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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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oder als etwas anderes zurückkommen?«
    »Welchen Sinn hätte nur eine Existenz auf dieser Erde?«
    »Welchen Sinn hätten zwei?« konterte ich.
    »Oder drei, oder vier? Der Mensch muss lernen, Dusel. In einem Leben könnte er das nie. Viele Menschenreligionen verkünden das, und viele akzeptieren die Reinkarnation auf der Ebene von Tieren. Der Mensch muss von allen Daseinsformen lernen.«
    »Was lernen?«
    »Das Hinnehmen.«
    »Warum? Warum sollte er das Hinnehmen lernen? Wofür?«
    »Damit er zur nächsten Stufe weitergehen kann.«
    »Und was ist das für eine Stufe?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe sie noch nicht erreicht. Aber sie ist gut, das glaube ich. Das fühle ich.«
    »Und wie kommt es, dass du so viel weißt? Was macht dich so besonders?«
    »Weil ich schon eine Weile da bin, Dusel. Ich habe beobachtet, ich habe gelernt, ich habe viele Leben gelebt. Und ich glaube, dass ich hier bin, um solchen wie dir zu helfen.«
    Seine Worte klangen weich und seltsam beruhigend, aber ich kämpfte gegen sie an. »Schau doch«, sagte ich, »ich bin verwirrt. Willst du sagen, dass ich es hinnehmen muss, ein Hund zu sein?«
    »Du musst hinnehmen, was auch immer das Leben dir gibt — und ich meine hinnehmen. Du musst Bescheidenheit lernen, Dusel, und das geht nur, wenn man hinnimmt. Dann wirst du für die nächste Ebene bereit sein.«
    »Warte mal«, sagte ich und schlug aus Verzweiflung eine neue Richtung ein. »Wir alle werden Tiere, wenn wir sterben?«
    Er nickte. »Beinahe alle. Vögel, Fisch, Säugetiere, Insekten — es gibt keine Regeln bezüglich der Spezies, in die wir hineingeboren werden.«
    »Aber es muss doch heute Milliarden und Abermilliarden lebender Geschöpfe in der Welt geben. Das können doch nicht alles reinkarnierte Menschen sein; so lange gibt es unsere Zivilisation doch noch gar nicht.«
    Der Dachs lachte glucksend. »Ja, du hast recht. Es gibt wenigstens eine Million bekannter Tiergattungen, und über dreiviertel davon sind Insekten — die Fortgeschritteneren von uns.«
    »Insekten sind die Fortgeschritteneren?« fragte ich mit ausdrucksvoller Stimme.
    »Das ist richtig. Aber lass mich deine erste Frage beantworten. Dieser unser Planet ist sehr alt und viele Male wieder reingewaschen worden, damit das Leben aufs neue beginnen kann. Das ist ein beständiger Zyklus der Entwicklung, der es uns erlaubt, jedes Mal ein wenig mehr zu lernen. Unsere Zivilisation, wie du sie nennst, ist keineswegs die erste gewesen.«
    »Und diese... diese Leute kommen immer noch zurück und... lernen immer noch?«
    »O ja. Ein großer Teil unseres Fortschritts ist dem Rassengedächtnis zu verdanken, nicht der Inspiration.«
    »Aber ganz gleich, wie lange es her ist, dass alles anfing: Der Mensch hat sich doch aus dem Tier herausentwickelt, oder nicht? Wie könnten Tiere reinkarnierte Menschen gewesen sein, wenn sie zuerst hier waren?«
    Darüber lachte er nur.
    Du kannst dir ja vorstellen, in welchem Zustand ich mich jetzt befand: Eine Hälfte von mir wollte ihm glauben, weil ich Antworten brauchte (und er sprach in so beruhigender, selbstverständlicher Art), und die andere Hälfte fragte sich, ob er irre war.
    »Du sagtest, Insekten seien fortgeschrittener...«, drängte ich.
    »Ja, sie akzeptieren ihr Leben, das kürzer ist und vielleicht viel anstrengender. Eine weibliche Fruchtfliege vollendet ihren ganzen Lebenszyklus in zehn Tagen, wohingegen beispielsweise eine Schildkröte dreihundert Jahre leben kann.«
    »Der Gedanke, was die Schildkröte in ihrem vorangegangenen Leben wohl angestellt haben muss, um eine solch lange Buße zu verdienen, macht mir Angst«, sagte ich trocken.
    »Ja, das ist ein guter Ausdruck dafür«, sagte er nachdenklich.
    Ich stöhnte innerlich und war verblüfft, als der Dachs laut auflachte. »Das ist für dich alles zu viel, nicht wahr?« sagte er. »Nun, das ist verständlich. Aber überleg doch: Warum sind bestimmte Geschöpfe für den Menschen so widerwärtig? Warum trampelt man auf ihnen herum, misshandelt oder tötet sie oder verachtet sie einfach? Könnte es sein, dass diese Geschöpfe in ihrem vorangegangenen Leben vielleicht so widerwärtig waren, dass davon noch etwas hängengeblieben ist? Ist dies ihre Strafe für vergangene Verbrechen? Die Schlange verbringt ihr Leben damit, auf dem Bauch herumzukriechen. Die Spinne wird unweigerlich zerdrückt, wann immer ein Mensch mit ihr in Berührung kommt. Der Wurm wird verachtet, die Schnecke erzeugt im Menschen Schauder. Selbst der

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