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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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ein Gewehr, das ebenfalls unten lag.
Quecksilberkugeln.
Das war schlecht, denn Lors Kraft war beinahe erschöpft. Die Chance, heute Nacht noch einmal den Trick zu bewerkstelligen, mit dem er verschwinden konnte, war nahe null.
    Zorn überkam ihn. Er musste es versuchen. Seine verwundete Gefährtin lag hinter den beiden.
    Töten. Schützen.
Er duckte sich und bleckte seine riesigen weißen Zähne. Sein Knurren hallte vibrierend durch den Tunnel. Jemand schrie. Lor stürmte los, die massigen Pfoten hoch in der Luft.
    Der ältere Schlächter hob sein Gewehr.
    Aber Talia hatte das Messer gepackt und eine knappe Sekunde zuvor nach dem Bewaffneten geworfen. Ihre Augen hatten vor Zorn gefunkelt. Lor sah immer noch die wirbelnde Klinge, hörte das
Flap-Flap,
mit dem sie die Luft durchschnitt. Es war derselbe Moment wie in seiner Prophezeiung.
    Lor drehte sich noch im Sprung, um dem fliegenden Messer auszuweichen. Das Gewehr krachte. Für einen Augenblick machte Lor sich auf das Explodieren der Quecksilberkugeln in seinem Bauch gefasst.
    Doch es kam nicht. Er fühlte, wie sie vorbeiflogen, Hitzestrahlen auf seine Haut sendend.
    Als er wieder landete, hatte das Messer einen langen blutigen Schnitt auf dem Arm des Mannes hinterlassen. Lor schlug dumpf auf, rollte sich zur Seite und sprang wieder auf. Doch die beiden Männer rannten schon den Tunnel hinunter. Darak jagte ihnen nach.
    Talia weinte, schluchzte herzzerreißend. Lor tapste zu ihr. Ihr Hals war rot verschmiert, blutete aber nicht mehr. Die Wunde an ihrem Arm sah weit übler aus.
    Er glaubte allerdings nicht, dass sie wegen des Schnitts weinte.
    Lor legte sich zu ihr, den Körper dicht an ihren Schenkel gepresst, das Kinn auf ihrem Knie, und sah zu ihr auf. Trost zu spenden gehörte nicht zu den Talenten von Höllenhunden, aber er gab sich redlich Mühe.
    Sie hatte einen Schluckauf. »Ach, hör auf!«
    Winselnd leckte er ihr übers Gesicht, nur ein Mal.
    Talia kniff die Augen zu, vergrub ihre Hände in seinem Fell und rubbelte ihm den Nacken. Es fühlte sich himmlisch an. »Das war mein Vater.«
    Wieder kamen ihr die Tränen. Lor wechselte in seine menschliche Gestalt zurück und nahm Talia in die Arme.
    »Ich konnte nicht zulassen, dass er Errata umbringt«, schluchzte sie. »Ich habe ihn aufgehalten. Ich habe meinen Vater aufgehalten.«

[home]
33
    Silvester, Mitternacht
101.5 FM
    F rohes neues Jahr und die besten Wünsche von euren Freunden bei CSUP , direkt vom Campus in Fairview. Hier ist Signy White, die heute für Errata Jones einspringt.
    Dieser Moment ist wie geschaffen, um sich auf Legenden und Volksglauben zu besinnen. Die Briten zum Beispiel glauben, dass es Glück bringt, wenn im neuen Jahr die erste Person, die das Haus betritt, ein großer dunkelhaariger Mann ist. Also, aufgepasst, die Damen! Diesen Mann nennt man den ›First-Footer‹. Wie man ihn nennt, wenn er zufällig vier Füße hat, ist nicht bekannt.
    Aber egal! Groß, dunkel und glückbringend? Für solche Besucher bin ich das ganze Jahr über offen!«
    Silvester, Mitternacht
Innenstadt von Fairview
    Sobald sie sich im Freien befand, fiel Talia wieder ein, dass der Kanalisationsausgang nur einen Katzensprung von der Burgtür entfernt war. Dort standen Wachen, zwei in Hunde- und zwei in Menschengestalt. Glitzernder Rauhreif überzog das alte Gemäuer in der Gasse, und Schneewehen hatten sich unten an den Mauern aufgetürmt. Die Mitte der Gasse glänzte vor Eis. In diesem Moment begann das Glockenspiel im Museumsturm, das neue Jahr einzuläuten, und das Feuerwerk über dem Hafen wurde gestartet. Ein Donnerknall ertönte, als die ersten Leuchtraketen über ihnen explodierten.
    Ein Dutzend Meter weiter war ein getauter Flecken vor der Hintertür des Chinarestaurants, die jemand geöffnet und mit einem Plastikeimer fixiert hatte. Aus der Tür strömte intensiver Chow-Mein-Geruch, als hätte ganz Fairview auf einmal dieses Gericht bestellt.
    Talia war noch nicht wieder ganz bei sich, da kam schon einer der Höllenhunde von der Burgtür gelaufen und rief Lor etwas in ihrer Sprache zu. Lor antwortete schroff, und die Wache kehrte auf ihren Posten zurück.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Ich habe ihn gebeten, Hilfe zu holen.«
    Plötzlich wurde ihr schwindlig. »Hilfe? Ist es denn noch nicht vorbei?«
    Lor fasste behutsam ihren Arm. »Für dich. Du blutest. Bei einem Vampir hätte sich die Wunde längst schließen müssen.«
    Kaum hatte er es ausgesprochen, war ihr klar, dass er recht hatte. Seit sie

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