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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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die 25 Gegenstände aufzählte, die zur Ausrüstung eines Rettungsboots gehörten, und zwar in alphabetischer Reihenfolge. Schaffte man das nicht, musste man auf der Stelle zwanzig Liegestützen machen. Bei der Sommerkreuzfahrt auf dem Ausbildungsschiff durch die Bermudas mussten wir manchmal vier Schichten Klamotten tragen, darunter einen Wintermantel, Handschuhe, Mütze und Schutzbrille. Dann wurden wir in den Maschinenraum geschickt, wo mitten im Sommer 70 Grad Celsius herrschten, und mussten dort schuften, bis wir wegen Flüssigkeitsmangel umkippten. Und die ganze Zeit musste man einen Lolli lutschen, fragen Sie mich nicht warum. Verpetzte man einen Klassenkameraden, schnitten sie die Düse von einem Feuerschlauch ab, quetschten das Schlauchende unter der Tür des Petzers durch und drehten voll auf. Sag tschüss zu deiner Stereoanlage und Kamera, Kumpel. Und legte sich einer von den unteren Jahrgängen gar mit einem Vierstreifer an, wurde eine sogenannte »Deckenparty« veranstaltet. Wenn der Übeltäter im Bett lag und schlief, warfen sie ihm eine Decke über den Kopf, dann schlugen zehn Vierstreifer auf ihn ein, bis er nur noch ein paar Herzschläge vom Tod entfernt war. Oder sie trieben ihn in die sogenannten »Vier Ecken«. Manche bekamen Alpträume, wenn sie diesen Ausdruck nur hörten. Man kam ahnungslos um eine Ecke und sah sich plötzlich einer Bande von Drei- oder Vierstreifern gegenüber. Dann brüllten sie, dass sie »Dampflok« mit uns spielen wollten. Dabei übernahm einer die Rolle des Kolbens, andere fungierten als Treibrad oder Kurbelwelle oder Dampfkessel, was im Grunde bedeutete, dass man ständig im Kreis lief oder auf und ab springen musste. Egal wie, man machte sich jedenfalls zum Narren. Und das konnte sich über Stunden hinziehen.
    Heute ist das alles natürlich nicht mehr erlaubt; eine derartige Behandlung gilt als politisch nicht korrekt. Aber damals galt die Schikane als charakterbildend. Ich glaube, heutzutage müssen alle in der ersten Woche erst mal ein Sensibilisierungsprogramm durchlaufen, außerdem kann man sich schlechte Noten einhandeln, wenn man einen jüngeren Kollegen auch nur zart darauf hinweist, dass er sich mit seinen Knoten ein bisschen mehr Mühe geben sollte. Aber damals, zu meiner Zeit, hatten sogar manche der Lieutenant Commanders, die auf dem Campus wohnten, Angst davor, die Schlafsäle auch nur zu betreten.
    Einer der Vierstreifer, also ein Senior Student, hatte mich als eines seiner Lieblingsopfer auserkoren. Schon bald gerieten wir fast jede Minute aneinander, vor allem, weil er es mit Regeln und Respekt sehr genau nahm, während ich andere genau so behandelte, wie sie mich behandelten. Zwischen uns stimmte die Chemie einfach nicht. Spontane gegenseitige Abneigung. Offenbar hatte er sich zum Ziel gesetzt, mich aus der Schule zu vertreiben.
    Sobald er mich irgendwo auf dem Campus sah, machte er mir das Leben zur Hölle. »Was ist mit dir, Jungfrau?«, schrie er. »Wohl noch nie flachgelegt worden, was?« Ich hatte keine Lust, mir solche Dinge von einem Typen wie ihn anzuhören, der sogar jünger war als ich. »Jedenfalls lange vor dir, du Loser«, gab ich zurück. Vom ersten Tag an hatte er mich auf dem Kieker.
    Eines Tages, kurz vor den Weihnachtsferien, ging ich mit ein paar Klassenkameraden von der Kantine zu unseren Schlafsälen. Und natürlich passte er mich an den Vier Ecken ab.
    »Verdammt, Phillips, bist du immer noch hier?«, brüllte er. Ein paar von seinen Freunden lachten. Jeder wusste, dass es dieser magere Bastard auf mich abgesehen hatte. »Warum packst du nicht deine Siebensachen und verschwindest endlich? Du schaffst die Ausbildung hier doch nicht. Da gehe ich jede Wette.«
    Wenn ich jemals Zweifel daran gehabt hatte, ob ich es schaffen würde, dann verschwanden sie in diesem Augenblick. Meine Ahnen stammten vom County Cork, und soviel ich weiß, ist diese irische Grafschaft schon immer als Rebellenland bekannt gewesen, weil sich dort die Bevölkerung gegen die britische Herrschaft aufgelehnt hatte. Das hatte ich wohl in den Genen.
    »Ich schwöre bei Gott«, flüsterte ich ihm zu, »dass du es nicht schaffst, mich von hier zu vertreiben.«
    Dann schenkte ich ihm mein strahlendstes Siegerlächeln. Das gefiel ihm gar nicht.
    »Runter! Mach mir zwanzig!«, schrie er. Ja, das nannten sie tatsächlich so.
    Ich schüttelte den Kopf. »Sir, für zwanzig fange ich gar nicht erst an.«
    Er starrte mich an, »geschockt« ist wohl der richtige

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