Höllenhund
unseren Tricks durchgekommen. Also schlenderten wir hinein.
Es handelte sich um ein Nobelrestaurant, obwohl der Zustand der Küche das nie hätte erahnen lassen. Ich wusste, dass es ein gutes Lokal war, das verriet allein schon die Speisekarte, von der ein Teil auf einem Tisch in der Mitte dampfte: Entenbraten mit Orangensoße. Die Platte war von anderen Tellern und Schüsseln umgeben, die einem aber nicht so sehr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen und jetzt darauf warteten, in den Speisesaal gebracht — oder von zwei hungrigen Hunden weggetragen — zu werden. Abgesehen von dem Koch, der uns seinen breiten Rücken zuwandte, während er damit beschäftigt war, in einem riesigen Suppenkessel zu rühren, war die Küche leer. Rumbo warf mir einen schnellen Blick zu und sprang dann mit einem Satz auf den Tisch. Ich legte die Vorderpfoten auf die Tischkante und lächelte selbstgefällig. Heute würden unsere Mägen voll sein.
Rumbo arbeitete sich bedächtig durch die verschiedenen Gerichte durch (wenn er ein Mensch gewesen wäre, hätte er jetzt vor sich hin gesummt), bis er schließlich den Entenbraten erreichte. Seine Zunge schoss heraus, und er fing an, die Orangensoße abzulecken. Er blickte sich zu mir um, und ich schwöre dir, er verdrehte die Augen dabei. Mir lief inzwischen der Geifer aus den Mundwinkeln, und ich hüpfte in meiner Gier von einem Hinterbein auf das andere. Rumbo leckte noch ein paarmal und dann öffneten sich seine Kinnladen weit, um den ganzen gebratenen Vogel zu packen. In dem Augenblick flog die Tür zum Speisesaal auf.
Wir standen wie gelähmt da, als ein Kellner in einem weißen Jackett und mit einer kleinen schwarzen Schleife, ein Tablett mit halb geleerten Tellern mit beiden Händen haltend, hereinschoss und dem Koch eine neue Bestellung zurief, ehe er die Tür noch ganz hinter sich hatte. Der Kellner war für einen Mann ziemlich klein (für mich natürlich sehr groß) und hatte sein kohlschwarzes Haar mit einer Menge Pomade an den Kopf geklebt. Über seinem ebenso schmierigen Schnurrbart krümmte sich eine lange Nase, und darüber waren zwei übergroße hervortretende Augen zu sehen, die jetzt noch größer wurden und stärker hervortraten, als er uns sah. Die Kinnlade klappte ihm herunter, fast so weit wie die Rumbos, und das Geschirr auf seinem Tablett glitt wie eine Lawine zu Boden. Das schreckliche Krachen und Klirren, als alles auf den gefliesten Boden fiel, setzte erneut die ganze Szene in Bewegung.
Der Koch wirbelte herum, griff sich ans Herz, der Kellner schrie (ich nehme an, er war Italiener), Rumbo packte die Ente, und ich (was sonst?) machte mich nass.
Rumbo sprang vom Tisch, glitt auf einer schlüpfrigen Stelle aus, verlor die Ente, versuchte sie zurückzuholen, jaulte auf, als der heiße Suppenlöffel, den der Koch nach ihm schleuderte, ihn am Rücken traf, packte sich die Ente erneut am Bürzel und rannte auf den Ausgang zu.
Der Kellner warf das jetzt leere Tablett nach Rumbo, unterdrückte ein Schluchzen, nahm die Verfolgung auf, glitt auf derselben schlüpfrigen Stelle aus, krachte zu Boden und schaffte es, seine Beine in Hund und Ente zu verwickeln.
Der Koch nahm die Hand vom Herzen und bewegte sie zum Mund, brüllte vor Wut und Verzweiflung auf, machte ein paar Schritte, glitt auf dem Tablett aus, das eine weitere schlüpfrige Stelle zudeckte, die die auf dem Boden dahin-rutschende, mit Orangensoße bedeckte Ente erzeugt hatte, landete schwer (er war sehr korpulent) auf der Brust des kleinen Kellners und schrie und trat mit beiden Füßen nach Hund, Ente, Kellner und allem.
Ich rannte davon.
Rumbo kam etwa fünf Minuten nach mir verstohlen in den Hof. Er kroch durch unseren eigenen Privateingang am hinteren Ende des Hofes hinter einem riesigen Haufen von Autowracks — in dem Wellblechzaun gab es dort ein ein Fuß hohes Loch —, wobei er immer noch die jetzt kalte gebratene Ente mit seinen Kinnladen festhielt. Der junge Vogel wirkte schon ein wenig abgenutzt, trotzdem war er für zwei hungrige Köter immer noch ein gastronomischer Triumph. Nachdem wir jeden einzelnen Knochen saubergeleckt hatten (ich warnte Rumbo davor, die Knochen zu knacken — zu splitterig, erklärte ich ihm), lachten wir vergnügt über unseren Erfolg. Ein paar Tage später freilich verging uns das Grinsen.
Ein uniformierter Polizist erschien auf dem Hof und fragte einen der Arbeiter, ob es hier zwei schwarze Köter gäbe. Rumbo und ich verzogen uns hinter einem halb verrotteten
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