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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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gerade wirklich nicht gebrauchen. Eine Freundin, die ja. Die Tochter nicht. Liebe war kein Thema zwischen Mutter und Tochter. Jedenfalls nicht, wenn es darum ging, dass die Mutter verliebt war, noch dazu unglücklich. Das geht einfach nicht, dachte Gustelies. Es ist zwar auch nicht gut, dass Hella mich immer nur als Mutter sieht und nie als Frau, aber mit meiner Tochter meine Liebesangelegenheiten besprechen? So weit käme es noch. Gustelies schnaubte verächtlich.
    «Ich komme», rief sie. Und öffnete die Tür.
    «Wie siehst du denn aus?», fragte Hella verblüfft und betrachtete ihre Mutter. «Du hast geweint, nicht wahr?»
    Gustelies nickte.
    Hella nahm sie beim Arm, schloss die Tür hinter sich und führte ihre Mutter wie eine Kranke in die Küche.
    «Was ist passiert?», fragte sie.
    «Ach, nichts.»
    «Arvaelo?»
    Gustelies nickte. Schon wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
    Hella strich mit dem Zeigefinger sanft über die Wange ihrer Mutter, stoppte eine Träne in ihrem Lauf. «Ich will nicht, dass du weinst.»
    «Er ist fort», flüsterte Gustelies.
    «Fort? Für immer?»
    Sie nickte.
    «Warum?»
    «Ich habe ihn weggeschickt.»
    «Warum denn das?»
    «Gestern glaubte ich noch zu wissen, warum. Heute weiß ich nichts mehr. Gar nichts mehr.»
    Sie sah die Tochter an. In ihrem Blick lag eine solche Verlorenheit, dass Hella sie in die Arme zog und wiegte, gerade so, wie sie früher von der Mutter gewiegt worden war.
    Nach einer Weile machte Gustelies sich los, setzte sich gerade hin. «Vielleicht habe ich ihn weggeschickt, weil ich Angst vor der Liebe habe», sagte sie.
    «Angst vor der Liebe? Aber du hast doch schon geliebt.»
    «Ja. Deinen Vater. Aber das war eine einfache Liebe. Die hat nichts von mir verlangt, was ich nicht selbst geben wollte. Verstehst du?»
    Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern sprach einfach weiter. «Arvaelos Liebe war fordernder, umfassender. Mir schien, als wäre seine Liebe so groß, dass für nichts anderes mehr Platz wäre. Das hat mir Angst gemacht.»
    Hella nickte.
    «Vielleicht», sagte Gustelies leise, «muss man die Liebe lernen. Ich habe immer nur so geliebt, dass es mich nichts gekostet hat. Vielleicht war das falsch. Es muss immer etwas geben, das das Wichtigste im Leben ist. Und vielleicht habe ich dieses Wichtigste versäumt. Aus Feigheit und Bequemlichkeit. Eine große Liebe ist das Gegenteil von bequem.»
    Die Frauen schwiegen. Gustelies hatte ihre Hand auf den Tisch gelegt. Hella starrte darauf. Sie sah die kurzgeschnittenen Nägel, die erste Rillen aufwiesen. Sie sah die blauenAdern, die sich wie Regenwürmer über den Handrücken zogen. Sie sah auch die beiden Altersflecken. Noch blass, aber schon deutlich sichtbar. Sanft legte sie ihre Hand auf die Hand ihrer Mutter und streichelte sie. Lange saßen sie so und sprachen nichts. Nie waren sie einander näher gewesen als in diesem Augenblick. Sie waren zwei Frauen mit Bedürfnissen und Sehnsüchten, nicht Mutter und Tochter.

KAPITEL 17
    Noch immer befand sich Heinz Blettner im Wald. Die anderen, der Henker, der Leichenbeschauer und die Büttel waren längst gegangen. Er saß auf dem Boden unter dem Baum, an dem der Henker gelehnt hatte, und grübelte. Er dachte nicht über den toten Juwelier und den Kannengießer nach, sondern über Zauberei. Gab es so etwas überhaupt? Hella hatte von einer Geheimloge berichtet. Er, Heinz Blettner, glaubte nicht daran. Was genau war eigentlich eine Geheimloge? Wurden da Stühle gerückt und den Toten Fragen gestellt? Machte man dort Gold? Warum sollte Gott manchen Menschen die Fähigkeit verleihen, mit Geistern zu reden, und anderen nicht? Andererseits: Warum konnten manche Menschen singen und andere nicht?
    «Hmm.» Er kratzte sich am Kinn. So kam er nicht weiter. Er schlug die Beine am Knöchel übereinander, verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte den Kopf an den Stamm und schloss die Augen. Er war jetzt der Juwelier Zerfaß aus Leipzig in Sachsen. Er war nach Frankfurt zur Messe gekommen. Warum eigentlich? Um Waren zu kaufen und zu verkaufen. Hatte er Juwelen bei sich gehabt? Oder war die Messe nur ein Vorwand gewesen, um hier unauffällig das Zauberbuch verkaufen zu können? Ein Juwelier, der ein Zauberbuch verkauft. Das war glaubhaft.Wahrscheinlich hatte er behauptet, aufgrund des Zauberbuches zu Reichtum gekommen zu sein. Aber er war im Roten Ochsen abgestiegen. Nicht unbedingt die erste Adresse in Frankfurt. Wieder kratzte sich der Richter am Kopf.
    Kannte der

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