Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
Schultheiß war auf der Hut.
    «Vorlesen!»
    «Lieber Freund», las Heinz, «verzeih mir meinen überstürzten Aufbruch. Aber in einer Stadt, in der meine Liebe verschmäht wird, kann ich nicht bleiben. Bitte übergib Gustelies dieses kleine Geschenk von mir. Immer der Eure, Arvaelo.»
    «Und weiter?»
    Heinz ließ das Papier sinken. «Nichts weiter. Das war es. Der Rest ist das Geschenk für meine Schwiegermutter.»
    Er nahm das Päckchen von Tisch und wollte es in seiner braunen Ledermappe verstauen, doch der Schultheiß richtete sich auf, deutete mit dem Zeigefinger darauf und befahl: «Aufmachen!»
    «Aber das ist für meine Schwiegermutter.»
    «Das ist Post fürs Amt. Aufmachen!»
    Der Schultheiß blickte in Blettners Augen und erkannte,dass der in seinem Herzen das Schwert blankzog. Er grinste hämisch, erhob sich, stand breitbeinig vor dem Schreibtisch und bellte: «Aufmachen, habe ich gesagt. Aber hastig.»
    Der Richter rührte sich noch immer nicht.
    «Wollt Ihr’s drauf ankommen lassen?»
    Am liebsten hätte Heinz genickt. Aber er sah, dass mit dem Schultheiß heute wahrhaftig nicht gut Kirschen essen war. Seufzend reichte er das Päckchen über den Tisch.
    «Macht Ihr es auf, Schultheiß.»
    Krafft von Elckershausen ließ sich nicht zweimal bitten. Ungeduldig zerrte er an dem säuberlich verknoteten Bindfaden, der ein weiteres Einschlagpapier zusammenhielt, ruckelte, zerrte wieder und hielt endlich ein Etui in den Händen, das mit schwarzem Samt überzogen war. «Hat der Sarazene Eurer Schwiegermutter gar Nähnadeln geschickt?», lästerte der Schultheiß und sah beifallheischend zu dem Schreiber, der tatsächlich in meckerndes Lachen ausbrach.
    Er öffnete das Kästchen, starrte mit offenem Mund hinein und brach in schallendes Gelächter aus.
    Richter Blettner stellte sich hinter seinem Schreibtisch auf Zehenspitzen, um in das Kästchen spähen zu können. Blattgold. Etliche Lagen, fein säuberlich durch Trennpapier geteilt. Blattgold! Für einen Augenblick war er gerührt. Arvaelo wusste also, wie wichtig der Sieg beim Kuchenwettbewerb der Liebfrauengemeinde für Gustelies war. Beinahe hätte er dem Schultheiß das Kästchen aus der Hand gerissen. Doch der bleckte gerade die Zähne zu einem breiten, bösen, siegesgewissen Grinsen. «Wisst Ihr, was das ist, Richter?», knurrte er.
    Der Richter nickte. «Natürlich. Das ist Blattgold. Maler und Holzschnitzer arbeiten damit.»
    «Aha. Die Maler und Holzschnitzer. Ich wusste gar nicht, dass die Haushälterin des Pfarrers auch den Altar bemalt.» Die Stimme des Schultheißen triefte vor Häme. «Soll ich Euch sagen, wie das für mich aussieht?»
    Der Richter hätte zu gerne den Kopf geschüttelt, doch er wagte es nicht.
    «Für mich», sagte der Schultheiß langsam und geradezu feierlich, «für mich sieht das so aus, als ob wir unseren Mörder gefunden haben.»
    «WAS?» Heinz Blettner klappte die Kinnlade runter.
    «Was? Was?», äffte der Schultheiß ihn nach. «So sieht das für mich aus. Arvaelo hat den dreifachen Höllenzwang und macht nun Gold. Arvaelo hat das Zauberbuch, Arvaelo ist der Mörder.»
    Vor Überraschung ließ sich Heinz auf seinen Stuhl fallen. Er rang nach Atem, die Wangen so bleich, dass der Schreiber aufsprang und nach einem Becher Wasser rannte. Als der Richter getrunken hatte, kehrte ganz langsam die Farbe in sein Gesicht zurück. Er schüttelte den Kopf und sah den Schultheiß verständnislos an. «Ihr glaubt wirklich, Arvaelo sei der Mörder?»
    Der Zweite Bürgermeister nickte. «Natürlich ist er das. Und Ihr müsst Euch fragen lassen, wieso Ihr noch nicht darauf gekommen seid. Der Fremde hat sich in die Ermittlungen eingeschlichen. Warum eigentlich? Habt Ihr ihn je danach gefragt?»
    «Er sagte, er wäre Gelehrter der Medizin und dieser Fall von Kannibalismus von großem Interesse für ihn.»
    «Oder um von seiner Täterschaft abzulenken, nicht wahr?»
    Heinz Blettner konnte sich zu keinem Ja durchringen.
    «Er war an allen Ermittlungen beteiligt. Er wusste auchvon dem Zauberbuch, nicht wahr? Und ist es nicht so, dass die Sarazenen von Haus aus ein Interesse an Gold haben? Und woher, mein lieber Richter, hat er nun plötzlich so viel Geld, kann Eurer Schwiegermutter Blattgold schicken, wenn er es nicht selbst hergestellt hat? Könnt Ihr mir diese Fragen beantworten?»
    «Nein», erwiderte Heinz. «Nein, das kann ich nicht.»

KAPITEL 18
    «Wir müssen zum Roten Ochsen. Eigentlich wollte ich meinen Fuß nie wieder da

Weitere Kostenlose Bücher