Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
viel sie bereits gesehen hatten. Dennoch schien Gott sehr selbstzufrieden, wie er da stand, auf die Leiche seiner Tochter starrte und bedauernd mit dem Kopf wackelte.
Bei diesem Anblick übermannte Shatan jene Wut, die er bei Liliths Geständnis vermisst hatte. Er verwandelte sich – gestärkt durch Luzifers Anwesenheit – wieder in den totbringenden Dämon. Mit einem Satz überbrückte er den Abstand zwischen sich und dem Allmächtigen. Er riss seine Klauen nach oben, wollte dem Erschaffer der Welt die Hände um die Kehle legen, so wie er es bei der Verräterin Lilith getan hatte.
Shatan kam nicht weit. Er prallte gegen eine unsichtbare Wand. Benommen schüttelte er sich und war im nächsten Augenblick wieder auf den Beinen. Sein zweiter Angriff wurde von Gavarel verhindert, der sich noch vor der Barriere aufbaute, das brennende Schwert in den Händen.
In seiner Wut schlug Shatan blind um sich. Er erwischte Gavarels Handgelenk, wodurch dessen Arm zur Seite gerissen wurde. Der Bidhänder flog mit dumpfem Geräusch ins Gras, wo seine wild züngelnden Flammen erloschen. Shatan achtete nicht darauf. Er senkte den Kopf, wölbte Rücken und Schultern, um den einzigen Gegner, der zwischen ihm und seinem Opfer stand, erneut anzugreifen.
Es war Luzifer, die ihn zur Räson brachte. Sie stellte sich ebenfalls vor Jehova und schützte ihren Gatten mit ihrem Leib. Ihre Stimme überschlug sich vor Hass und Kummer, als sie Shatan befahl aufzuhören. Weil er nicht reagierte, schnippte sie mit den Fingern, und ein Zauber hüllte ihn ein.
Selbst in seiner jetzigen Dämonengestalt vermochte Shatan nicht, dagegen anzukämpfen. Er bäumte sich in den unsichtbaren Fesseln, die sie um seinen Leib wanden. Er brüllte, knurrte und fluchte. Es half alles nichts.
„Beruhigt euch.‟ Jehovas Stimme war leise, doch jeder Anwesende vernahm sie wie Donnerhall.
Diesen Augenblick nutzte Luzifer, um sich herumzuwerfen. Sie stürzte sich ihrerseits auf Gott. Ihre langen Fingernägel bohrten sich durch dessen helle Robe und gruben sich in seine Brust.
Der Allmächtige packte sie geduldig an den Handgelenken und schob sie von sich fort, als wöge die Höllenfürstin nicht mehr als eine Feder.
Gavarel, der mit einem Blick auf Shatan sicherstellte, dass dieser immer noch hilflos in seinen Fesseln hing, trat heran. Er nahm seinem Herrn die zappelnde Frau ab. Luzifer hatte keine Macht über den Erzboten. Sie wehrte sich, zappelte, spuckte und schrie. Schließlich gab sie stöhnend auf. Ihr Kopf sank nach unten, während Gavarel ihre Arme nach hinten drückte.
Entsetzt sah Shatan, dass seine Herrin weinte. Er hatte bisher nur einziges Mal gesehen, dass die Höllenfürstin in Tränen aufgelöst gewesen war. Damals, als sie erfuhr, dass Jehova einen Sohn mit einer anderen gezeugt hatte.
Alle Kraft verließ Shatan. Er fröstelte. Das Gesicht seiner Fürstin hatte sich zu einer Maske aus Schmerz und Leid verzogen. Wenn sein eigenes Herz nicht bluten würde, hätte er Mitleid mit ihr empfunden. So aber ließ Shatan sich in seine Fesseln fallen und wartete auf seine Bestrafung.
Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass Luzifer ihn für Evangelinas Tod quälen würde. Noch kämpfte sie mit ihrer Trauer, doch sobald sie diese in den Griff bekommen hatte, blühte Shatan eine Existenz voll Schmerz.
„Das ist alles nur deine Schuld, Jehova! Du hast zugelassen, dass dein Bote sie tötet! Unsere Tochter ist verloren, nur weil du sie mir nicht überlassen wolltest!‟
Luzifer straffte sich. Mit einer entschiedenen Geste riss sie sich von Gavarel los. Ihr lohender Blick wollte den Erzboten schier versengen. Der merkte es jedoch nicht einmal. Zu beschäftigt war der Seraph damit, sein Schwert aufzuheben und sich drohend hinter Shatan aufzubauen.
Ruhig sah Jehova seine Frau an. Dann wanderten seine blassblauen Augen hinab zu Lina, die regungslos im Gras lag. Er betrachtete wortlos die Wunden und das wenige Blut.
Bedächtig winkte er Gavarel heran und stellte die offensichtliche Frage: „Sag mir, mein Sohn, was du getan hast.‟
Shatan glaubte dieses Schauspiel nicht einen Moment. Jetzt so zu tun, als wären die Vorkommnisse eine schreckliche Überraschung, machten den Dämon nur wieder wütend. Leider konnte er sich den Fesseln nicht entziehen, die Luzifer trotz ihrer Trauer nicht einmal ein wenig lockerte. Er wollte seine Wut hinausbrüllen, seine Feinde vom Erdboden tilgen. Doch mehr, als sich gegen seine Ketten aufzulehnen und die Fäuste zu
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