Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
Seraph.
„Hilft es dir zu sehen, was dort mit ihr geschieht, Weib? Möchtest du einen Blick riskieren? Zeig es ihr, Metatron.‟
Bevor Luzifer reagieren konnte, verließ der Irrwisch Lilith, die stöhnend auf die Knie sank. Er umschwirrte sirrend mehrfach seinen Gott. Schließlich verharrte er inmitten der kleinen Gruppe. Sein blitzender Leib dehnte sich aus. In seiner Mitte bildete sich ein See, dessen Oberfläche Wellen schlug. Die Ränder seines Körpers zuckten weiterhin, sie streckten sich und zogen sich zusammen im Wechselspiel seiner eigenen Emotionen.
Das Bild beruhigte sich langsam und gab den Blick auf eine durchscheinende Gestalt frei.
Lina.
Trotz ihrer blassen Farben erkannte man deutlich ihre rotblonden Locken, die feinen Gesichtszüge und ihre gequälten Augen. Sie litt bereits furchtbar.
„Nein, bitte, hör auf‟, hörte Shatan sich selbst flüstern.
***
Elendige Pein. Flammenzungen, die an ihr leckten. Linas Augäpfel verdampften, ihre Zunge verdorrte. Lohende Hitze, die ihre Lunge zum Bersten brachte. Sie atmete Feuer und Qual, um im nächsten Moment von klarer, kühler Luft umspielt zu werden. Die Haut kühlte ab, der Atem gefror.
Der Schmerz verwandelte sich in bittersüße Kälte, die Lina einfing und umschloss. Nur um einen Herzschlag später erneut zur reinen Agonie anzuwachsen, die ihr Verstand und Sinne raubte. Ein Wechselspiel von heiß und kalt, die kein Wesen ertragen konnte. Keine Kreatur ertragen sollte. Und doch wusste Lina instinktiv, wo sie gelandet war.
Fegefeuer. Gefangen an dem Ort, der ihr keinen Ausweg bot.
Etwas streichelte ihre Wange. Es war die kühle Phase, die ihr dieses Gefühl ermöglichte.
Ein Kopf ragte über ihr auf. Sie erblickte ein zärtliches Lächeln, das geliebte Gesicht Shatans, das ihr für einen Augenblick die Angst nahm.
Dann verwandelte es sich in eine hämische Fratze, die sie auslachte und zurück in die Feuerlohe schickte.
Linas Schrei gellte ungehört. Längst besaß sie keine Stimme mehr. Es blieben nur noch Verzweiflung und Resignation.
Sie war ein Geist. Ein fleischloses Wesen. Ihr Körper, soviel wusste Lina wenigstens, weilte weiterhin auf der Erde.
Während ihre Seele vom Fegefeuer zerrissen und sie zwischen den einzelnen Eindrücken hin- und hergeworfen wurde, begriff Lina ein für alle Mal, dass sie ihre Strafe verdiente.
Sie hatte einen Fehler begangen. Sie hatte Shatan nicht verziehen. In ihrer ersten Panik war sie vor dem einen Mann geflohen, der ihr Leben war. Sie konnte seinen entsetzten Gesichtsausdruck nicht vergessen, als die Druckwelle sie gegen das Kreuz warf. Nun da es zu spät war, wusste sie mit Bestimmtheit, dass sie ihn trotz seiner Dämonengestalt liebte.
Wie dumm sie doch gewesen war! Eine Närrin, die es nicht besser verdiente, als an diesem Ort zu leiden.
Wie Recht du hast!
Eine dünne, körperlose Stimme lachte Lina aus. Sie fühlte Hände, die nach ihr griffen, spürte, wie sie sie zerrissen, nur um sie erneut zusammenzusetzen.
Lina wimmerte, keuchte, schrie. Doch der Schmerz war allgegenwärtig. Sie klammerte sich in Gedanken an Shatan. Rief sich sein Gesicht ins Gedächtnis. Sein menschliches Antlitz. Das Ersatzhorn. Sein schiefes Lächeln, wenn er die Augenbraue hob, weil sie eine dumme Bemerkung machte.
Er liebt dich nicht.
Doch, er tut es.
Du bist seiner nicht würdig.
Du musst nur an eure Liebe glauben.
Die verwirrenden Stimmen lockten sie tiefer und tiefer in das Feuer ihrer Seelenqualen. Mit einem erstickten Schrei ergab sich Lina.
23.Kapitel
Shatan starrte auf die Seele, die sich in Krämpfen wand. Tränen traten ihm in die Augen. Nur sein eiserner Wille hinderte sie daran, ungehemmt zu fließen. Gerade jetzt durfte er keine Schwäche zeigen. Weil er Jehovas Plan durchschaut hatte, ahnte er, dass der Gott im Zweifel sogar auf seine eigene Tochter verzichten würde, nur um seine Rache zu bekommen.
Die Herrin der Unterwelt war nahezu gebrochen. Jegliche Kraft schien sie verlassen zu haben. Sie stützte sich schwer auf Lilith, die an die Seite ihrer Mutter geeilt war. Die junge Frau schluchzte offen und sah hilflos mit an, wie Evangelina sich vor Schmerzen wand. Luzifer schimpfte nicht mit ihrer Tochter. Sie weinte auch nicht mehr. Dazu war sie viel zu sehr Herrscherin. Der Blick allerdings, den sie ihrem Gatten zuwarf, traf Shatan unvermittelt dorthin, wo eigentlich nichts sein sollte.
Entsetzt erkannte der Dämon, dass seine Herrin Jehova noch immer liebte. Zweifelnd
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