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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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sagte ich.
    »Oh, Mann. Ich verpasse immer alles. Okay, bring’s mir behutsam bei. Was ist passiert?«
    Ich erklärte. Simon hörte zu, aufmerksam und besorgt, und warf dabei den einen oder anderen Blick zu seinem Bruder hinüber. Pflegebruder, sollte man wohl sagen – ein einziger Blick auf die beiden, und jedem Menschen wäre klar gewesen, dass sie nicht blutsverwandt sein konnten. Simon ist fünfzehn, ein halbes Jahr älter als ich, schlank und athletisch, mit mandelförmigen dunklen Augen und stachelig geschnittenem dunkelblondem Haar. Derek war mit etwa fünf Jahren zu Simon und seinem Dad gekommen. Sie waren beste Freunde, und sie
waren
Brüder, blutsverwandt hin oder her.
    Ich erzählte ihm alles, was ich zuvor schon Derek erzählt hatte. Simon sah von mir zu ihm.
    »Ich muss wirklich fest geschlafen haben, wenn ich das ganze Gebrüll überhört habe«, sagte er.
    »Welches Gebrüll?«, fragte Derek.
    »Du willst mir doch nicht erzählen, Chloe hätte dir gesagt, dass sie einem Geist auf ein Dach gefolgt ist, und du hättest sie deswegen
nicht
von hier bis nach Kanada geblasen?«
    »Er ist ein bisschen neben der Spur heute Morgen«, erklärte ich.
    »Mehr als ein bisschen, würde ich sagen. Willst du sie nicht nach dem Rest der Geschichte fragen? Dem Teil, in dem sie erklärt,
warum
sie dem Geist gefolgt ist? Weil ich mir nämlich sicher bin, es hat da einen Grund gegeben.«
    Ich lächelte. »Danke. Hat es auch. Es war ein Teenager, er hat über die Edison Group und die Experimente Bescheid gewusst.«
    »Was?« Dereks Kopf fuhr herum.
    »
Deswegen
bin ich ihm gefolgt. Es gibt hier einen toten Jungen, der vielleicht auch eine Versuchsperson war, und wenn er hier gestorben ist …«
    »Dann wäre das ein Problem«, sagte Simon.
    Ich nickte. »Mein erster Gedanke war natürlich: ›O Gott, jemand hat uns in eine Falle gelockt.‹«
    Simon schüttelte den Kopf. »Nicht Andrew. Der gehört zu den Guten. Ich hab ihn mein ganzes Leben lang gekannt.«
    »Ich aber nicht, und deswegen habe ich nachgebohrt. Und mir wurde ziemlich schnell klar, dass der Geist ihn nicht erkannt hat. Andrew hat irgendwas davon gesagt, dass das Haus dem Mann gehört hat, der diese Widerstandsgruppe hier mitbegründet hat und davor an den Experimenten beteiligt war. Wenn es eine Verbindung zu diesem Jungen gibt, finden wir sie wahrscheinlich dort.«
    »Wir können Andrew fragen …«, begann Simon.
    Derek unterbrach ihn. »Wir finden unsere Antworten selbst.«
    Ihre Blicke hielten einander fest. Nach einer Sekunde knurrte Simon etwas davon, sich das Leben unnötig schwerzumachen, aber er widersprach nicht. Wenn Derek sich damit amüsieren wollte, Detektiv zu spielen – nur zu. Wir würden sowieso bald wieder gehen, zurückgehen, um diejenigen zu retten, die wir zurückgelassen hatten, und der Edison Group ein Ende zu machen … das jedenfalls hofften wir.

[home]
4
    W ir gingen wenig später nach unten. Derek machte sich sofort auf den Weg in die Küche, um etwas für ein Frühstück aufzutreiben. Wir hatten vielleicht nur ein paar Stunden Schlaf abbekommen, aber es war inzwischen fast Mittag, und selbstverständlich knurrte ihm der Magen.
    Während er nach Essbarem fahndete, sahen Simon und ich uns in unserer vorläufigen Bleibe um. Ich habe einmal ein Buch gelesen, in dem es um ein Mädchen in einem riesigen englischen Landhaus ging und ein geheimes Zimmer, das seit vielen Jahren niemand gefunden hatte, weil man einen Kleiderschrank vor die Tür gezogen hatte. Ich weiß noch, dass ich das damals einfach lächerlich fand. Mein Dad hatte Freunde, die in wirklich großen Häusern lebten, aber auch dort war es vollkommen undenkbar, dass ein ganzes Zimmer einfach verlorenging. Aber bei diesem Haus hier brauchte man nur etwas Fantasie, und die Vorstellung war gar nicht mehr so abwegig. Denn das Haus war nicht einfach nur groß. Es war merkwürdig angelegt. Als hätte der Architekt Räume eingezeichnet, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie sie untereinander verbunden werden sollten. Die Vorderseite war unproblematisch. Es gab den großen Vorraum, der die Haustür, die Treppe, die Küche, ein Wohn- und ein Esszimmer miteinander verband. Dahinter wurde es dann verwirrend, mit mehreren Gängen und Räumen, die teilweise in weitere Räume übergingen. Viele davon waren winzig, drei mal drei Meter groß oder weniger. Ich fühlte mich an einen Kaninchenbau erinnert mit all den kleinen Zimmerchen, die in alle Richtungen führten. Wir

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