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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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ich zu tun hatte, war offensichtlich; wie es zu bewerkstelligen wäre, ein wenig schwieriger. Es kostete mich vier schmerzhafte Versuche, den vorderen Teil meines Körpers durch jene Öffnung zu zwängen, und dann bedurfte es noch einiger Arbeit mit den Hinterbeinen, um meinen weichen Bauch über die Fensterschwelle zu bekommen. Schließlich purzelte ich auf den Fahrersitz und lag keuchend dort, wartete, bis der Schmerz von meinem wundgeriebenen Bauch nachließ. Dann glitt ich durch den Spalt zwischen den vorderen Sitzen nach hinten und versteckte mich dort in der dunklen Höhlung auf dem Boden, wobei ich am ganzen Leibe zitterte.
    Es dauerte wenigstens eine Stunde, bis Newman beschloss, dass er für den heutigen Tag genug gearbeitet hatte, und das Büro verließ. Meine Ohren stellten sich auf, als ich hörte, wie die Eingangstür abgeschlossen wurde, und ich kauerte mich noch tiefer, als die Wagentür aufgerissen wurde und eine Aktentasche auf den Beifahrersitz flog. Der Wagen schwankte, als Newman einstieg, und ich hielt mich mit größter Mühe davon ab, ihn gleich jetzt anzuspringen. Er ließ den Motor an, betätigte den Lichtschalter und fuhr rückwärts aus dem Parkplatz. Eine Hand fiel dabei über die linke Sitzlehne, als er zurücksetzte, und die Versuchung, ihm die Finger abzubeißen, war beinahe überwältigend. Aber ich brauchte mehr als nur meine eigene Stärke, wenn ich Vergeltung wollte.
    Ich brauchte die Geschwindigkeit seines Wagens.
    Er bog in die Hauptstraße ein und strebte der Ortschaft zu. Um Marsh Green zu erreichen, musste er durch Edenbridge fahren, und da die beiden Ortschaften nicht zu weit voneinander entfernt waren, wusste ich, dass ich nicht viel Zeit hatte zuzuschlagen. Aus Edenbridge führte ein langes, gerades Stück Straße heraus, ehe diese sich gabelte: links in Richtung Hartfield, und rechts bog eine schmalere Straße nach Marsh Green ab. Die meisten Fahrzeuge fuhren auf der geraden Strecke vor der Kurve ziemlich schnell, und er würde es wahrscheinlich genauso machen, denn um diese Nachtzeit waren die Straßen einigermaßen leer. Und dort würde ich in Aktion treten — selbst wenn es bedeutete, dass ich dabei selbst getötet wurde. Ich war schon vorher gestorben; es würde leicht sein, es wieder zu tun. Und außerdem, was hatte ich schon zu verlieren? Ein Hundeleben?
    Der Gedanke daran, was dieser böse Mensch aus mir gemacht hatte, brachte erneut das Blut in mir in Wallung, und die Wut trommelte gegen meine Brust. Ein leises Knurren begann tief in meiner Kehle, stieg auf; geschmolzene Lava voll Hass, suchte nach einer Öffnung, strömte heiß durch meine Kehle empor und platzte schließlich mit einem Schrei, einer Eruption der Gewalt an die Oberfläche.
    Ich sah die Angst in seinem Gesicht, als er über die Schulter blickte, die Augen geweitet, so dass man das Weiße sah. Er vergaß den Fuß vom Gaspedal zu nehmen, und der Wagen raste ohne lenkende Hand dahin. Ich konnte sehen, dass die Biegung fast unmittelbar vor uns war, ehe ich mich nach vorn warf und ihn in die Wange biss.
    Er fuhr nach vorn, versuchte meinen Zähnen zu entkommen, aber ich ging mit, erwischte sein Ohr und riss daran. Er kreischte, und ich kreischte, und der Wagen kreischte, und wir alle wurden zusammen von der Straße getragen.
    Mein Körper wurde durch die Windschutzscheibe geschleudert, und plötzlich war ich in blendendes Weiß gebadet, als ich über die Motorhaube rutschte und in den Strahlenkegel der Scheinwerfer. Den Bruchteil einer Sekunde lang, der für mich aber wenigstens ein Jahr dauerte, hatte ich das Gefühl, als schwebte ich in einem lichterfüllten Mutterleib; bis Dunkelheit und Schmerz gleichzeitig über mir zusammenschlugen.
    Dann erinnerte ich mich an alles und wusste, dass ich so schrecklich, schrecklich unrecht gehabt hatte.

20

    Reg Newman war ein echter Freund gewesen, selbst nach meinem Tode.
    Die Erkenntnis traf mich gleichzeitig mit dem Schmerz, als ich benommen und atemlos auf dem staubigen Weg lag — der schmalen, von Furchen durchzogenen steinigen Fahrspur, die direkt von der Hauptstraße wegführte und nur von den Bewohnern benutzt wurde, die weiter unten an diesem Weg ihre Häuser hatten. Wir hatten Glück gehabt:
    Anstatt gegen die Bäume zu prallen, die die Kurve säumten, war der Wagen geradewegs auf den Feldweg geschossen, und die Böschung an der einen Seite hatte ihn ruckartig zum Stillstand gebracht.
    Die Fragmente fügten sich zusammen; das Puzzle bildete ein Ganzes.

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