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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Mir. Weder Frau Gustelies Kurzweg noch Frau Hella Blettner oder Herrn Pater Nau. Der Junge ist verdächtig und Punkt.»
    Jetzt beugte sich auch der Pater nach vorn. «Aha. Und wessen verdächtigst du ihn?»
    Heinz Blettner schwieg.
    «Oder willst du ihn etwa nur im Verlies behalten, um dem Schultheiß etwas vorweisen zu können? Soll der arme Kerl als Aushängeverdächtiger herhalten?»
    Der Richter lehnte sich zurück und grinste. Pater Nau grinste zurück.
    «Also, was wollen wir tun?»
    Heinz Blettner seufzte. «Ich habe mit dem Jungen den Bisstest gemacht. Er hat in ein Plätzchen beißen müssen, und ich habe seinen Zahnabdruck mit den Bisswunden am Arm und Bein verglichen. Es sieht nicht so aus, als käme er als Täter in Frage. Andererseits brauchen wir einen Verdächtigen. Was also schlägst du vor?»
    «Ich schlage dir vor, den Exorzismus so bald wie möglich und mehr oder weniger öffentlich abzuhalten.»
    «Was? Öffentlich? Hast du nicht immer betont, dass eine Teufelsaustreibung in Ruhe geschehen muss? In Ruhe und hinter verschlossenen Türen?»
    «Du hast recht, Heinz, aber du hast selbst gesagt, dass wir handeln müssen und dass du dem Schultheiß was vorweisen musst. Diese ganze Stadt glaubt an den Teufel. Warumalso sollen wir ihn nicht mit dem Beelzebub austreiben? Am besten vor aller Augen, denn so ist der Junge am besten geschützt.»
    Das Grinsen auf Heinz Blettners Gesicht verstärkte sich. «Dann gehe ich mal und befreie deine Schwester aus dem Verlies», erklärte er. «Wenn hier bald eine Kutsche hält, dann öffne einfach die Tür zum Pfarrhof.»
    Mit diesen Worten verließ der Richter das Haus.
    Unterwegs aber entschied sich Heinz Blettner um. Er war gerade auf Höhe der Ratsschänke, als er sich überlegte, dass es unklug wäre, in dieser Situation mit seiner Schwiegermutter zusammenzutreffen. Besser war es wohl, die Büttel würden sie gemeinsam mit dem Jungen aus dem Verlies befreien und in einem Wagen nach Hause geleiten. Er drehte um, stapfte in den Römer und gab die entsprechenden Anweisungen. Nur eine Viertelstunde später saß er in der Ratsschänke, um noch rasch einen Schlummertrunk zu sich zu nehmen.
    Die halbe Kanne war schon leer, als der Sarazene in der Schänke auftauchte. «Nun, mein Freund, ich ahnte schon, dass ich dich hier treffe.» Arvaelo ließ sich neben dem Richter auf die Bank sinken, und Heinz bestellte einen zweiten Becher. «Ich habe eben an dich gedacht, Morgenländer. Was hältst du davon, wenn du mir ein wenig Unterricht erteilst?»
    «Unterricht worin? Im Taubenschlachten vielleicht?» Arvaelo hatte die Unterarme auf den Tisch gelegt und sah Heinz aufmerksam an.
    «Nein, nein. Du hast doch selbst gesehen, auf welche Art und Weise wir hier in Frankfurt ermitteln. Mit Mühe und Not habe ich durchgesetzt, dass ein neuer Leichenbeschauer in den städtischen Dienst übernommen wird. Aberob Eddi wirklich eine so große Hilfe ist? Na ja, egal, ich kann ihn gut leiden. Er muss auch sein Auskommen haben. Ist schließlich nicht seine Schuld, dass er kein Blut sehen kann. Einen Mann von deinem Format könnte sich die Stadt Frankfurt nicht leisten. Trotzdem wäre dein Wissen vonnöten. Was meinst du? Hast du Lust, mir etwas davon zu vermitteln? Und wird das sehr viel kosten?»
    Arvaelo lächelte. «Wissen ist unbezahlbar, mein Freund. So sagt ein altes persisches Sprichwort. Deshalb gibt man es kostenlos ab. Was willst du lernen?»
    «Hmm.» Richter Blettner stemmte die Ellbogen auf den Tisch. Das Schankmädchen kam vorüber, tippte Heinz auf die Schulter. «Ihr müsst langsam austrinken. Gleich beginnt die Sperrstunde.»
    «Ist gut, Mädchen.»
    Dann wandte er sich an Arvaelo. «Was hältst du davon, wenn du mir zuerst erklärst, wie man anhand bestimmter Wunden herausfindet, auf welche Art und Weise sie entstanden sind?»
    «Eine gute Idee. Woher aber willst du die Verwundeten nehmen?»
    «Aus dem Spital des Deutschherrenordens auf der anderen Seite des Mains. Dort liegen die, die aus den Kriegen zurückgekehrt sind. Erst kürzlich hat unsere Stadt wieder vierzig Reiter, fast dreihundert Fußknechte, ein paar erfahrene Büchsenmeister und fünfzig Zentner Pulver gegen die Türken bei Wien geschickt. Kaiser Karl   V. hat darum ersucht. Ich wette, die Ersten von ihnen sind bereits verletzt zurück.»
    Wieder kam das Schankmädchen und forderte die Männer auf, ihre Becher zu leeren. Von draußen erschallten bereits die Rufe der Nachtwächter.
    «Bis morgen»,

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