Höllenschlund
transatlantischen Route sind wir vorläufig nicht weitergekommen, also haben wir einen anderen Ansatz gewählt. Uns fiel auf, dass es mehrere Verbindungen zur Philosophischen Gesellschaft gibt, also sind wir dieser Spur nachgegangen. Dabei sind wir auf Angela gestoßen.«
»Meinen Glückwunsch, dass Sie das Jefferson-Dokument gefunden haben«, sagte Austin mit einem freundlichen Lächeln, bei dem sich Angela ein wenig entspannte.
»Danke«, sagte sie. »Eigentlich war es reines Glück.«
»Angela scheint in der Tat ein Glückskind zu sein«, sagte Gamay. »Erzählen Sie Kurt und Joe, was Sie sonst noch gefunden haben.«
»Wir glauben, dass Meriwether Lewis ermordet wurde, um ihn daran zu hindern, wichtiges Informationsmaterial zu Thomas Jefferson zu bringen.«
»Mich würde interessieren, wie Sie zu dieser Schlussfolgerung gelangt sind«, sagte Austin.
Angela zog eine Mappe aus einer ramponierten ledernen Aktentasche.
»Ich habe verschiedene Dokumente durchstöbert, um nach Informationen über Lewis’ Sklaven zu suchen, einen jungen Mann namens Zeb. In den Berichten heißt es, dass er mehrere Wochen nach Lewis’ Tod in Monticello eintraf. Es ist auch möglich, dass er von einem Mann namens Neelly begleitet wurde, der mit der Nachricht nach Monticello reiste, dass Lewis ums Leben gekommen war. Neelly wollte offenbar wissen, was mit Lewis’ Sachen geschehen sollte, und hat den Sklaven mitgebracht. Ich habe mich gefragt, was anschließend aus Zeb geworden ist.«
»Damals wäre der Sklave als Teil von Lewis’ Besitztümern betrachtet worden«, sagte Austin.
»Das habe ich zunächst auch gedacht. Er wäre zusammen mit Lewis’ sonstigem Besitz an dessen Familie vererbt worden. Aber dann habe ich mir eine Liste der Sklaven angesehen, die in Monticello lebten. Dabei bin ich auf etwas Erstaunliches gestoßen.«
Sie reichte Austin ein Blatt, auf dem die Namen von Sklaven sowie ihr Alter, ihr Geschlecht und ihr Beruf verzeichnet waren. Austin überflog die Aufstellung und reichte sie ohne Kommentar weiter.
»Hier wird Zeb als
Freier
aufgeführt«, sagte Gamay. »Er arbeitete im Haushalt.«
»Wie konnte er im Alter von achtzehn Jahren ein Freier werden?«, fragte Austin.
»Ich glaube, es war eine Belohnung«, sagte Angela.
»Das ergibt Sinn«, sagte Austin. »Auf diese Weise hat Jefferson dem jungen Mann für die Dienste gedankt, die er ihm geleistet hat.«
»Die Texte von Lewis«, sagte Gamay. »Ich wette, er hat sie Jefferson ausgehändigt.«
»Wissen Sie, was mit ihm geschehen ist?«, wollte Austin von Angela wissen.
»Er blieb in Monticello und hatte innerhalb des Haushalts eine gute Stellung. Jahre später verschwand er von der Liste, aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte.«
Sie legte die Kopie eines alten Zeitungsausschnitts auf den Tisch.
Gamay las den Artikel. »Ist das unser Sklave?«
»Es heißt, dass er für Präsident Jefferson gearbeitet hat«, sagte Angela.
Gamay gab den Ausschnitt an Paul weiter. »Das ist Dynamit. Er war über neunzig und wurde kurz vor seinem Tod interviewt. Auf dem Sterbebett sagt er ganz offen, dass Meriwether Lewis ermordet wurde.«
»Wie hoch stehen die Chancen, dass er Jefferson dasselbe erzählt hat?«, fragte Austin.
»Wir glauben«, antwortete Paul, »Jefferson hat die ganze Zeit über gewusst, dass es Mord war. Trotzdem hat er öffentlich die Selbstmordvariante vertreten, obwohl diese Geschichte kein gutes Licht auf den Ruf seines alten Freundes warf.«
»Jefferson war sich nicht zu fein für Winkelzüge, aber er muss einen guten Grund für sein Verhalten gehabt haben«, sagte Austin.
Paul nahm die Risszeichnung des Schiffes in die Hand.
»Wir glauben, er wollte keine Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass er über dies hier Bescheid wusste.«
»Ich meine, damit ist klar, was wir als Nächstes tun werden«, sagte Gamay. »Wir fahren nach Monticello, um zu sehen, ob wir mehr über diesen Zeb herausfinden können.«
Austin wollte sich gerade damit einverstanden erklären, als er sich entschuldigte, denn sein Handy klingelte. Es war Wilmut.
»Ich habe es!«, hörte er Wilmuts aufgeregte Stimme.
»Du konntest die Position des Schiffes ermitteln?«
»Noch besser, Kurt. Ich habe das Schiff gefunden!«
36
Austin stand auf dem Deck seines Catboats und blickte auf die Chesapeake Bay hinaus. Die Bucht war für ihn vertrautes Gelände. Er hatte fast jeden Winkel mit dem vierundzwanzig Fuß langen Segelboot erkundet, das er selbst restauriert
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