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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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gewandelt worden war, hatte sie keine größeren Verletzungen erlitten, aber bei anderen hatte sie gesehen, wie sie sich binnen kürzester Zeit selbst von den schrecklichsten Wunden erholten. Bei Belenos zu leben war ausgesprochen lehrreich gewesen. »Die Klinge war versilbert.«
    Er blickte zu ihr auf, und sie bemerkte einen Anflug von Angst. »Wir lassen dich versorgen.«
    »Ich halte einiges aus«, sagte sie.
Ich bin tot. Kann ich überhaupt verbluten?
    Lor legte einen Arm um sie. »Gut.«
    Über ihnen gab es eine weitere Explosion. Sie klang wie Kanonenfeuer, und flirrende Goldfunken sprenkelten den Himmel.
    Talia lehnte sich an Lors Brust, wo seine Jacke sich rauh an ihrer Wange anfühlte. Wenn sie ehrlich hätte sein sollen, hätte sie zugeben müssen, dass Schmerz, Hunger und Blutverlust sie schafften, aber das verschwieg sie natürlich. Das Erste, was ein Schlächter lernte, war: Wer nicht an den Schmerz glaubt, dem kann er auch nichts anhaben.
Ja, logisch! So viel zur Theorie. Es tut verflucht weh, Dad, also steck dir den Spruch sonst wohin!
    Jedenfalls tat es gut, sich an jemanden anzulehnen.
    Der Höllenhund kam wieder zu ihnen gelaufen. »Mac sagt, ihr sollt in die Burg kommen. Er ist für Erste Hilfe ausgerüstet.«
    Es dauerte ein wenig, bis sie begriffen hatte, was er sagte, doch dann stemmte sie sich erschrocken von Lor ab. »Machst du Witze? Ich gehe da nicht rein.«
    »Es ist sicher – größtenteils.« Lor sah aus, als kämpfte er mit sich; wahrscheinlich rang er mit seiner Unfähigkeit zu lügen. »Solange du in der Nähe der Tür bleibst. Du darfst bloß nicht herumwandern.«
    »Aber …«
Aber es ist ein Monstergefängnis! Darin wohnen nur Monster. Nein, Moment, ich bin ja eines!
    »Ich bleibe die ganze Zeit bei dir.« Er nahm ihre Hand. »Wir müssen deinen Arm verbinden.«
    »Okay, aber lass mich keine Sekunde allein!« Sie zog ihre Waffe und prüfte das Magazin. Noch hatte sie reichlich Munition übrig.
    Lor beobachtete sie mit einem verhaltenen Schmunzeln. »Sprich vorher mit mir, ehe du jemanden erschießt, ja?«
    »Meinetwegen.«
    Er legte wieder einen Arm um sie, und flankiert von den Höllenhunden schritten sie auf die Burgtür zu. Talia bemerkte, dass ein HAPPY - NEW - YEAR -Schild über der Tür hing. Die Goldfolie flackerte im Schein des Feuerwerks. Unweigerlich stellte sie sich ein Rudel Ghule mit Partyhüten und Tröten vor. Das war nicht hübsch.
    Lor versteifte sich merklich, als die Burgtür mit einem lauten Ächzen aufschwang. Er mochte diesen Ort kennen, war jedoch eindeutig kein Fan der Burg. Talia folgte ihm, obwohl sie schon jetzt eine Gänsehaut hatte.
    Auf den ersten Blick kam es ihr vor, als steuerten sie das Filmset eines Horrorfilms an. Dunkle Korridore aus grauem Stein kreuzten sich in regelmäßigen Abständen, die alle exakt gleich aussahen. Alle paar Meter hing eine Fackel an der Wand. Das Feuer war geruchlos und gab keine Wärme ab, nur ein dumpfes, unruhiges Licht.
Magie.
    Mit einem blechernen Knall schloss sich die Tür hinter ihnen, dann hörte Talia das Schaben eines dicken Metallriegels. Im Luftzug wirbelte Staub vom Boden bis zu ihren Knien auf. Sie verspürte den Impuls, auf der Stelle kehrtzumachen, gegen die Tür zu hämmern und wieder nach draußen zu laufen.
    »Hier bist du aufgewachsen?«, flüsterte sie.
    »Generationen von Hunden lebten und starben an diesem Ort, ohne jemals die Welt draußen zu sehen. Ich hatte Glück, ein offenes Portal zu finden, durch das ich mein Rudel rausbringen konnte. Das war in den schlimmen Zeiten, bevor Mac übernahm.«
    Talia schaute sich in dem endlosen Labyrinth dunkler, unheimlicher Gänge um. Es sah aus, als wären hier Escher und Frankenstein zusammen am Werk gewesen. Sie versuchte, sich Osan Mina vorzustellen oder, noch furchtbarer, die Höllenhundkinder, gefangen in dieser schattigen Steinwüste.
Du bist hier groß geworden. Wie ist das möglich?
    Auf einmal begriff sie, welchen Weg Lor mit seinem Rudel zurückgelegt hatte. Sie stammten von hier und hatten es dennoch geschafft, innerhalb weniger Jahre eine funktionierende Gemeinschaft in Fairview zu bilden.
Das ist ein gewaltiger, bewundernswerter Akt puren Willens.
    »Hier entlang«, sagte Lor und führte sie in einen der vielen gleichen Tunnel.
    Ihretwegen ging er langsamer, und Talia bemerkte, dass sie sich im Schneckentempo bewegte – gerade dass sie nicht rückwärtslief. Sie fühlte sich schwach und zittrig, doch wie viel davon war ihrer Wunde geschuldet

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