Höllenhund
daraus, dass er mit jemandem telefonierte.
»Nein, lass ihn nicht, Carol! Bitte, das bin doch ich!« Ich wusste, dass er mit der Polizei telefonierte.
Und tatsächlich tauchten, keine fünf Minuten später, am Ende der Zufahrt Scheinwerferbalken auf, und ein Wagen polterte auf das Haus zu. Ich war jetzt unter dem Fenster im Erdgeschoß, rannte vor und zurück, schrie und tobte, während Carol, Polly und der Mann mich mit erschreckten Gesichtern beobachteten. Zu meiner tiefen Enttäuschung hatte der Mann die Arme um Carols und Pollys Schultern gelegt.
Der kleine blauweiße Panda kam schwankend zum Stehen, und die Türen flogen auf, als hätten sie plötzlich Schmetterlingsflügel bekommen. Zwei dunkle Gestalten sprangen heraus, eine davon trug eine lange Stange, an der vorn eine Schlinge befestigt war. Ich wusste, wozu das diente, und beschloss, ihnen keine Chance zu lassen, sie zu benutzen. Ich floh in die Nacht hinaus, aber nicht zu tief in sie hinein.
Später, als die Polizei aufgegeben hatte, auf der Suche nach mir im Dunkeln herumzustochern, kroch ich zurück. Ich hörte Stimmen vom Haus, hörte, wie Wagentüren zugeschlagen wurden, ein Motor ansprang und Reifen sich auf dem Kies zur Straße hinuntermahlten. Ohne Zweifel würden sie morgen zurückkommen, um die Gegend bei Tageslicht gründlich abzusuchen, aber für den Rest der Nacht würde ich sicher sein, das wusste ich. Ich würde warten, bis der Mann aus dem Haus kam, und dann würde ich mir Mühe geben, ihm zu folgen — ihn vielleicht sogar gleich zu erwischen. Nein, das würde dumm sein — damit würde ich nur Carol und Polly erneut verängstigen, und Carol würde vielleicht die Polizei zurückrufen. Außerdem war mir der Mann ein wenig zu kräftig. Nein, so würde es besser sein: ihm irgendwie folgen — vielleicht konnte ich sogar die Witterung seines Wagens aufnehmen (selbst Autos haben einen ausgeprägten Geruch) — und ihn dann angreifen, wenn ich den Vorteil der Überraschung auf meiner Seite hatte. Es war ein höchst unvernünftiger Plan, aber ich war auch ein ziemlich unvernünftiger Hund. Also ließ ich mich nieder und wartete. Und wartete. Und wartete.
Der Schock erfasste mich schließlich ein paar Stunden später: Er würde diese Nacht nicht wieder herauskommen. Sein Wagen stand immer noch in der Einfahrt, also wusste ich, dass er noch nicht weggefahren war. Und mit der Polizei wegzufahren, hatte es für ihn keinen Anlass gegeben. Er blieb über Nacht!
Wie kannst du nur, Carol? Also schön, ich war ja ohne Zweifel schon ein paar Jahre kalt im Grab, aber ausgerechnet er? Der Mann, der mich ermordet hatte? Und wie konntest du überhaupt mit irgendjemandem... nach alledem, was uns verbunden hatte? Hat es dir so wenig bedeutet, dass du es so schnell vergessen konntest?
Mein Heulen füllte die Nacht, und Sekunden später bewegten sich am Schlafzimmerfenster Vorhänge. An meinem Schlafzimmerfenster!
Wie konnte es etwas so Böses geben? Er hat mich getötet und dann meine Frau genommen! Er würde mir bezahlen — oh, und wie er bezahlen würde!
Dann rannte ich vom Haus weg, war nicht imstande, den Schmerz zu ertragen, es anzusehen und mir auszumalen, was drinnen vor sich ging. Ich rannte in der Finsternis herum, erschreckte nächtliche Geschöpfe, schreckte diejenigen auf, die schliefen, und fiel schließlich schlaff und weinend in eine kleine Bodensenke. Dort blieb ich bis zur Morgendämmerung.
19
Hab jetzt Geduld, meine Geschichte ist beinahe zu Ende.
Glaubst du mir das, was ich dir erzählt habe, immer noch nicht? Ich nehm' es dir nicht übel — ich bin nicht sicher, dass ich es selbst glaube. Vielleicht bin ich ein Hund, der einfach Halluzinationen hatte. Aber wie kommt es dann, dass du mich verstehst? Du verstehst mich doch, oder?
Was macht der Schmerz? Später wirst du ihn vergessen; Erinnerungen an Schmerz sind immer ohne Substanz, wenn man den Schmerz nicht tatsächlich wieder fühlt. Was macht die Furcht? Hast du jetzt weniger Angst oder mehr? Aber lass mich jedenfalls fortfahren: Du bleibst ja hier, und ich habe genügend Zeit. Wo war ich? O ja...
Die Morgendämmerung fand mich wieder voll Selbstmitleid, verwirrt und enttäuscht. Aber wie ich dir ja schon mehrmals sagte, sind Hunde geborene Optimisten; ich beschloss, mein Problem konstruktiv anzugehen. Zuerst würde ich ein wenig mehr über mich selbst herausfinden — zum Beispiel wann genau ich gestorben war, und dann die Umstände meines Todes. Ersteres würde leicht sein,
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