Höllenknecht
ist.»
«Natürlich, mein lieber Heinz. Das ist immer so. Du weißt doch: Das Leben ist ein Graus und die Erde ein Jammertal.»Pater Nau verzog den Mund. «Ich muss heute noch einen Handwerker beerdigen und die Totenmesse lesen. Danach könnte ich.» Er beugte sich nach vorn. «Sag, Heinz, ist der Auftrag wirklich gefährlich?»
Heinz wiegte den Kopf hin und her. «Lebensgefahr besteht wohl nicht. Aber aufpassen musst du schon.»
«Nun, immerhin geht es ja wohl darum, einen Mörder aufzuspüren.»
Der Richter konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. «Was willst du also noch?»
Pater Nau faltete fromm die Hände vor seinem Bauch und zog ein Gesicht wie ein Engel hinter der Harfe. «Ich nehme meinen Freund und Ermittlungsgehilfen Bruder Göck mit.»
«Also gut. Bruder Göck auch noch. Zumindest misstraut euch niemand. Außerdem seid ihr Geistlichen ja dafür bekannt, dass ihr euch für Alchemie interessiert.»
«Den Stein der Weisen und so», erklärte Pater Nau kennerhaft.
Er sah auf das Stundenglas, dann teilte er dem Richter mit: «Ich habe jetzt leider keine Zeit mehr; ich muss Bruder Göck informieren. Gleich nach der Abendmesse werden wir zum Roten Ochsen aufbrechen. Möchtest du noch heute Abend unseren Bericht?»
«Ja, gewiss. Und ich wüsste es sehr zu schätzen, dass ihr mir den Bericht nach Hause liefert.»
Pater Nau verzog den Mund, aber schließlich nickte er.
Der Schultheiß schlich wie geprügelt durch das Rathaus, mit schleppenden Schritten, eingezogenen Schultern und geducktem Kopf. Heute war nicht sein Tag, und es schien ihm besser, möglichst unsichtbar zu sein. Am Morgen hattesein Weib ihm offenbart, dass ihre Schwester samt Kindern in Kürze zu Besuch kommen würde. Eine Unterredung sollte stattfinden, bei der er, der Zweite Bürgermeister, sagen musste, warum er im Hurenhaus gesehen worden war. Von der Nachbarin hatte es seine Frau erfahren müssen, ausgerechnet von dieser Klatschbase, der alten Vettel, hatte sie getobt. Ob sie ihm vielleicht kein gutes Weib sei? Ob er etwas an ihr etwas auszusetzen habe?
Mit zusammengepressten Lippen und heißen Ohren hatte er sich das alles anhören müssen, bis es ihm gelang, etwas von einer dringenden Sondersitzung im Menschenfresserfall zu murmeln und ins Rathaus zu fliehen.
Dort war er ausgerechnet dem Ersten Bürgermeister in die Arme gelaufen. Der hatte ihn gleich beiseite genommen und sich besorgt gezeigt. Ob alles in Ordnung sei? Verlegen hatte er gemurmelt, er als der Zweite Bürgermeister wirke in letzter Zeit, nun ja, wie sollte man sagen, so abwesend. Und dann ausgerechnet diese Menschenfressersache! Er sei doch seinen Aufgaben gewachsen, hoffentlich? Er sei ja noch jung und die Bürde des Amtes vielleicht ein zu schweres Joch. Wie auch immer, Ergebnisse wollte der Erste Bürgermeister sehen. Und das lieber heute als morgen. Denn ob es sich eine Bürgerschaft wie die der Freien und Reichsstadt Frankfurt auf Dauer leisten konnte, einen Schultheißen zu beschäftigen, der sich nicht um frei laufende Mörder scherte, das stünde doch sehr im Zweifel. Und es gäbe einige, die warteten nur auf die Gelegenheit, sich beweisen zu können. Krafft von Elckershausen hatte nur schwach nicken können. Dann war er in seine Kanzlei geschlurft, hatte dort einige Akten studiert, sie zur Seite gelegt, den Schreiber zum Teufel geschickt, den Kopf in die Hände gestützt und gegrübelt.
Wo sollte er, Herrgott im Himmel, den verdammten Mörder hernehmen? Warum hatte dieser Blettner nicht die Klappe halten können? Dann wäre es eben der Kannengießer gewesen und die Sache hätte sich erledigt. Dieses vertrackte Zauberbuch. Davon gab es doch nur dieses eine Exemplar. Und gehörte das nicht eigentlich dem Geheimbund Faustens? Hatte also ein Logenbruder die Hand im Spiel, war in den Mordfall verwickelt, hatte vielleicht gar den Kannengießer auf dem Gewissen? Wenn das so war, musste er ihn dann nicht der Gerichtsbarkeit ausliefern? Aber dann war es endgültig Essig mit dem Goldmachen, dann könnte er den Traum von unermesslichem Reichtum in den Kamin schreiben. Und wenn er nun reinen Mund bewahrte? Wenn das herauskam, wenn er keine Lösung des Falls beibrachte und das hurtig, dann würde die Amtskette des Ersten Bürgermeisters gleich neben dem Traum vom Gold hängen. «Mist! Verfluchter Mist!»
Krafft von Elckershausen schlug mit der Faust auf den Tisch, dass das Tintenfass hüpfte. Er beschloss, dem Richter einen Besuch abzustatten. Es musste doch
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