Höllenknecht
wissen.»
Heinz zuckte mit den Schultern, die Antwort behielt er für sich. Für Hella, dachte er. Für Hella möchte ich alles wissen, was Arvaelo weiß. Ich möchte sie beeindrucken. Sie soll stolz auf mich sein, soll zu mir aufsehen können. Das ist das Wichtigste.
«Wir sollten beginnen», drängte er. Er stand auf, auch Arvaelo erhob sich.
Heinz nahm die Käsestücke und ging, begleitet von dem Sarazenen, aus der Hintertür hinaus in den Hof. Die Magd hatte inzwischen die Hündin angelockt, worum Arvaelo sie vorher gebeten hatte.
Jetzt hielt Heinz Blettner dem Gelehrten ein Käsestück hin. «Zeig mir, was du vorhast.»
Arvaelo nickte. Er hockte sich hin und lockte die Hündin mit dem Käsestück zu sich, ließ sie die Zähne hineinschlagen und zog es ihr wieder weg. Dann stand er auf und zeigte Heinz das Ergebnis. «Sieh», sagte er. «Hier sinddie Abdrücke der Hundezähne. Und hier …», er wühlte in seinem Beutel und brachte eine zusammengefaltete Zeichnung hervor, «… hier ist die Zeichnung, die ich nach den Bissspuren an Arm und Bein angefertigt habe. Vergleiche alles miteinander, und schon kannst du die Hündin als Täterin ausschließen.»
Heinz runzelte die Stirn, besah die Zeichnung und die Käseecke. «Du hast recht. Der Biss der Hündin ist ovaler. Außerdem sind die Abdrücke ihrer beiden Reißzähne deutlich von den anderen verschieden. Aber ich glaubte noch nie, dass sich in dieser Hündin unser Kannibale verbirgt.»
«Die meisten Hunde scheiden aus. Ihr Gebiss ist in der Regel zu schmal», erklärte Arvaelo.
«Wenn ich aber jeden Verdächtigen in ein Käsestück beißen ließe, könnte ich am Ende so den Mörder überführen», sinnierte Heinz weiter.
«Richtig», stimmte Arvaelo zu. «Was aber machst du, wenn der Käse verdirbt, bevor du einen Verdächtigen hast?»
«Hmmm.» Heinz Blettner kratzte sich am Kinn. «Gute Frage.»
Er betrachtete die Hündin, die sich jetzt den restlichen Käse schmecken ließ. Die Magd stand neben ihm und schwatzte drauflos. «Sie frisst alles, was man ihr hinlegt. Ich sollte eigentlich verhindern, dass sie hier herumstreunt. Eure Frau mag sie nicht, aber letztens habe ich ihr die alten Weihnachtsplätzchen gegeben, die ich in einem Kästchen gefunden habe. Stellt Euch nur vor, selbst die hat sie gefressen …»
«Was?», unterbrach Heinz Blettner den Redestrom. «Was hast du gerade gesagt, Minna?»
Die Magd sah ihren Herrn erschrocken kann, schlug sich leicht auf den Mund, murmelte: «Ich sollte mich lieber um meine Arbeit kümmern», und verschwand im Inneren des Hauses.
«Weihnachtsplätzchen hat sie gesagt», wiederholte Heinz für Arvaelo. «Das ist Gebäck, welches es im Advent zu essen gibt. Gebäck aus Mehl und Butter und so. Das hält sich. Monatelang. DAS könnte für die Zahnabdrücke gehen.»
Der Richter sprach weiter: «Und ich weiß auch schon, wer es mir backt. Meine Schwiegermutter, die beste Köchin von ganz Frankfurt. Gustelies Kurzweg!»
Arvaelo nickte erfreut. «O ja, Gustelies. Ich wette, sie kann noch eine ganze Menge anderer Dinge als Kochen und Backen hervorragend.»
«Wie meinst du das?», wollte Heinz wissen, doch Arvaelo lächelte nur.
Dieses Lächeln, dachte der Richter, dieses Lächeln freut mich.
«Ach, ich weiß auch nicht», jammerte Hella und sah ihrer Mutter beim Kochen zu.
Gustelies ließ den Kochlöffel sinken, wandte sich zu ihrer Tochter um. «Was weißt du nicht?»
Sie hatte die Lippen zusammengekniffen, die Augen zu Schlitzen verengt. «Was weißt du nicht?», wiederholte sie, und es klang wie eine Drohung.
«Mit Heinz und mir und überhaupt», erklärte Hella kläglich. «Ich bin so unzufrieden, und ich habe mir alles ganz anders vorgestellt. Nichts ist so, wie es sein soll, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber warum guckst du mich eigentlich so wütend an?»
«Weil du dich gerade aufführst wie eine verzogene Prinzessin», schnappte Gustelies in einem bei ihr vollkommen unüblichen Ton. Hella schrak zurück und schob die Unterlippe ein wenig nach vorn. «Wieso Prinzessin?», fragte sie trotzig.
«Weil du Heinz die Schuld an deiner Unzufriedenheit gibst, anstatt bei dir nach dem Grund zu suchen.»
«Wie soll das denn gehen? Ich meine, was willst du, das ich tue? Und überhaupt. Immer verteidigst du Heinz. Ich bin deine Tochter. Du musst zu mir halten.»
Gustelies setzte sich Hella gegenüber an den Küchentisch. Sie wischte mit der flachen Hand ein paar Krümel weg, dann fragte sie
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