichkeit war, ganz gleich, was sie getan hatte.
    Als ich also das nächste Mal beschwor, gestattete ich mir, mir meine Mutter vorzustellen und sie mit ihrem Namen zu rufen.
    »… hören?« Die Stimme war wieder da, so leise, dass ich sie nur auffangen konnte, wenn ich mich konzentrierte. Ich zog etwas kräftiger.
    »Nein! … genug … nicht sicher.«
    »Was ist nicht sicher? Dich zu beschwören?«
    Die Antwort war zu schwach, als dass ich sie hätte verstehen können. Ich öffnete die Augen und sah mich nach Anzeichen für einen Geist um. Zu meiner Linken entdeckte ich ein Schimmern, als stieg vom Fußboden Hitze auf. Ich streckte Derek meinen Anhänger hin.
    »Nein!«, sagte die Stimme. »… wieder um … gefährlich.«
    »Aber ich will dich sehen.«
    »… nicht … so leid, Baby.«
    Mein Brustkorb war wie eingeschnürt. »B-bitte. Ich will dich einfach nur sehen.«
    »… weiß … unmöglich … Anhänger … sicher.«
    Derek gab mir den Anhänger zurück. Ich legte mir das Band um den Hals, beschwor aber weiter, nachdrücklicher jetzt, zog …
    »Chloe!« Ihre Stimme war so schroff, dass ich unwillkürlich die Augen aufriss. »Nicht so stark … ihn holen.«
    »Royce? Mit dem habe ich schon zu tun gehabt. Ich will mit dir reden.« Ich versuchte es wieder.
    »Chloe! … weiter … ich gehe … sollte nicht hier sein … nicht erlaubt.«
    »Was ist nicht erlaubt?«
    »Dass du mit ihr redest«, murmelte Derek. »Es heißt, Nekromanten sollten nicht in der Lage sein, ihre toten Verwandten zu kontaktieren. Habe ich jedenfalls gehört. Ich habe vorher nichts gesagt, weil ich mir nicht sicher war. Offensichtlich kannst du sie kontaktieren, nur nicht sonderlich gut. Und sie will nicht, dass du dir noch mehr Mühe gibst, für den Fall, dass du dann Royce erwischst.«
    »Aber ich
muss …
«
    Ich hatte den Satz noch nicht beendet, da begann die Luft zu schimmern, und ein Umriss nahm Gestalt an. Die Gestalt meiner Mutter, so schwach, dass ich sie kaum erkennen konnte, aber deutlich genug, dass ich Bescheid wusste. Ich
wusste
es, und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich blinzelte sie fort, und meine Mutter war verschwunden.
    »Du warst das in dieser Nacht bei Andrews Haus«, sagte ich. »Im Wald. Als die uns gejagt haben. Du hast versucht zu helfen. Du bist mir gefolgt.«
    »Nicht immer … unmöglich … warnen versucht … oh, Baby … flüchten …«
    »Flüchten?«
    »… nicht sicher … nirgends sicher … nicht für dich … so viele Lügen … fort von hier …«
    »Wir können nicht weglaufen«, sagte ich. »Die Edison Group hat uns gefunden in der Nacht bei …«
    »Nein … das war … wollte dir sagen …« Die Stimme begann zu verklingen. Ich gab mir alle Mühe, sie zu hören, aber sie entfernte sich weiter und weiter. Ich streckte die Hand mit dem Anhänger aus.
    »Äh, Chloe?«, sagte Simon. »Wenn deine Mom sagt, du sollst das umlassen …«
    »Sie wollte mir etwas sagen, und jetzt verschwindet sie gerade.«
    »Ruf sie noch einmal«, sagte Derek, während er mir den Anhänger abnahm, »aber vorsichtig.«
    Ich zog sachte, während ich nach ihr rief. Derek blieb unmittelbar neben mir, das Band mit dem Anhänger ausgespannt zwischen den Händen, bereit, es mir beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten über den Kopf fallen zu lassen.
    »Sie ist weg«, sagte ich schließlich. Die Tränen brannten schon wieder. Ich blinzelte

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