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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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kommen. Zuerst entscheiden wir über die Strafe des dritten Ehebruchs. Zum Scheidungsantrag lasst uns die Syndici befragen. Sollen die sich mit der Kanzlei des Erzbischofs von Mainz herumärgern.»
    Er setzte sich wieder. Dann wies er mit der Hand auf den Richter und hieß ihn fortfahren.
    Heinz Blettner stellte dem Rat noch die neuesten Gebote und Verordnungen vor, die sich mit dem Recht und Gesetz der Mainstadt befassten. «Ab sofort wird verboten, die Fußdecken auf der Pfingstweide am Grindbrunnen auszuklopfen, weil somit nämlich das weidende Vieh zu Schaden kommen kann.» Die Klage auf Schadensersatz eines Nachtwächters, der beim letzten Gewitter auf seinem Rundgang einen Blumentopf auf den Schädel bekommen und seither Kopfweh hatte, wies er ab. «Ich glaube nicht, dass eine neue Verordnung, die das Aufstellen von Blumentöpfen auf den Fensterbänken untersagt, zu unser aller häuslichem Frieden beiträgt», ließ er verlauten und erntete laute Zustimmung. Damit war die Sitzung geschlossen. Der neue Fall um Arm und Bein steckte noch mitten in den Ermittlungen und kam deshalb vorerst dem Rat nicht zu Ohren.
    Richter Blettner sammelte seine Akten zusammen und überlegte, ob er es vor seinem Treffen mit dem seltsamen Orientalen, der sich so unverblümt in die Ermittlungen eingemischt hatte, noch schaffen würde, in der Ratsschänkeeinen Achtelkrug mit Wein zu leeren, als Krafft von Elckershausen zu seinem Pult trat.
    «Richter, ich habe etwas mit Euch zu bereden», setzte er an. Der Schultheiß zog eine ernste Miene und sah zwei Zunftmeistern nach, die plaudernd und lachend den Ratssaal verließen.
    «Worum geht es?», fragte Blettner.
    «In einer Woche beginnt die Messe. Viele Kaufleute sind jetzt schon in der Stadt. Stündlich werden neue Warenkolonnen erwartet. Es geht nicht an, dass zur gleichen Zeit ein Kannibale hier in unserer Stadt sein Unwesen treibt.»
    Heinz Blettner nickte verständnisvoll. «Ihr habt recht, das ist wahrlich unangenehm.»
    Der Schultheiß kam ganz dicht an den Richter heran. «Mehr als unangenehm», raunte er ihm ins Ohr. «Mehr als das. Tut, was Ihr könnt, um diesen Spuk so schnell wie möglich zu beenden. Immerhin seid Ihr mein bester Mann.»
    Der Richter zog die Schultern hoch: «Ich werde mein Bestes geben, aber ich fürchte, damit komme ich nicht weit.»
    Der Zweite Bürgermeister runzelte die Stirn. «Was soll das heißen, Richter?»
    «Ein schwerer Fall ist das. Wie soll ich ermitteln, wenn ich weder weiß, wem Arm und Bein gehören, noch ob derjenige tot oder lebendig ist, noch wer er überhaupt ist oder war? Ich fürchte, Bürgermeister, hier will gut Ding Weile haben.»
    «Papperlapapp», fuhr der Schultheiß dazwischen. «Weile können wir uns nicht leisten. Der Ruf der Stadt steht auf dem Spiel.»
    Und deiner, mein lieber Schultheiß, dachte Heinz Blettner und legte den Kopf ein wenig schief. Natürlich wussteder Richter ganz genau, dass Krafft von Elckershausen auf den Posten des Ersten Bürgermeisters spekulierte. Außerdem mühte er sich seit Jahr und Tag um Aufnahme in die vornehme Gesellschaft der Alten Limpurg. Als Erstem Bürgermeister konnte man ihm die Mitgliedschaft nur schwerlich vorenthalten.
    «Ich habe einen Einfall», sprach der Richter vor sich hin und kratzte sich am Kinn. «Es wäre vielleicht möglich, aber ach   … nein   … vergesst, was ich gesagt habe.»
    «Nein, nein, ich möchte hören, was Ihr denkt, Richter. Jeder Einfall kann uns nützlich sein.»
    Richter Blettner verzog das Gesicht, als schäme er sich dessen, was er gleich sagen würde.
    «Jetzt lasst Euch nicht alles aus der Nase ziehen, Herrgott», rief Krafft von Elckershausen. «Es geht um mehr, als Ihr Euch vorstellen könnt.»
    Über das Gesicht des Richters huschte ein leises Lächeln, als er sagte: «In der Stadt hält sich gerade ein Fachmann auf, ein Anatom sozusagen, der uns in diesem Falle sicher weiterhelfen kann.»
    «Gut. Also. Worauf wartet Ihr noch?»
    Heinz Blettner holte tief Luft. «Es gibt da ein Problem. Der Mann ist ein Muselmane.»
    «Ein was?» Dem Bürgermeister fiel die Kinnlade nach unten.
    «Ein Muselmane. Ein Sarazene.»
    «Kein frommer Christenmensch also.» Krafft von Elckershausen seufzte und verzog den Mund.
    «Ihr sagt es.»
    Heinz Blettner wartete geduldig und las im Gesicht des Schultheißen. Er sah Angst darin, aber auch Hoffnung, Verachtung und Ausweglosigkeit, Zweifel und Verzweiflung. Inder Stadt hieß es überall, der Vater des Krafft von

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