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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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    »Komm schon, Junge«, drängte Lenny. »Hol die Schokolade. Los, schon!«
    Der Schwanz hing mir herunter: Ich hatte Rumbo im Stich gelassen. Er hatte mich immer gelehrt, mich nicht zu erniedrigen, nie zum Schoßtier eines Menschen zu werden, mich nie ihnen zu unterwerfen. Und da war ich jetzt wie ein Zirkustier und unterhielt sie mit Kunststückchen. Ich trat auf die Becher zu, warf den einen mit der Pfote um und trottete davon, auf der Suche nach einem finsteren Loch, in dem ich mich vergraben konnte.
    Lenny warf verärgert die Hände in die Luft, und der Boss lachte. Ronald wieherte, beugte sich vor, hob den Gewinn vom Boss auf und reichte ihn ihm. Als ich hinter der Hüttenecke verschwand, hörte ich den Boss sagen: »Ich hab euch doch gesagt, dass es nur Dusel war. Genau — Dusel. Das ist ein guter Name für ihn. He, Georgie«, rief er einem der Arbeiter zu. »Hol das Halsband von dem Köter und setz ihm seinen Namen drauf. Dusel, ja, das ist gut!« Er war mit sich zufrieden: Das Geld bedeutete ihm nichts, aber die Szene hatte ihn gut aussehen lassen. Er kostete seinen Triumph aus. Ich konnte ihn immer noch lachen hören, als er die Bürotür aufsperrte und die Gruppe mit ihm dahinter verschwand.
    So, jetzt hatte ich einen richtigen Namen. Wie gesagt, er passte: Dusel dem Namen nach und Dusel von Natur aus.

10

    Rumbo erwähnte den Vorfall nie wieder. Ein paar Tage lang gab er sich mir gegenüber ein wenig förmlich, aber das, was ich am Ende getan hatte, hatte mich wenigstens teilweise rehabilitiert. Und weil wir einander brauchten (was Rumbo selbst nie zugegeben hätte), stellte sich die alte Beziehung bald wieder ein.
    Lenny hatte das Interesse an mir verloren; meine Widerborstigkeit hatte seine Pläne, mit mir Geld zu verdienen, zunichte gemacht. Abgesehen von einem etwas wehmütigen Grinsen, mit dem er mich hier und da bedachte, nahm er kaum mehr Notiz von mir, wenn er den Hof betrat. Der Arbeiter, den sie Georgie nannten, nahm mir mein Halsband weg und brachte es eine Weile später zurück. Rumbo sagte mir, auf der kleinen Namensplatte aus Messing seien ein paar Kratzer, und ich nahm an, dass man >DUSEL< darauf geschrieben hatte. Jedenfalls nannten sie mich auf dem Schrottplatz von da an so, und die Leute, die mich auf der Straße streichelten, taten das auch, sobald sie einen Blick auf das Halsband geworfen hatten. Ich war froh, dass ich damit den Namen Horace los war.
    Der Winter blieb kalt, und für Rumbo und mich wurden die Zeiten magerer. Wir machten immer noch unsere täglichen Ausflüge zum Obstmarkt, aber es wurde immer gefährlicher, in den Läden Beute zu machen. Die Ladenbesitzer kannten uns jetzt und verjagten uns gewöhnlich sofort, wenn wir angeschnüffelt kamen; das kalte Wetter machte die Hausfrauen auch vorsichtiger, weniger freundlich. Ich verlor schnell all das Drollige, das Welpen an sich haben (ich nehme an, dass ich um die Zeit sieben oder acht Monate alt war), und die Leute sind weniger geneigt, stehenzubleiben und eine dürre Promenadenmischung zu streicheln als ein wohlgenährtes wolliges Bündel, und damit war ich für Rumbo als Lockvogel ziemlich nutzlos geworden. Aber die harten Zeiten machten uns schlauer und raffinierter in unseren Angriffen und auch findiger in unseren Methoden.
    Eine wilde Hetzjagd durch einen Supermarkt erwies sich gewöhnlich als ertragreich, solange es nur einen eindeutigen Ausgang gab. Einer von uns pflegte dabei Stapel mit Konserven umzuwerfen oder sonst wie Unruhe zu stiften, während der andere sich hineinschlich und irgendetwas Essbares schnappte. Das war immer höchst aufregend. Eine kleine Aufführung vor einem Schulhof in der Mittagszeit brachte unweigerlich ein oder zwei Sandwiches ein, vielleicht auch einen Apfel oder etwas Schokolade. Das Getümmel war herrlich. Und ein Besuch auf irgendwelchen lokalen Straßenmärkten brachte uns stets Nahrung für unsere hungrigen Bäuche. Die Drohungen und Flüche, die unsere Raubzüge dort begleiteten, waren dennoch ein wenig beunruhigend. Außerdem waren wir zu abenteuerlich geworden, und das führte zu unserem Niedergang.
    Eines Tages waren Rumbo und ich, von unseren Nasen ermutigt, welche köstliche Küchengerüche angelockt hatten, selbstbewusst in einen Hinterhof stolziert. Vor uns stand eine offene Tür, und von drinnen quoll Dampf heraus; wir befanden uns am Hintereingang eines Restaurants. Alle beide waren wir übermäßig selbstbewusst, ja geradezu tollkühn; wir waren zu lange mit

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