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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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arme alte Hummer wird bei lebendigem Leibe gekocht. Aber ihr Tod ist für sie ein Segen, eine Erleichterung nach ihrem schrecklichen Dasein. Es ist das Wesen der Natur, dass ihr Leben kurz sein muss, und der Instinkt des Menschen bringt ihn dazu, diese Geschöpfe zu vernichten. Das ist nicht nur der Abscheu von ihnen, musst du wissen, sondern zugleich Mitgefühl, das Bestreben, ihrem Leid ein Ende zu machen. Diese Geschöpfe haben ihren Preis bezahlt.
    Und es gibt noch viel mehr, viel, viel viel mehr Geschöpfe unter der Oberfläche der Erde. Geschöpfe, auf die nie eines Menschen Blick gefallen ist; Käfer, die nahe dem Erdkern im Feuer leben. Was ist das Böse, das sie getan haben, um eine solche Existenz zu verdienen? Hast du je darüber nachgedacht, warum die Menschen in der Hölle ein Inferno sehen, warum sie für sie immer >dort unten< ist? Und warum blicken wir himmelwärts, wenn wir vom >Jenseits< sprechen? Ist uns ein Instinkt für solche Dinge angeboren?
    Warum fürchten viele den Tod, während andere ihn begrüßen? Wissen wir bereits, dass wir nur in einer Art erzwungener Überwinterung leben, in anderer Gestalt, dass wir unsere Missetaten sühnen müssen? Kein Wunder, dass diejenigen, die ein friedliches Leben gelebt haben, weniger Angst haben.«
    An dem Punkt hielt der Dachs inne, entweder um Atem zu schöpfen, oder um mir Zeit zu lassen, das Gehörte zu verdauen.
    »Wie erklärst du dann Geister? Ich sehe sie immer wieder«, sagte ich. »Warum sind sie nicht wieder als Tiere geboren worden? Oder sind sie über dieses Stadium schon hinaus? Ist das die Stufe, der wir entgegenstreben? Wenn sie das ist, weiß ich nicht, ob ich sie mir wünsche.«
    »Nein, nein, sie haben leider unsere Entwicklungsstufe noch nicht erreicht, Dusel. Doch sie sind unserer Welt näher als ihrer vorangegangenen — deshalb fällt es uns leichter, sie zu sehen; aber sie sind verloren, musst du wissen, und deshalb umgibt sie eine solche Aura der Traurigkeit. Verwirrt und verloren. Mit ein wenig Hilfe finden sie schließlich ihren Weg. Sie werden wiedergeboren.«
    Wiedergeboren. Die Worte trafen mich. War das der Grund, weshalb mein Sehvermögen, weshalb die Farben, die ich sehen konnte, so unglaublich waren? War dies der Grund, weshalb ich Gerüche — die feinsten und die schärfsten — so voll wahrnehmen konnte? War es, weil ich wiedergeboren worden war und noch vage Erinnerungen behalten hatte? Ich hatte Sinne aus der Vergangenheit, die ich mit den neuen vergleichen konnte! Ein neugeborenes Baby sieht von Anfang an, lernt aber schnell, sein Sehvermögen so anzupassen, dass Farben gedämpft und Umrisse organisiert werden — es lernt, nicht hinzunehmen. Deshalb ist man bei der Geburt nahezu blind; wäre es anders, so wäre es nicht zu ertragen. Dein Gehirn muss die Dinge erst auseinandersortieren und sie stufenweise zu dir hereinlassen. Mein eigenes Sehvermögen war jetzt bei weitem nicht mehr so klar oder vorurteilsfrei, wie es zu meiner Zeit als junger Welpe gewesen war. Und mein Gehör auch nicht. Mein Gehirn, das mit der Fähigkeit geboren worden war, meine Sinne zu beurteilen, war jetzt dabei, sich zu organisieren, damit sie akzeptabel wurden, damit sie es nicht länger so wie vorher verwirrten.
    Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden, und sagte: »Aber warum können andere sich nicht erinnern? Warum sind sie nicht auch wie ich?«
    »Das kann ich nicht beantworten, Dusel. Du bist anders, und ich weiß nicht warum. Vielleicht bist du der erste einer neuen Entwicklung. Eine Evolution. Ich bin anderen begegnet, die dir ähnlich waren, aber nicht ganz wie du. Ich wünschte, ich wüsste es.«
    »Bist du nicht ebenso wie ich? War Rumbo es nicht fast auch? Und eine Ratte, der wir einmal begegnet sind, schien ganz wie wir zu sein.«
    »Ja, wir sind ein wenig wie du. Ich nehme an, ich noch mehr als dein Freund Rumbo und die Ratte. Aber du bist besonders, Dusel. Ich bin auch besonders, aber auf andere Art, wie ich schon sagte: Ich bin hier, um zu helfen. Rumbo und die Ratte mögen vielleicht ähnlich gewesen sein, aber ich bezweifle, dass sie genauso waren. Ich glaube, dass du vielleicht eine Art Vorläufer bist; vielleicht bereitet sich für alles ein Wandel vor.«
    »Aber warum erinnere ich mich nur an Fragmente? Warum kann ich mich nicht an alles erinnern?«
    »Du solltest dich eigentlich an gar nichts erinnern. Viele Geschöpfe tragen die Eigenschaften ihrer früheren Persönlichkeiten, viele haben vielleicht

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