Hoellenprinz
Monitor. Es war natürlich nichts passiert. Luna war nicht zu Hause und Sophie saà auf ihrem Bett, glotzte Serien und lackierte sich dabei die Fingernägel, eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Dank ihr hatte er schon zwei Minuten zusammenschneiden können. Sie hatte sich nachts das Nachthemd ausgezogen, weil ihr heià gewesen war und sich dann auf die Seite gedreht. Leider hatte sie sich dann wieder mit dem Laken zugedeckt, aber immerhin, die obere Pobacke war halb drauÃen geblieben und man hatte beim Ausziehen kurz ihre Brüste sehen können. Beim Schneiden hatte er auf Slow Motion gestellt, auf die Weise hatte er die kurze Ausziehaktion von einer Minuten auf zwei Minuten in die Länge ziehen können.
Wom-Wom-Wom. Die Bässe erschütterten seinen Körper bis in die hintersten Eingeweide. Das tat gut, hielt die Monster fern. Es war ja nicht so, dass diese ScheiÃfilme sein einziges Problem waren. Sein Abi, sein Vater, die Zukunft, Daniel ⦠Daniels Tod saà wie ein Kampfhund in der dunkelsten Ecke seiner Seele und wartete zähnefletschend auf den richtigen Moment, ihn zu zerfleischen. Ihn galt es zu besänftigen. Er drehte die Musik noch ein bisschen lauter.
Wom-Wom-Wom-Wom-Wom-Wom.
Sein Blick wechselte zwischen Monitor und Tür hin und her. Er hatte seinen Schreibtisch extra so ausgerichtet, dass er ständig die Tür im Blick hatte. Der Lichtstrahl, der durch die untere Ritze der Zimmertür nach innen fiel, war ruhig, es war also niemand im Flur. Wenn sein Vater auch nur ansatzweise Einblick in seine Computerwelt bekäme, wäre das sein sicheres Ende.
Wom-Wom-Wom.
Luna kam nach Hause. Aber sie verschwand gleich wieder. Die Kamera, die Daniel in ihrem Zimmer installiert hatte, hat in den letzten zwei Wochen überhaupt nichts hergegeben. Ganz im Gegensatz zu den Wochen davor. Für den ersten Film hatte es gleich am zweiten Tag eine Selbstbefriedigungsszene gegeben, am helllichten Tag. Ein Volltreffer, der Daniel und Lukas beim gemeinsamen Anschauen ganz schön in Verlegenheit gebracht hatte. Und dann hatte es noch die längere Nacktszene vor dem Spiegel beim Umziehen gegeben und natürlich das Telefonat. Oh Mann, das Telefonat! Es hatte eine Weile gedauert, bis Lukas Daniel davon überzeugen konnte, es auch mit in den Film zu nehmen. Pervers, wie der Hagere war, machte den allein schon die Erwähnung von schmutzigen Details an. Widerlich! Doch seitdem hatte Luna sich nur brav und bieder verhalten, gelesen oder vor dem Computer gehockt. Gab es etwas Langweiligeres, als einem anderen Menschen zuzuschauen, wie er am PC saÃ, wenn man noch nicht einmal erkennen konnte, was er da machte?
Wom-Wom-Wom.
Sophie stellte mal wieder ihr Zimmer um. Sie war fast zwanghaft ordentlich, hatte ihren ganzen Schulkram sofort nach der letzten Prüfung aussortiert und weggeheftet, unfassbar. Sein Zeug wird wahrscheinlich bis zu seinem Auszug unbeachtet auf einem Haufen unter seinem Schreibtisch bleiben und dann im Müllcontainer landen. Sein Abi war der reinste Witz gewesen. Hochbegabt war er â angeblich. Die dritte Klasse hatte er übersprungen, weil er sich zu Tode gelangweilt und die ganze Zeit nur Comics gezeichnet hatte. Bis sich ein Lehrer seiner angenommen und durch die Instanzen der Hochbegabtenförderung geschickt hatte. IQ von 140, klarer Fall von Unterforderung. Also war er gesprungen, weg von seinen Freunden, in die nächsthöhere Klasse, wo er bis zum Erbrechen gemobbt wurde. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein letztes Grundschuljahr hatte er kotzend vor dem Klo verbracht. Es hatte kein Erbarmen gegeben. Jeden Morgen hatte ihn sein Vater in die Schule gefahren, so wie er war, bleich, ausgekotzt und verängstigt. Konnte man Intelligenz auskotzen? Schien so. Im Gymnasium hatte man jedenfalls nichts mehr von der Hochbegabung gemerkt. Seine Noten waren eine Katastrophe gewesen, von Anfang an. Irgendwann in der achten Klasse hatten die Jungs angefangen, von Mädchen zu sprechen. Zu dem Zeitpunkt war Lukas mehr denn je mit seinen Comics beschäftigt gewesen. Ganze Regale hätte er mit ihnen füllen können, hätte es nicht seinen Vater gegeben, der in regelmäÃigen Abständen sein Zimmer von dem »Unsinn«, wie er es nannte, befreit hatte. Dann hatte Lukas den Computer bekommen und nur noch Filme gemacht, Hunderte, Tausende.
Er öffnete seinen Lieblingsfilm.
Eine Bühne. Zwei Scheinwerfer.
Zwei
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