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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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hier hängen.«
    Ich sah ihn missbilligend an.
    »Trotzdem, ich kann dir ja immer ein paar Stückchen bringen«, fügte er tröstend hinzu. Plötzlich blickte er auf. »Oh-oh. Jetzt fängt es zu regnen an.«
    Ein Regentropfen klatschte mir auf die Nase.
    »Hier gibt es wenig Schutz für dich, wie?« meinte er. »Schade, dass die Wagentür verschlossen ist — du hättest hineinsteigen können.«
    Ich studierte ihn ein paar Augenblicke lang stumm und sah dann weg.
    »Hungrig?« fragte er. »Ich glaube nicht, dass ich um diese Nachtzeit etwas für dich finden kann.«
    Der Regen fiel jetzt immer dichter.
    »Schade, dass wir diesen Vogel auf einen Sitz gegessen haben. Wir hätten uns ein wenig aufsparen sollen.« Er schüttelte wehmütig den Kopf.
    Ich spähte unter den Wagen, an dem ich festgebunden war, und sah, dass darunter nicht genügend Platz war, um sich hineinzuzwängen. Ich wurde immer nasser.
    »Also, Scheißer«, sagte Rumbo mit unechter Fröhlichkeit, »hat ja keinen Sinn, dass wir beide nass werden. Ich denk, ich werd unters Dach gehen.« Er sah mich nachsichtheischend an. Ich betrachtete ihn angewidert und wandte dann erneut den Kopf ab.
    »Äh... wir sehen uns dann morgen früh«, murmelte er.
    Ich sah ihm nach, wie er davontrottete. »Rumbo«, sagte ich.
    Er sah sich mit hochgeschobenen Augenbrauen zu mir um. »Ja?«
    »Tust du mir einen Gefallen?«
    »Ja?«
    »Lass dich kastrieren«, sagte ich mit sanfter Stimme.
    »Gute Nacht«, erwiderte er und trottete weiter, zu unserem hübschen warmen Bett.
    Der Regen begann jetzt rhythmisch auf meinen Körper herunter zutrommeln, und ich rollte mich, so gut ich konnte, zusammen, zog den Kopf ein. Es würde eine lange Nacht werden.

11

    Es wurde nicht nur eine lange Nacht, sondern auch eine recht beunruhigende. Das kam nicht nur davon, dass ich patschnass wurde, denn mein Pelz hielt die Feuchtigkeit fest
    und bildete einen behaglichen Mantel, hielt die schlimmste Kälte ab; aber da waren Erinnerungen, die an meinem Schlaf nagten.
    Irgendetwas hatte die Gedanken ausgelöst, und ich wusste nicht, was es war; es versteckte sich irgendwo in den Randzonen meines Bewusstseins. Ich sah eine Ortschaft — ein Dorf? Ich sah ein Haus. Gesichter schwammen vor mir: Ich sah meine Frau, sah meine Tochter. Ich befand mich in einem Wagen. Die menschlichen Hände auf dem Steuerrad vor mir waren die meinen. Ich fuhr durch die Ortschaft. Ich sah das ärgerliche Gesicht eines Mannes, den ich kannte; er saß auch in einem Wagen und überholte mich. Aus irgendeinem Grund folgte ich ihm. Es war finster. Bäume, Hecken fegten vorbei, flach und gespenstisch im Licht der Scheinwerfer. Der Wagen vor mir bog ab, fuhr in eine schmale Seitenstraße. Ich folgte ihm. Er hielt an; ich hielt an. Der Mann, den ich kannte, verließ seinen Wagen und ging auf mich zu. Im grellen Licht meiner Scheinwerfer sah ich, dass er die Hand ausstreckte — hielt er irgendetwas? Ich öffnete meine Tür, als die Hand auf mich zeigte. Und dann wurde alles zu einem Kristall aus strahlendem, glitzerndem Licht. Und das Licht wurde dunkel; und dann wusste ich nicht mehr, was war.
    Rumbo ließ eine halbgegessene Semmel vor mir fallen. Ich schnüffelte daran und zog mit den Zähnen den dünnen Streifen Schinken heraus. Ich würgte das Fleisch hinunter und leckte dann die Butter von der Semmel. Dann aß ich die Semmel.
    »Du hast letzte Nacht im Schlaf gewinselt«, sagte Rumbo.
    Ich versuchte mich an meine Träume zu erinnern, und nach einer Weile fügten sich die Fragmente zu einem Ganzen zusammen.
    »Rumbo, ich bin nicht immer ein Hund gewesen«, sagte ich.
    Rumbo überlegte, ehe er antwortete, dann sagte er: »Sei nicht albern.«
    »Nein, hör mir zu, Rumbo. Bitte. Wir sind nicht so wie andere Hunde, du und ich. Das weißt du doch auch. Weißt du nicht, warum das so ist?«
    Rumbo zuckte die Achseln. »Wir sind einfach schlauer.«
    »Es ist mehr als das. Wir haben immer noch die Gefühle, die Gedanken von Menschen. Es ist nicht nur, dass wir schlauer als andere Hunde sind — wir erinnern uns daran, wie wir waren!«
    »Ich erinnere mich, dass ich immer ein Hund war.«
    »Ist das wirklich so, Rumbo? Erinnerst du dich nicht daran, einmal aufrecht gegangen zu sein? Erinnerst du dich nicht daran, Hände zu haben, Finger, die du benutzen konntest? Erinnerst du dich nicht an das Reden?«
    »Das tun wir doch jetzt auch.«
    »Nein, das tun wir nicht — jedenfalls nicht in Menschensprache. Wir denken jetzt, Rumbo, wir erzeugen

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