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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Wahrscheinlich hat er einen Schreiber hinter ein Pult gestellt, der jede einzelne Anzeige aufnotieren soll. Meist reicht das schon.»
    Jutta nickte gedankenvoll, dann seufzte sie aus tiefster Seele. «Wenn ich darüber nachdenke, dann fallen mir ein Haufen Leute ein, dir mir noch Geld schulden, mich betrogen oder schlecht über mich gesprochen haben.» Siestützte das Kinn in die Hand und sah nachdenklich zu der Schlange hinüber.
    Auch Gustelies bekam auf einmal einen nachdenklichen Blick. Sie dachte an Klärchen Gaube, die «gute Haut», die den Kuchenwettbewerb gewonnen hatte. Was wäre, wenn ich jetzt dort hinüberginge, mich in die Schlange einreihte und dreist behauptete, das Klärchen habe Zauberzeugs in ihren Kuchen gebacken und wer so etwas täte, der fräße auch kleine Kinder? Gustelieses Gesicht verzog sich, wurde plötzlich heiter. Ach, sie sah die Büttel direkt vor sich, die an die Tür der «guten Haut» klopften und Klärchen mit bemehlten Händen und befleckter Schürze vom Backrohr weg direkt in das Verlies bringen würden. Bei Wasser und schimmligen Brot müsste die gute Haut dort das Mariä-Geburt-Fest verbringen, während sie, Gustelies, alle Artigkeiten für ihre Backkunst einheimsen würde. «Ach», stöhnte sie glücklich.
    «Hach», schloss sich Jutta an.
    Dann schlug die Erste die Augen auf, sah die andere und wurde ein bisschen rot. Die öffnete ebenfalls die Augen, schluckte und sagte: «Ich muss dann mal weiter.»
    Gustelies würdigte die Verleumder bei ihrem Weg am Malefizamt vorbei keines Blickes. Es ist, wie es immer ist, dachte sie. Kaum geschieht in der Stadt ein Verbrechen, tauchen all diejenigen auf, die mit anderen noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Aber anstatt ihre Händel von Angesicht zu Angesicht auszutragen, müssen sie ihre Gegner anzeigen. Wahrscheinlich erfährt Heinz heute, dass jeder Zweite einen Nachbarn hat, dem Menschenfresserei durchaus zuzutrauen ist.
     
    Der Henker hatte die Leichenteile so hingelegt, dass der ursprüngliche Körper des Mannes gut zu erkennen war. Der Tote stank entsetzlich. Fliegen schwirrten umher, legten ihre Eier in sämtliche Körperöffnungen. Maden hatten sich in das Fleisch gebohrt. Der Rumpf war aufgequollen und mit Fäulnisblasen überdeckt.
    Arvaelo tat wieder, als würde er nichts riechen. Er wies mit der Hand auf den Kopf. «Schau hier, glatte Wundränder. Der Kopf ist säuberlich abgetrennt worden. Mit einer Axt, einem Beil vielleicht, womöglich auch mit einem Schwert, einem Säbel oder einfach mit einem Schlachtermesser.»
    Der Schreiber stand in der Ecke und führte den Griffel zitternd über die Tafel. Er wirkte selbst mehr tot als lebendig. Selbst der Henker, der einiges gewohnt war, hob ab und zu die Branntweinflasche an die Lippen, nahm einen kräftigen Schluck und gab auch Eddi Metzel davon ab.
    Der Leichenbeschauer hatte für Verwirrung gesorgt, als er gleich bei seinem Eintreffen fragte, warum sich alle so sicher wären, dass ein Mensch die Bisse angebracht hatte und keines der Wald- oder Haustiere.
    Der Henker, dem auch Wilderei nachgesagt wurde, hatte die Augen verdreht. «Von den Waldtieren gehen nur Wildschweine und Wölfe an Menschen. Und auch nur, wenn sie sehr hungrig sind. Dann reißen sie mit ihren Fangzähnen ganze Fleischbatzen heraus. Ein Abdruck wäre schwer zu erkennen. Außerdem haben Wildschweine ein vorne schmaleres Gebiss, und Wölfe ebenfalls.»
    «Was ist mit großen Hunden?», ließ der Leichenbeschauer nicht locker.
    Wieder sahen alle den Henker an. Der wiegte den Kopf hin und her. «Die Gebissform stimmt nicht. So ist es, undso bleibt es. Da könnt Ihr meinetwegen die ganze Tierwelt aufzählen.»
    «Na, dann ist es ja gut», erwiderte Eddi friedfertig und sah den Sarazenen auffordernd an.
    «Interessant ist der Kopf», erklärte Arvaelo und winkte Heinz Blettner näher heran. Er nahm ihm den Griffel aus der Hand und zog damit eine Linie über den Kopf des Toten. «Hier verläuft normalerweise die Hutkrempe, nicht wahr?»
    Der Schreiber, der Henker und Eddi Metzel waren ebenfalls näher getreten. Alle vier nickten. Arvaelo sprach weiter: «Jetzt erkläre ich euch die sogenannte Hutkrempenregel. Also, passt auf. Ihr seht hier eine Wunde oberhalb der Hutkrempe.» Wieder nickten die vier.
    «Das deutet darauf hin, dass der Mann durch einen Schlag von oben getötet wurde. Ein klassischer Mordanschlag sozusagen. Finden sich Verletzungen unterhalb der Hutkrempe, so sind diese in den allermeisten Fällen

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