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Hoellenprinz

Hoellenprinz

Titel: Hoellenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zara Kavka
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Strichmännchen stehen im Rampenlicht.
    Das eine Männchen ist etwas größer und das andere ist dick, wie Lukas, und es trägt seine Brille und hat seine Nase. Es ist Lukas mit einem Hollywoodstar.
    Der Star überreicht ihm den Oscar.
    Unzählige Ärmchen erscheinen im Vordergrund, die Masse jubelt und ruft seinen Namen im Chor.
    Schnitt.
    Ein anderes Strichmännchen, das Daniel ähnelt, sitzt alleine vor einem Fernseher und schaut sich die Oscarverleihung an. Es weint. Das Zimmer füllt sich mit Tränen. Der Fernseher, die Lampe und der Tisch werden hinausgeschwemmt. Zum Schluss sogar das Sofa, zusammen mit dem Strichmännchen. Schnitt.
    Das dicke Strichmännchen sitzt alleine an einer Bar und glotzt auf den vor ihm stehenden Oscar. Es trinkt aus einer Flasche und weint. Im Hintergrund tanzen Strichmännchen in glitzernden Kleidern und schicken Anzügen. Fotoapparate blitzen. Der Saal füllt sich mit Tränen. Die Band, die Tanzenden, alle Tische und Stühle werden hinausgeschwemmt. Und zum Schluss auch die Bar mit dem dicken Strichmännchen. Schnitt.
    Die Bar und das Sofa treiben aufeinander zu und treffen sich auf dem Ozean, dem Ozean der Tränen. Die beiden Männchen hüpfen vor Freude, umarmen und küssen sich. Der Tränenfluss versiegt, das Wasser verschwindet und zum Vorschein kommt eine wunderschöne Insel, auf der die beiden zu einem Strich verschmelzen.
    Wom-Wom-Wom.
    Da, endlich! Sophie beendete ihre Serienglotzlethargie und zog sich aus. Er spulte ein Stück zurück und drückte auf Cut-Anfang. Dann ließ er den Film weiterlaufen. Sophie zog das T-Shirt über ihren Kopf, schmiss es über die Lehne des Schreibtischstuhls, machte die üblichen Verrenkungen, um den BH aufzumachen, schaffte es schließlich und schmiss auch den über die Lehne. Ihre Jeans hatte sie noch an, aber wenigstens obenrum war sie nackt. Hoffentlich schaute sie sich jetzt ein bisschen in ihrem Spiegel an. Sie schien ein Problem mit ihrem Busen zu haben. Den hatte sie bei einer Nacktszene im ersten Film in ihrem großen Standspiegel lange betrachtet, von allen Seiten, ihn sogar in die Hand genommen, hochgehoben, geknetet. Ihr Gesichtsausdruck war dabei alles andere als glücklich gewesen. Der Hagere hatte ihnen später gesagt, dass ihm die Sequenz sehr gefallen hätte. Aber kein Vergleich zu der Szene in Sophies Bett mit dem Baumann. Die hatte den Hageren sogar regelrecht ins Schwärmen gebracht. Lukas drehte sich der Magen um. Er durfte das hier eigentlich nicht weitermachen. Es war perverser als pervers. Aber er hatte Angst. Der Typ würde ihn auffliegen lassen, in alle Richtungen. Und zum Hageren würde keine einzige Spur führen, alle nur zu ihm und Daniel. Der war ein Profi. Und außerdem … Ihm lief ein eiskalter Schauer über den Rücken bei dem Gedanken an diese widerliche Situation. Der Hagere hatte ihn kurz nach der ersten Übergabe auf dem Schulweg abgefangen und erpresst. Lukas war so bescheuert gewesen, alte Daten nicht vom Stick gelöscht zu haben. Daten, die sein Innerstes nach außen kehrten. Der Hagere wusste definitiv zu viel von ihm. Lukas hatte keine Chance.
    Mist! Sophie zog sich das Pyjamaoberteil an. Er spulte zurück, zoomte den Busen heran, schnitt, zoomte, spielte weiter, kopierte, schnitt. Viel war aus dieser kurzen Aktion nicht rauszuholen, aber wenigstens etwas. Er stellte den Nacktmoment auf Slow Motion und verlängerte die Sequenz dadurch um ein Doppeltes. Anschließend drückte er wieder auf Play, lehnte sich zurück, schaltete seine Wahrnehmung auf Standby und ließ sich in die dumpfen Bässe der Musik fallen.
    Fast hätte er es zu spät gemerkt. Erst als das Flurlicht einen Strahl quer durch sein Zimmer schickte, blickte er auf und sah seinen Vater auf sich zukommen. Schnell zog er die Kopfhörer ab und legte sie auf den Schreibtisch. Die Musik röhrte blechern durch den dunklen Raum. Er hatte völlig vergessen, das Licht einzuschalten. Die bloße Anwesenheit seines Vaters weckte in ihm die üblichen Mechanismen. Reflexartig schalteten sie sich der Reihe nach ein: Schuldgefühl, Minderwertigkeitskomplex, Übelkeit, Bewunderung. Er merkte, wie er schrumpfte, wie sich seine Nackenmuskeln zusammenzogen, die Schultern hochrutschten, der Kopf tiefer sank, wie ein Hund, in Erwartung auf Schelte. Hätte er einen Schwanz, würde er ihn jetzt einziehen.
    Â»Hast du nichts

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