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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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es versuchen«, sagte er.
    Ihr Essen kam. Eine halbe Pekingente, mit Sellerie gebratene Kammmuscheln, Hähnchen mit Cashew-Nüssen, Pak Choi in Austernsauce und Reis. Eine alte chinesische Dame, deren Knoten von zwei scharlachroten Stäbchen gehalten wurde, kam zum Tisch, sprach auf Chinesisch mit Jenny und ging kichernd weg.
    » Was ist so komisch?«, fragte Nightingale, der mit seinen Stäbchen kämpfte.
    » Sie wollte wissen, ob du mein Mann bist.«
    Um ein Haar hätte er die Stäbchen zerbrochen » Und was hast du ihr gesagt?«
    » Ich habe ihr erzählt, du seist mein Vater.«
    » Was? Ich bin doch nur… Wie viel älter als du bin ich eigentlich?«
    » Du hast meinen Lebenslauf tatsächlich nicht gelesen, stimmt’s? Ich bin fünfundzwanzig. Und du wirst nächste Woche dreiunddreißig. Also…?«
    » Ich bin also acht Jahre älter. Das macht mich wohl kaum zum potenziellen Vater, oder?«
    » Jack, das war doch nur ein Scherz. Und hättest du gerne Messer und Gabel?«
    » Ich komme schon zurecht, danke«, sagte Nightingale. Er manövrierte ein Stück Huhn bis halb zum Mund, bevor es von seinem Stäbchen herunter auf das Tischtuch fiel.
    » Es ist keine Schande, wenn man nicht mit Stäbchen umgehen kann«, sagte sie, nahm geschickt eine Cashewnuss auf und schob sie in den Mund.
    » Na ja, du bist ja offensichtlich eine halbe Chinesin«, sagte Nightingale.
    » Ich sagte, dass ich ein paar Jahre in Hongkong gelebt habe. Ich bin nicht dort zur Welt gekommen«, erwiderte sie. » Mein Vater hat dort für eine der großen Handelsfirmen gearbeitet.«
    Eine Kammmuschel fiel in das Pak Choi. » Dann kann ich die Chinaexpertin nur fragen: Wenn die inzwischen wissen, wie großartig Messer und Gabel sind, warum machen sie dann nicht allmählich mal Schluss mit diesen verdammten Stäbchen?«
    » Tradition«, erklärte sie.
    » Na, die haben doch auch andere Traditionen geändert, oder? Sie benutzen keine Rikschas mehr, tragen keine Mao-Anzüge und haben ohne weiteres Esel durch Autos ersetzt, warum sind sie also nicht vernünftig und tauschen die Stäbchen gegen benutzerfreundlicheres Esswerkzeug aus?« Er gab der Kellnerin einen Wink, ihnen noch zwei Bier zu bringen. Sie lachten, diskutierten, aßen und sprachen über alles, außer dem einen, woran sie tatsächlich dachten: Robbie Hoyle.
    Als sie ihre Mahlzeit beendet hatten, stellte eine Kellnerin einen Unterteller auf den Tisch. Darauf lagen die Rechnung und zwei Glückskekse. Nightingale nahm einen zwischen Daumen und Zeigefinger. » Na, hoffentlich ist etwas Gutes darin.«
    » Lotteriezahlen wären schön«, sagte Jenny.
    Nightingale grinste. Er zerdrückte den Keks und ließ die Krümel aufs Tischtuch fallen. Dann entrollte er den Papierstreifen und sah auf den getippten Satz. Das Lächeln gefror ihm auf den Lippen. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben und die ganze Welt wäre auf die sieben Worte zusammengeschnurrt, die er in der Hand hielt. » DER TEUFEL WIRD DICH HOLEN , JACK NIGHTINGALE .«
    » Jack, was ist los?«, fragte Jenny und beugte sich über den Tisch vor.
    Nightingale konnte die Augen nicht von dem getippten Schicksalsspruch wenden. Er hielt ihn so fest, dass sein Zeigefinger und Daumen ganz weiß wurden.
    » Jack?«, fragte Jenny. Sie streckte die Hand aus und nahm ihm den Papierstreifen ab. Nightingale sackte auf seinem Stuhl zusammen, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie las und lächelte. » So schlecht ist das doch gar nicht«, sagte sie. »› Glaub einem Fremden nie aufs Wort, aber bedenke, dass auch Freunde lügen können.‹ Ein guter Rat, wenn du mich fragst.«
    Nightingale schnappte sich den Zettel. › GLAUB EINEM FREMDEN NIE AUFS WOR T , ABER BEDENKE , DASS AUCH FREUNDE LÜGEN KÖNNEN .‹ Nightingale wischte sich mit der linken Hand übers Gesicht, blinzelte ein paarmal und las den Spruch erneut.
    » Jack, was ist los?«
    Nightingale drehte den Papierstreifen um. Die Rückseite war leer.
    » Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    Er warf den Spruch auf den Tisch. » Ich bin einfach nur müde«, sagte er. » Meine Augen haben mir einen Streich gespielt.«
    » Was dachtest du denn, was da steht?«
    » Nichts.«
    » Lüg mich nicht an, Jack.«
    Nightingale massierte seine Nasenwurzel. » Ich bin einfach nur müde, Kindchen.«
    » Spar dir das Kindchen«, sagte sie. Sie griff nach dem Papierstreifen. » Das ist der normale Quatsch, den man immer in solchen Keksen findet, aber als du den Zettel gelesen hast, war es, als

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