Hoellennacht
gefolgt. Winkte, ohne sich umzusehen. Dann schimmerte die reale Welt auf, krümmte sich in sich selbst zurück, und die beiden waren verschwunden. Der Wind erstarb allmählich, und die Bäume raschelten nicht mehr. Der Nebel hatte sich verzogen, und er konnte den Garten wieder sehen. Zwei von Mitchells Leibwächtern standen in der Nähe der Gartenmauer unter einer Weide und kratzten sich am Kopf. Einer hielt eine Leine in der Hand, aber ein Hund war nicht zu sehen.
Nightingale nahm sein Päckchen Marlboro heraus und steckte sich eine Zigarette an. Er inhalierte den Rauch tief und genoss das Gefühl, wie das Nikotin in sein Blut eindrang. Er spürte, dass er noch am Leben war. Er blies einen Rauchring zum Mond hinauf und lächelte in sich hinein. » Ist doch ganz gut gelaufen«, brummte er. » Alles in allem.«
77
Fünf Kerzen waren um den Rand des runden Tisches verteilt, und Nightingale steckte eine nach der anderen an. » Sehr romantisch«, sagte Jenny.
» Wenn du das hier nicht ernst nimmst, mache ich es alleine«, sagte Nightingale.
» Wie kann man denn ein Ouija-Brett allein verwenden?«, fragte Jenny verächtlich. » Dabei geht es doch gerade um die gemeinschaftliche Anstrengung.«
Nightingale ging die Treppe hinauf, schaltete das Licht aus und kehrte in den Keller zurück. Er hatte das Ouija-Brett in der untersten Schublade von Goslings Schreibtisch gefunden. Es war ein vom Alter rissig gewordenes Eichenbrett. Die Worte › Ja‹ und › Nein‹ standen oben in den Ecken, und die Buchstaben des Alphabets waren in der Mitte in zwei Reihen in Gold eingeprägt. Unter den Buchstaben standen die Ziffern Null bis Neun in einer Reihe sowie › Lebwohl‹.
Der Zeiger bestand aus Elfenbein oder Knochen, fühlte sich kühl an und war so glatt wie Marmor. Nightingale hatte das Brett auf einen runden Tisch in der Mitte des Kellers gelegt und eine Glasvase mit frisch gepflückten Blumen und ein Glas destilliertes Wasser dazugestellt. Dann hatte er die fünf großen Kirchenkerzen um den Rand des Tischs aufgestellt. Er nahm eine kleine Schale mit Salbei, verstreute das Kraut über die brennenden Kerzen und gab auch etwas davon auf das Brett und den Zeiger. Er hatte außerdem Schalen mit geweihtem Salz und Lavendel vorbereitet und verstreute beides über dem Brett. Dann nahm er zwei Holzstühle und stellte sie nebeneinander vor den Tisch. Er forderte Jenny mit einem Wink auf, sich zu setzen. » Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?«, fragte sie.
» Das bekommen wir nur heraus, wenn wir es versuchen«, antwortete Nightingale und setzte sich. » Komm schon, setz dich. Ich beiße nicht.«
» Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht«, sagte sie und setzte sich. Sie blickte auf die Kerzen. » Sollten wir keinen Schutzkreis zeichnen oder so?«
» Wir beschwören hier keine Dämonen«, erklärte Nightingale.
» Das stimmt«, erwiderte Jenny. » Wir reden ja nur mit den Geistern der jüngst Verstorbenen.«
» Entspann dich«, sagte Nightingale.
» Du hast leicht reden«, meinte Jenny. » Warum benutzt du das Salz und die Kräuter und das alles?«
» So macht man es eben.«
» Und die Blumen und das Glas Wasser?«
» Geister lieben Blumen und Wasser.«
» Was ist mit denen, die Heuschnupfen haben? Oder mit denen, die an Tollwut gestorben sind?«
Nightingale sah sie streng an. » Du musst das hier ernst nehmen, sonst funktioniert es nicht«, wiederholte er. » Wenn es am Tisch negative Energie gibt, kommen die Geister nicht.«
» Das ist doch was für Kinder, Jack, ein Spiel.«
Nightingale schüttelte den Kopf. » Ich habe einige von Goslings Büchern darüber gelesen, und das Ganze ist eine todernste Angelegenheit«, erklärte er. » Im Laufe der Jahre ist es zum Spiel verkommen, man nimmt es nicht mehr ernst, aber das Ouija-Brett ist eine ernstzunehmende Methode, mit den Geistern in Verbindung zu treten.« Er griff nach ihren Händen. » Schließe die Augen«, sagte er.
» Das soll wohl ein Scherz sein.«
» Jenny, tu einfach, was ich dir sage. Tu es wenigstens mir zuliebe.«
Jenny schloss die Augen. Nightingale begann zu sprechen, klar und laut. Seine Stimme hallte durch den Keller. » Im Namen Gottes, Jesu Christi, der großen Bruderschaft des Lichts und der Erzengel Michael, Raphael, Gabriel, Uriel und Ariel, bitte beschützt uns während dieser Sitzung vor den Kräften des Bösen. Lasst dieses Brett und die hier Versammelten nur von Licht umflossen sein, und gebt, dass wir nur mit den
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