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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Steig aus, sobald dich jemand antreiben oder herumkommandieren will.
    Ich denke, schon damals war klar, dass ich nur in die Handelsmarine passen würde. Fast jeder, den ich bei der Marine kennenlernte, hatte Ähnliches zu berichten. Wir waren nicht die Kids, die zum Klassensprecher gewählt wurden. Wir waren die Jungs, die auf halb verrosteten Motorrädern zur Schule düsten, die überall aneckten, die in den Fells, einem Wald in der Nähe, abhingen und sich mit Alkohol volldröhnten. Immer gingen wir unseren eigenen Weg. Wir waren die viereckigen Klötze, die eben nicht durch ein rundes Loch gingen, und wer es versuchte, musste bald einsehen: »Nö, das schaffe ich nicht.«
    Um 1975 war ich schon ziemlich weit auf dem Weg vorangekommen, den gewisse Lästerer mir prophezeit hatten, dass nämlich nichts Gescheites mehr aus mir werden würde. Ich hatte verschiedene Jobs gehabt, zum Beispiel beim Sicherheitspersonal bei Raytheon, hatte von den örtlichen Banken die Schecks zur Federal Reserve gefahren und war Taxifahrer gewesen. Eine Weile fuhr ich Taxi in Arlington, einer Stadt nördlich von Boston; der Job hatte keine große Zukunft, war aber wenigstens abwechslungsreich. Einmal sprang ein Typ in mein Taxi, nannte mir eine Adresse und sagte, er würde nur kurz hineingehen und das Geld holen. Ich wollte schon um das Haus zum Hintereingang fahren, weil ich glaubte, dass er abhauen wollte, ohne mich zu bezahlen, aber schon nach einer Minute kam eine Frau schreiend aus dem Haus gelaufen und stieg in ein Auto, und dieser Verrückte war ihr dicht auf den Fersen. Er sprang in mein Taxi und schrie: »Zwanzig Dollar, wenn du sie einholst.« Mir wurde klar, dass die beiden wohl ein häusliches Drama ausfochten, und obwohl ich keine Ahnung hatte, worum es ging, war ich nun mittendrin gelandet. Ich stieg aufs Gas und jagte ihr durch die Straßen Arlingtons nach, eine echt filmreife Verfolgungsjagd. Nach einer Weile holte ich sie ein, fuhr neben ihr her und sah ihr entsetztes Gesicht. Im selben Augenblick schrie mein Fahrgast: »Dräng sie von der Straße!« Er hielt mich wohl für einen Profikiller, nicht für einen Taxifahrer. Ich hielt an, kassierte die 20 Dollar, denn schließlich hatte ich sie eingeholt, und warf ihn aus dem Taxi.
    Aber beim Taxifahren lernte ich eine Menge. Das ist ein harter Job, für den es keine genauen Anleitungen gibt; man muss ständig improvisieren. Insgesamt hatte ich keine bestimmte Richtung, keinen Lebensplan. Vor dem Job als Taxifahrer hatte ich mich in der Universität von Massachusetts in Amherst eingeschrieben, aber eigentlich nur, weil meine Eltern Lehrer waren und erwarteten, dass ich es zumindest versuchsweise aufs College ging. Ich studierte Tiermedizin; damals wollte ich Veterinär werden. Aber in einem Kurs, in dem ich einen Rechenschieber benutzen musste, wurde mir klar, dass ich nicht fürs Studium geeignet war. Nach dem ersten Semester stieg ich aus – das Opfer von zu vielen Partys und zu wenig Lektüre. Wenn im Herbst 1974 irgendwo auf dem Campus eine wilde Fete abging, war ich höchstwahrscheinlich dabei.
    Deshalb wurde ich Taxifahrer. Eines Tages nahm ich für die Rückfahrt vom Airport Logan einen echt cool aussehenden Mann mit. Er trug eine frisch gebügelte Arbeitshose und ein Lederjackett, das tausend Dollar gekostet haben mochte. Ich war beeindruckt. »Wohin wollen Sie?«, fragte ich. »Wo die echte action abgeht«, sagte er. In einer Stadt wie Boston war das damals, in den Siebzigern, keine ungewöhnliche Anweisung.
    »Welche Art von action ?«, wollte ich wissen.
    »Schnaps und Tussis«, sagte er.
    »Okay, kein Problem.« Ich schaltete den Taxameter ein und fuhr Richtung Combat Zone, damals noch eine einzige Straße voller Gogo-Girls, Stripclubs und unzähligen grellen Neonreklamen, die selbst am helligten Tag leuchteten. In der Combat Zone konnte man alles kriegen, und ich meine das wörtlich. Sie wollen eine sehr gelenkige Rumänin, die Beethoven-Konzerte spielen kann und super im Feldhockey ist? Kein Problem. Wollen Sie eine Runde Poker bei einem Cocktail-Klassiker mit Whiskey? Auch kein Problem. Die Zone enttäuschte niemanden. Das war eine Art Disneyland für Erwachsene.
    Als wir ankamen, wurden seine Augen groß und rund. »Passt das?«, fragte ich. Er nickte. »Ja, passt genau.«
    Die Gebühr war fünf Dollar; er gab mir noch fünf Dollar Trinkgeld. Für eine alte Dame hatte ich schon mal zwanzig Taschen in den zehnten Stock schleppen müssen und dafür 25 Cent

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