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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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rief sie. «Mach, dass du fortkommst.»
    Die Magd sah sie erstaunt an. «Das ist Putzi. Sie kommt jeden Tag und holt sich die restliche Grütze vom Morgen ab.»
    Hella hielt inne. «Du kennst die Töle?»
    «Natürlich.»
    «Dann sorge dafür, dass sie sich niemals wieder hier sehen lässt.»
    «Aber Herrin, warum denn das? Sie hat noch nie einem Menschen etwas zuleide getan.»
    «Mag sein. Aber vorhin erst hat sie sich einem Rüden mitten auf der Straße hingegeben.»
    «Nun ja», erwiderte die Magd. «Sie ist eine Hündin und läufig dazu. Sie tut das, was die Natur von ihr verlangt.»
    «Was die Natur von ihr verlangt?» Hella konnte es nicht fassen.
    Die Magd nickte und warf einen liebevollen Blick auf die Hündin. Einen Augenblick lang fragte sich Hella, was dieNatur wohl von ihr verlangte, aber sie wollte die Antwort besser doch nicht wissen. Sie erinnerte sich an den guten Wein, den sie hatte kaufen wollen, nahm zum zweiten Mal an diesem Tag den Weidenkorb und sagte der Magd, dass sie auf dem Markt zu finden sei.
     
    Wie an jedem Donnerstag, fand auch heute der Gerichtstag vor dem Rat der Stadt Frankfurt statt. Der Rat bestand aus drei Bänken. In der ersten hatten die Patrizier Platz genommen, die gleichzeitig auch als Schöffen auftraten. Nicht ganz zufällig gehörten diese zumeist der Ganerbschaft der Alten Limpurg an. Auf der zweiten Ratsbank saßen die Patrizier der anderen Gesellschaften, die dritte wurde von den Zunftherren gefüllt. Vor all diesen einflussreichen Männern stand nun Richter Heinz Blettner. Während er die Criminalia der vergangenen Woche vorlegte, hoffte er insgeheim, dass er sich bei dem grauslichen Fund heute Morgen keine Flecken auf sein Wams geholt hatte. Und während er sprach, kratzte er mit dem rechten Fuß auf dem linken herum im Versuch, mit dem Schuhabsatz den Straßenschmutz zu beseitigen.
    Der erste Fall war eine Bitte um Ehescheidung.
    «Laut Ratsprotokoll Nummer 307   Schrägstrich Buchstabe F von 1530», erklärte Blettner dem Rat, «gibt es für eine Ehescheidung, wie sie hier die Emilia Krüger verlangt, nur zwei Gründe. Zum einen ist das Ehebruch, zum anderen das böswillige Verlassen. Emilia Krüger beschuldigt den Ihren, Ottomar Krüger, des mehrfachen Ehebruchs.»
    Heinz Blettner hielt inne und ließ seinen Blick über die Versammlung schweifen. Der Ratsherr Rohrbach hatte seine Hände auf dem Bauch gefaltet. Das Kinn war ihm auf die Brust gesunken, und der Richter glaubte, leiseSchnarchgeräusche zu hören. Eine Reihe weiter hinten tuschelten mehrere Ratsherren miteinander, und ganz oben unterhielten sich ein paar Zunftleute prächtig. Heinz seufzte. Es würde schwer werden, heute rasch zu einem Ratsbeschluss zu kommen. Er räusperte sich und fuhr mit erhobener Stimme fort: «Im letzten Jahr wurde besagter Krüger wegen erstmaligem Ehebruch zu zehn Gulden Strafe verurteilt, dazu kam ein Gulden für den Henker, der auch Schmähgulden genannt wird. Vor vier Monaten musste Krüger wegen erneutem Ehebruch zwanzig Gulden nebst zweier an den Henker bezahlen. Nun schlage ich – dem Gesetz entsprechend – vor, ihn mit Auspeitschen zu bestrafen und der Stadt zu verweisen.»
    Einer von der obersten Zunftbank meldete sich zu Wort. «Ist das nicht wie eine Scheidung?», fragte er mit einem dreisten Lächeln. «Aus den Augen, aus dem Sinn, heißt es doch.»
    Gelächter brandete auf. Sogar die Ratsherren auf den vorderen Bänken konnten ein Lächeln nicht unterdrücken.
    «Nennt es, wie Ihr wollt», erlaubte Blettner freundlich. «Hier geht es aber um das Gesetz. Erst, wenn die Krügerin geschieden ist, kann sie sich neu verheiraten.»
    «Ach, darum geht es also», schrie der erste Mann. «Ihr Mann muss untreu sein, damit sie sich neu verheiraten kann. Warum verweisen wir sie nicht der Stadt?»
    Wieder ertönte vereinzeltes Gelächter. Dann rief einer von der zweiten Bank. «Wo kommen wir denn hin, wenn ein gesunder Mann, der gut im Saft steht, mit nur einer Frau auskommen soll? Was, wenn die eigene immer Kopfschmerzen oder einen trockenen Schoß hat? Soll der Mann sein Lebtag lang leiden? Sollen wir uns den Saft ausden Rippen schwitzen, nur weil die Holde keinen Gefallen an der Natur findet?» Er lachte meckernd, aber als Heinz Blettner ihn ins Auge fasste, hörte er auf.
    Der Zweite Bürgermeister und Schultheiß Krafft von Elckershausen stand auf und klopfte mit einem Holzhammer auf sein Pult. «Ich bitte um Ernsthaftigkeit», ermahnte er. «Wir sollten zu einem Urteil

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