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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Gruß zurück und schickte sich an, den Roten Ochsen zu verlassen, doch Hella hielt ihn zurück.
    «Sagt, Herr Wirt, ist es wahr, dass der Zerstückelte Gast in Eurem Hause war?», platzte sie mit der Frage heraus.
    Der Wirt brummelte etwas, das Hella nicht zu deuten wusste.
    «Wie bitte? Ich habe Euch leider nicht verstanden.»
    «Hm, war hier.»
    «Ich dachte es mir schon», sprach Hella unbeirrt weiter. «Sagt, habt Ihr nicht daran gedacht, zum Malefizamt zu gehen?»
    «Mag keine Amtsstuben.»
    «Nun, das verstehe ich. Mir geht das mit den Amtsinhabern so. Trotzdem. Wenn Ihr verschweigt, dass Ihr wisst, wer der Mann ist, macht Ihr Euch verdächtig.»
    Schorsch drehte sich um und sah sie mit gerunzelter Stirn an. Es war ihm deutlich anzusehen, dass dieses Argument ihn überzeugte. Aber musste es ausgerechnet von einer Frau kommen?
    «Wollt ohnehin grad dorthin», brummte er.
    Im selben Augenblick kam seine Frau dazu. «Zum Amt willst du? Das ist gut. Das ist richtig.»
    Sie klopfte ihm beschwichtigend auf den Arm und gab ihm sogar einen Kuss auf die stoppelige Wange.
    Der Gehilfe, der in der Küche stand und mit einem Tuchdie Grützeschüsseln trocken rieb, lächelte. Hella stutzte. Es war ein eigentümliches Grinsen. Ob der Gehilfe mehr wusste, als er sagte? Sie nahm sich vor, mehr auf ihn zu achten.
    Der Wirt verließ die Gaststube, das Frühstück war bereits abgeräumt. Hella stand auf, rückte Kleid und Haube zurecht und machte sich auf den Weg zur Liebfrauenkirche. Sie hoffte natürlich, dass der Wirt wirklich zum Malefizamt gehen würde, aber es konnte sicherlich nichts schaden, wenn auch Gustelies Bescheid wusste.
    Doch das Pfarrhaus war verschlossen. Hella klopfte noch einmal, aber weder hinter der Tür noch hinter den Fenstern regte sich etwas. Unschlüssig stand sie auf der Gasse. Vielleicht sollte sie versuchen, erst einmal noch etwas mehr über das Zauberbuch in Erfahrung zu bringen? Schon machte sie sich auf in das Messegetümmel.
    Noch immer war die Messe im vollen Gange, und Hella musste sich durch das Gedränge kämpfen. Obwohl sie keine Eile hatte, nahm sie sich nicht die Zeit, an den Ständen stehen zu bleiben und sich nach den neuesten Moden zu erkundigen. Etwas trieb sie voran. Durch die Neue Kräme stürmte sie regelrecht, sodass die Leute ihr auswichen. Als sie über den Römerberg ging, warf sie einen Blick auf das Fenster des Malefizamts, hinter dem sich Heinz’ Büro verbarg, doch auch dieses war geschlossen. Ein Stich durchfuhr sie. Wo war er? Um diese Zeit war er immer im Amt. Ob er etwa mit Felicitas von Brasch zusammen war? Am Ende gar bei einem gemeinsamen Frühstück? Schnell verdrängte Hella diesen Gedanken und schob einen kleinen Jungen, der ihr vor den Füßen herumlief, energisch zur Seite.
    Schon lag der Römerberg hinter ihr, schon eilte sie durch die Mainzer Gasse, und schon hatte sie die Buchgasseerreicht. Sie fand die Buchdruckerin Angelika am selben Platz wie vor wenigen Tagen.
    «Grüß Euch Gott, Richtersfrau», sagte Angelika, setzte sich auf ein Fass, legte die Hände in den Schoß und ließ die Beine baumeln. «Was kann ich heute für Euch tun?»
    Sie deutete mit der Hand auf ein Fass, das neben ihr stand, aber Hella blieb lieber stehen.
    «Habt Ihr etwas über das Zauberbuch in Erfahrung bringen können?»
    «Ihr meint ‹Dr.   Faustus’ dreifacher Höllenzwang›?»
    «Ebendas.»
    «Nun, alle haben davon gehört, aber niemand hat es je zu Gesicht bekommen.»
    Hella verzog das Gesicht.
    «Deswegen braucht Ihr keine enttäuschte Miene zu machen», stellte die Druckerin fest und lachte.
    «Habt Ihr doch noch mehr gehört?»
    Angelika nickte. «Es soll, erzählt man sich, in Frankfurt eine geheime Loge geben. Eine Loge derer, die sich mit Zauberei und insbesondere mit Doktor Faustus beschäftigen. Ich weiß nicht, ob Euch bekannt ist, dass es ihn tatsächlich gegeben haben soll.»
    Hella nickte, und die Buchdruckerin sprach weiter: «Jedenfalls nennen sie sich ‹Doktor Faustens Loge›. Sie tagen einmal wöchentlich. Sogar einige Würdenträger der Stadt sollen dabei sein.»
    «Und wisst Ihr auch, wo?», fragte Hella.
    Die Druckerin schüttelte den Kopf. «In einer Herberge mit Schankwirtschaft, habe ich gehört. Irgendwo im Norden der Stadt.»
    «Das kann im Dorf Bornheim sein, das kann aber auch nur die Schnurrgasse sein», stellte Hella fest.
    Angelika zuckte mit den Achseln. «Jedenfalls soll der Wirt der Vorsitzende dieser Loge sein.»
    «Hmm», machte Hella.

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