Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
möglich sein, diesem Kerl Beine zu machen. Bis morgen Mittag hatte der ihm einen Mörder zu bringen. Wie der Richter das anstellte, war nicht Sache eines Krafft von Elckershausen. Doch kaum hatte der Schultheiß seine Amtsstube verlassen, da legte die Angst sich wie eine Last in seinen Nacken. Der gerade noch so forsche Schritt wurde schleppend. Er blieb stehen. Ihm war schlecht. Eine Hand auf den Magen gepresst, schlurfte er den Gang entlang. Um die Ecke schoss eine Gestalt und warf ihn fast um.
    «He, was soll das! Seid Ihr verrückt, Mann?»
    Ein Bote blieb stehen, senkte den Blick. «Entschuldigt vielmals, Herr. Die Sendung, sie eilt.»
    Er hielt ein Päckchen hoch, und der Schultheiß reckte sich, um den Namen darauf lesen zu können.
    «Richter Blettner?»
    Der Bote nickte. «Jawoll. Es eilt.»
    «Ihr könnt mir die Sendung geben. Ich bin ohnehin auf dem Weg zu ihm.»
    Krafft von Elckershausen streckte die Hand bereits aus, doch der Bote trat einen Schritt zurück. «Die Sendung soll ich persönlich übergeben», sagte er. «So ist es mir aufgetragen worden.»
    Der Schultheiß ärgerte sich. Er vergaß seine Übelkeit, trat ganz dicht vor den Mann, sodass seine Nasenspitze um ein Haar die des Boten berührte. «Ihr wisst wohl nicht, wer ich bin, was?», schnauzte er. Der Bote erstarrte, schüttelte nur den Kopf und schluckte, dass sein Adamsapfel auf und nieder hüpfte.
    «Ich bin der Schultheiß und Zweite Bürgermeister dieser Stadt, Mann. Der Vorgesetzte des Richters. Her mit dem Päckchen!»
    Er riss es dem Boten aus der Hand. Der schluckte erneut, öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu.
    «Ist noch was?», bellte Krafft von Elckershausen.
    «Nein, nichts», stammelte der Bote. «Ihr übergebt doch die Sendung, nicht wahr? Ich kann mich darauf verlassen?» Die Stimme des Boten klang ein wenig blass und piepsig.
    «Misstraust du etwa dem zweithöchsten Mann dieser Stadt?»
    «Nein! Nein, nein.» Der Bote hob beide Hände in die Höhe, drehte sich um und sah zu, dass er Land gewann.
    Der Schultheiß betrachtete das Päckchen. Es war nicht groß, hatte gerade mal die Maße von einem Viertel Käse. Eswar ordentlich verpackt und sorgsam versiegelt. Mit geraden, gestochen scharfen Buchstaben war in schwarzer Tinte der Name des Richters darauf gemalt. Der Schultheiß schüttelte die Sendung, doch er hörte nichts. Dann roch er daran, befühlte sie von allen Seiten, aber noch immer hatte er keine Ahnung, was darinnen sein mochte. Auch ein Absender fand sich nicht. «Hmm», brummte der Schultheiß. «Warum lässt sich der Richter seine persönliche Post ins Rathaus schicken? Oder handelt es sich hierbei um Dienstpost?»
    Er hatte plötzlich neuen Mut gefasst. Mit gestrafften Schultern und forscheren Schritten ging er den Gang hinab bis zum Zimmer des Richters. Ohne anzuklopfen trat er ein, warf das Päckchen schwungvoll auf den Schreibtisch, ließ sich auf den Stuhl davor fallen und befahl: «Macht das Päckchen auf, Richter. Ich will sehen, was darinnen ist. Ein Bote brachte es gerade.»
    Heinz Blettner sah zu seinem Schreiber. Der zuckte mit den Achseln. Dann drehte Heinz die Sendung hin und her. «Ich befürchte, es handelt sich um eine private Angelegenheit», sagte er dann und machte Anstalten, die Sendung in einer Schublade zu verstauen.
    «Halt, halt!», rief der Schultheiß. «Holt sofort das Ding wieder heraus. Das Päckchen ist ins Amt gebracht worden, also handelt es sich dabei um Amtspost. Und ich als Euer Amtsvorgesetzter befehle Euch, es auf der Stelle zu öffnen.» Krafft von Elckershausen verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich bequem zurück.
    «Ich habe die Schrift erkannt, Schultheiß. Ihr könnt mir glauben, es ist ein Päckchen ganz privaten Ursprungs, bestimmt für meine Schwiegermutter.»
    «Aufmachen!»
    Richter Blettner seufzte. Lieber Gott, betete er in Gedanken. Mach, dass Arvaelo nur ein paar Süßigkeiten geschickt hat.
    Langsam und so umständlich, wie es ihm nur möglich war, schnitt Heinz das Siegel ab und wickelte das Kästchen aus seiner Papierhülle. Darunter war es ein zweites Mal eingeschlagen. Wieder in Papier. Ein Brief, dessen Schrift Heinz sofort erkannte.
    «Lest vor!», befahl der Schultheiß. «Von wem ist der Wisch?»
    «Von Arvaelo Garm aus Samarra.»
    «Ah, der Sarazene. War er nicht in die Ermittlungen eingebunden? Also ist dies hier Amtspost.»
    Richter Blettner nickte. Unauffällig wollte er den kurzen Brief in eine Schublade gleiten lassen, doch der

Weitere Kostenlose Bücher