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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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schautest du auf dein Todesurteil.«
    » Es war nichts«, erklärte Nightingale.
    » Ich meine es ernst, Jack. Wage nicht, mich anzulügen.«
    » Es ist eine lange Geschichte.«
    » Ich habe alle Zeit der Welt.«
    Nightingale seufzte. » Okay. Ich dachte, dort steht, dass der Teufel mich holen wird. Das stand dort, als ich den Zettel zum ersten Mal gelesen habe.«
    » Dass der Teufel dich holen wird?«
    » Genau. Dass der Teufel mich, Jack Nightingale, holen wird.«
    » Dann hast du dich also verlesen. Das ist ja nicht schlimm.« Sie runzelte die Stirn. » Diese Worte bedeuten etwas, oder?«
    » Mein Onkel hat sie geschrieben, bevor er gestorben ist. Mit Blut. In seinem Badezimmer.«
    Jenny keuchte auf. » Warum hast du mir das nicht früher erzählt?«
    » Weil… Ich weiß es nicht, Jenny. Ich dachte, vielleicht hätte ich es mir nur eingebildet. So wie ich es mir gerade eben eingebildet habe, als ich den Zettel gelesen habe.«
    » Warum sollte dein Onkel behaupten, dass der Teufel dich holen wird?«
    » Ich habe keine Ahnung. Aber diese Worte tauchen immer wieder auf.«
    » Seit wann?«
    » Wie schon gesagt, das ist eine lange Geschichte.«
    » Jack…«
    » Okay, okay«, sagte Nightingale. Er legte seufzend den Kopf in die Hände. Er hatte Jenny nie von Sophie Underwood oder dem erzählt, was ihrem Vater zugestoßen war. Das war nichts, worüber er gerne sprach, aber als er nun in dem chinesischen Restaurant saß und auf das bekleckerte Tischtuch starrte, erzählte er ihr alles, was an jenem kalten Novembervormittag geschehen war. Oder zumindest alles, an das er sich erinnern konnte.
    » Ehrenwort, Jenny, ich kann mich nicht erinnern, wie es mit dem Vater war. Ich weiß einfach nicht, ob er gesprungen ist oder ob ich ihn gestoßen habe. Es gibt da eine Lücke in meinem Gedächtnis, nur ein paar Sekunden lang, aber wie oft ich das Geschehen auch Revue passieren lasse, ich erinnere mich nicht, was geschehen ist. Es fühlt sich so an, als hätte ich ihn gestoßen– ich weiß, dass ich das wollte, und ich weiß, dass er es verdient hatte, auf die gleiche Weise zu sterben wie Sophie, aber ich kann mich nicht erinnern, ob ich es wirklich getan habe. Haften geblieben ist bei mir nur das, was er zu mir gesagt hat. Oder eher, was er geschrien hat.« Er zwang sich zu einem Lächeln. » Er hat mich angeschrien, dass der Teufel mich holen werde. Es war kein Fluch und keine Beleidigung, sondern es war, als teilte er mir eine Tatsache mit.«
    » So was sagt man eben, Jack.«
    Nightingale schüttelte den Kopf. » Er hat es so gemeint. Und ich erinnere mich so deutlich daran, als stünde er jetzt unmittelbar vor mir. Aber ich kann mich nicht erinnern, was danach passiert ist. Meine Erinnerung setzt erst wieder ein, als ich unten bin und zu meinem Wagen gehe. Er hat diese Worte gesagt, und ich habe sie gerade eben gesehen, auf dem Schicksalsspruch in meinem Keks.«
    » Aber sie stehen nicht dort, Jack.«
    » Nein, jetzt nicht mehr. Aber sie haben dort gestanden, als ich vorhin auf den Zettel geschaut habe. Wirklich, Jenny. Das schwöre ich.«
    » Vielleicht spielt dein Unterbewusstsein dir einen Streich. Du hast von Robbies Tod erfahren, deswegen hast du an plötzliche Todesfälle gedacht, und dein Unterbewusstsein hat das, was vor zwei Jahren passiert ist, hochgeholt und mit dem Rest vermischt.«
    » Seit wann bist du denn Psychologin?«
    » Das sagt einem der gesunde Menschenverstand. Wir stehen beide unter Stress, seit wir herausgefunden haben, was Robbie zugestoßen ist. Und Stress stellt manchmal komische Dinge mit einem an.«
    Nightingale leerte sein Bier. » Ich kann immer noch nicht glauben, dass Robbie tot ist. Weißt du, ich habe ihn beinahe zehn Jahre gekannt. Wir waren zusammen am Hendon College.«
    » Er war ein netter Kerl«, sagte Jenny.
    » Er war ein besserer Polizist als ich«, meinte Nightingale. » Und auch ein besserer Mensch. Ein Ehemann und Vater. Er hat es nicht verdient, so zu sterben.«
    » Keiner verdient es zu sterben«, gab Jenny zurück. » Es war einfach ein dummer Unfall.«
    » Er hat mir gerade eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen, als ihn das Taxi überfuhr«, sagte Nightingale. » Wenn ich abgenommen hätte, wäre der Unfall vielleicht nicht passiert. Möchtest du noch ein Bier? Eins für den Weg?«
    Jenny schüttelte den Kopf. » Nein, danke«, sagte sie. » Es war ein Unfall, Jack. Du musst aufhören, dir selbst die Schuld zu geben. Und wenigstens ist es schnell gegangen. Er hat nicht

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