Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
Ausdruck.
»Was hast du gesagt, Youngie?«
»Ich sagte, ›Sir, für zwanzig fange ich gar nicht erst an.‹ Warum nicht gleich vierzig?«
Zwei Stunden später war ich schweißgebadet, nach einer Serie von Liegestützen und Rumpfbeugen. Ich war schmutzig und meine Arme fühlten sich an wie nasse, verkochte Nudeln. Er sah, dass mir der Schweiß über das Gesicht lief, und hatte seinen Spaß. Meine Kameraden waren längst im Schlafsaal verschwunden.
Irgendwann wurde er hungrig und verkündete, dass er jetzt zum Abendessen gehen würde.
»Wenn ich zurückkomme, will ich dich hier sehen«, sagte er, »sonst kriegst du Strafpunkte für zwei Wochen.« Strafpunkte waren schlimmer als alles andere – es kostete ein ganzes Wochenende, sie wieder abzuarbeiten.
Kaum war er verschwunden, als auch schon einer seiner Klassenkameraden aus der Kantine kam und zu mir herüber lief. Er war einer der netteren Burschen in der Abschlussklasse.
»Das reicht, Phillips. Du bist entlassen.«
Ich blickte auf. Dann machte ich noch weitere zwanzig Liegestützen. »Danke, nein, Sir, mir geht’s gut«, sagte ich, das Gesicht nur Zentimeter von seinen hochglanzpolierten Schuhen entfernt. Ich war so erschöpft, dass ich jeden Augenblick ohnmächtig zu werden drohte, aber ich war auch wirklich wütend. Von diesen Typen ließ ich mich nicht fertigmachen.
Ich hörte ihn seufzen, als ich bei zwanzig ankam.
»Sei kein Dickschädel, Phillips. Ich will dir doch nur aus der Patsche helfen. Du bist entlassen.«
Ich stand auf, völlig außer Atem, und starrte ihn an.
»Das will ich von ihm selbst hören, Sir.«
»Da kannst du lange warten. Er ist ein Arschloch.«
Ich überlegte eine Minute. Auf keinen Fall wollte ich, dass sich dieser Bastard als Sieger fühlte. Aber dass sogar einer aus der Abschlussklasse zugab, dass der Typ im Unrecht war, reichte mir eigentlich schon. Außerdem war ich sicher ich, dass mich weitere zwanzig Liegestützen umbringen würden.
»Jawohl, Sir.« Ich marschierte davon. Bei der Vorstellung, dass mein Quäler vom Essen kam und mich nicht mehr im Flur vorfinden würde, musste ich lachen. Aber dass ich den Abschluss schaffte, habe ich wohl auch diesem Dummkopf zu verdanken.
Für mich war eine von einem Idioten befohlene Idiotie die beste Motivation der Welt.
Aber nicht alle waren so entschlossen, die Sache durchzustehen. Von den 350 Burschen, die die Ausbildung antraten, schafften nur 180 den Abschluss. Aber von den Absolventen war keiner ein Weichei, das dürfen Sie mir glauben.
Es gefiel mir auf der Akademie. Erstens gab es hier keine Mädchen, die auf dem College einer der Gründe für meinen Absturz gewesen waren. Mädchen waren eine Ablenkung, die ich nicht in den Griff bekam. Damals hielt ich das dummerweise sogar für einen Vorteil (aber nicht sehr lange). Die Jungs in der Akademie kamen aus völlig unterschiedlichen Milieus, hatten aber eine ganz ähnliche Lebensperspektive: Sie sehnten sich nach Abenteuer, Freiheit, körperlicher Arbeit und Unabhängigkeit. Sie waren größtenteils Burschen mit ziemlich derbem Humor und zu viel Fantasie, um in einem Büro zu arbeiten. Das alles verstand ich sehr gut.
Die Akademie brachte mir Disziplin bei, etwas, das ich in meinem Leben dringend nötig hatte. Ich lernte, mich nicht mehr zu verzetteln: Wenn in der Handelsmarine etwas zu erledigen war, wurde es erledigt. Keine Arbeit war nur ein Zeitfüller; jede Aufgabe hatte einen Grund und einen Wert. Sie trug dazu bei, dass das Schiff sicher war und gut in den nächsten Hafen kam. Auf einem Schiff gibt es keinen Müßiggang; jeder hat seine Aufgabe, und die muss er erledigen. Die Arbeit eines Einzelnen betrifft alle, die auf dem Schiff sind.
Aber der entscheidende Moment kam im Sommer 1976, während meiner ersten Fahrt auf dem Ausbildungsschiff. Für die 200-Jahr-Feier der Vereinigten Staaten versammelten sich die Großsegler in Boston. Es war ein spektakulärer Anblick, als sie unter Segeln in den Hafen einliefen. Meine Klassenkameraden und ich mussten das Ausbildungsschiff, die Patriot State , auf Vordermann bringen. Wir strichen sie an, wir übten das Aufentern in die Takelage, wir durchliefen unseren gesamten Drill – in diesem Sommer fand alles an der frischen Luft statt. Diese Zeit gefiel mir besonders. Die Arbeit war schwer, aber wenn man abends in die Koje fiel, wusste man, was man geleistet hatte, und das alles mit einem Minimum an Fehlern.
Zum ersten Mal seit der High School fühlte ich mich wieder als
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