Hoellenprinz
Spurensicherung ist noch dabei, alles auszuwerten. Morgen wissen wir mehr. In der Zwischenzeit solltest du dich um dein Gedächtnis kümmern. Versuch, dich daran zu erinnern, was passiert ist. Das würde uns weiterhelfen.«
»Darf ich dann jetzt gehen?«
»Ja«, antwortete die Kommissarin. »Und bitte stehe uns für weitere Fragen zur Verfügung.«
»Auf Wiedersehen!«, sagte Ela und verschwand, so schnell sie konnte, aus dem stickigen Gebäude.
8
S ie lief über rote Ampeln und verkehrsreiche StraÃen, ohne auf die Richtung zu achten. Sie wollte einfach nur weg, weit weg vom Präsidium. Als sie nicht mehr konnte, lehnte sie sich gegen eine Hauswand und schnappte nach Luft. In ihrem Kopf herrschte Chaos. Es gab nur ein für sie verständliches Wort, das im Rhythmus ihres Herzschlags gegen ihre Schädelwand hämmerte:
NEIN! NEIN! NEIN!
Ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten und schlugen im gleichen Rhythmus gegen die Steinwand.
So stand sie da, sie hatte keine Ahnung, wie lange, als sie plötzlich jemand ansprach:
»Hallo Ela. Was machst du denn hier?«
Ela blickte in die dunkelbraunen Augen von Sophie. Was sollte sie antworten? Sie zuckte mit den Achseln und bemühte sich, ihre Fäuste still zu halten.
»Wie geht es dir?«, fragte Sophie. Ein schwaches Lächeln zauberte ihre Grübchen hervor.
»Gut«, log Ela automatisch und wusste sofort, wie dämlich das klingen musste. Daher setzte sie hinterher. »Na ja, Blödsinn. Mir geht es natürlich nicht gut.«
»Das war echt hart heute Morgen, was?«
Ela ging nicht darauf ein, sondern sagte: »Darf ich dich mal was fragen?«
Sophie schaute auf die Uhr. »Ich muss in 15 Minuten im Präsidium sein. Also leg los.«
»Wie lange warst du auf dem Fest gestern?«
»Fast bis zum Schluss, das weiÃt du doch. Wir haben nebeneinander am Feuer gesessen. Du hast mir total viel erzählt.«
Das klang nicht gut. Elas Herz raste. Einfach weiterfragen, bohren, egal, wie sehr es wehtat.
»Und über was haben wir geredet?«
Sophie trat einen Schritt zurück, als bräuchte sie eine andere Perspektive auf Ela. Zwischen ihren Augen bildeten sich zwei Falten und sie hielt den Kopf ein bisschen schief, sodass ihr tief bis zu den Augenbrauen reichender Pony zur Seite rutschte. Ihre ganze Haltung drückte ein groÃes Fragezeichen aus.
»Du weiÃt es nicht mehr?«
»Nein«, sagte Ela und wartete auf das Schamgefühl. Doch es setzte nicht ein. Entweder war mittlerweile die Gewöhnung eingetreten oder sie war schlicht und ergreifend zu erschöpft und wollte jetzt einfach nur noch wissen, worüber sie geredet hatten. Da Sophie nichts sagte, fügte sie erklärend hinzu. »Ich habe einen Filmriss.«
»Oh, also â¦Â« Sophie räusperte sich. »Du hast mir von dem schönen Tänzer aus deiner Klasse erzählt, wie heiÃt er noch?«
»Mirko.«
»Ja, von Mirko und von Daniel. Du hast gesagt, du liebst beide, aber auch wieder nicht. Ganz verstanden habe ich dich nicht. Wenn ich ehrlich bin, hast du ganz schön gelallt und mitten in den Sätzen plötzlich aufgehört und so. Aber es ging um Mirko und um Daniel und um die Liebe. Und danach â¦Â« Sie verstummte.
»Ja?«, drängelte Ela. »Was war danach?«
»Du weiÃt wirklich gar nichts mehr?«
Ela schüttelte den Kopf. Zwei lachende Frauen traten aus dem Hauseingang. Als sie um die Ecke bogen, forderte Ela Sophie auf weiterzusprechen.
»Es war ein bisschen komisch, ehrlich gesagt«, sagte Sophie vorsichtig.
»Ich muss es wissen.«
»Caro ist mit zu Mirko gegangen, um neue Batterien für den Gettoblaster zu holen. Dann hast du dich auf den Platz neben Daniel gesetzt und wolltest einen Kuss.«
»Einen Kuss?«, entfuhr es Ela viel zu laut.
»Ja, du hast dich an ihn gelehnt und sehr laut einen Kuss eingefordert und ihm gesagt, dass du ihn liebst, schon immer, und dass das deshalb mit Mirko nichts werden kann.«
Da war sie, die erniedrigende und peinliche Szene, die fast jeder Besoffene lieferte. Wie entsetzlich! »Und? Haben wir uns geküsst?« Ela hielt die Luft an.
»Daniel wollte nicht. Er hat seinen Arm um dich gelegt und gesagt, dass du mit dem Trinken aufhören sollst.«
Ela stieà die Luft wieder aus. Das wäre auch zu krass gewesen, erst mit Mirko knutschen und dann mit Daniel. Und
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