Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
Vom Netzwerk:
wollte er mit diesem Ding die amerikanische Nationalhymne blasen. Noch ein Fehlschlag. Ich befahl ihm, die Feuerlöschpumpe zu aktivieren; der »OFF«-Schalter ist deutlich rot und der »ON«-Schalter ist grün markiert. Natürlich drückte er auf rot und ging davon. »Nein!«, sagte ich. »Auf grün drücken und dann kontrollieren, ob das Wasser fließt.«
    »Verstanden«, sagte er.
    Nein, hast du nicht , hätte ich am liebsten geantwortet.
    Ich schickte ihn los, damit er die drei Türen zur Brücke abschloss. Wenn Piraten ein Schiff entern, müssen alle entscheidenden Zugangspunkte – zum Maschinenraum, zur Brücke – verschlossen sein. Man will schließlich verhindern, dass die Piraten die Kontrolle über das Schiff erlangen. Denn wenn ihnen das gelingt, können sie Kurs auf die somalische Küste nehmen, wo es keine funktionierende Polizei gibt, und die Besatzung in ein Safe House sperren, wo nicht mal Jack Bauer, der Held der TV-Serie 24 , sie finden würde. Und dann könnten sie die Crew an den Meistbietenden verhökern, zum Beispiel an al-Qaida.
    Das war meine größte Befürchtung, und ich wusste, dass es auch meiner gesamten Besatzung nicht anders ging. In einem stinkenden Loch zu landen, mit einer Binde um die Augen, wie ein Tier an einen Pfosten gekettet und der Barmherzigkeit irgendwelcher militanter Fundamentalisten ausgeliefert zu sein, gehört zum Schlimmsten, was man sich vorstellen kann. Jeder einzelne von uns machte sich Sorgen, der nächste Daniel Pearl zu werden, ein Journalist, der entführt, gefangen gehalten und später enthauptet wurde.
    Der A.B. rannte aus der Brücke. Colin machte alles richtig. Er hatte das Funkgerät auf VHF umgestellt, volle Beleuchtung angeschaltet, die Feuerlöschpumpen aktiviert und fing bereits an, simulierte Ausweichmanöver einzuleiten.
    »Wie lautet der Nichtbedrohungscode?«, rief ich. Mit dem Codewort konnte man einer Person hinter einer verschlossenen Tür mitteilen, dass man nicht von einem Piraten mit einer Waffe bedroht wurde.
    »Mr Jones«, antwortete Colin.
    Falsch. »Mr Jones« war der Code für den SSA (Secret Security Alarm). Der Geheime Sicherheitsalarm wird vom Kapitän auf Knopfdruck ausgelöst, wenn ein Notfall eintritt. Er wird dann sofort via Satellit zu einem Notfallzentrum durchgestellt, das rund um die Uhr besetzt ist. Der Operateur im Zentrum fragt zuerst: »Ist Mr Jones da?« Antwortet man mit »nein«, bedeutet das, dass man nicht bedroht wird. Der Agent wird einen dann über die Situation aufklären. Antwortet man mit »ja«, hat man womöglich die Mündung einer AK-47 im Rücken, und der Agent wird den Kontakt sofort abbrechen, weil er weiß, dass man nicht frei reden kann.
    Das ist so ungefähr wie der Code, mit dem sich der US-Präsident identifizieren muss, bevor er den Einsatz von Atomwaffen autorisieren kann. Der Dritte sollte eigentlich den Code gar nicht kennen.
    »Weit daneben«, sagte ich. »Er lautet ›Suppertime‹.«
    Colin stöhnte. Immerhin war uns beiden klar, dass wir noch einiges verbessern mussten.
    Mittlerweile war der A.B. wieder zurück. Seine Aufgabe, die drei Türen zur Brücke abzuschließen, hätte eigentlich in höchstens zwanzig Sekunden erledigt werden müssen, aber er hatte fünf Minuten gebraucht.
    »Weshalb dauert das so lange?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort schon ahnte.
    »Ich hab die Türen abgeschlossen.«
    »Welche Türen?«
    »Sämtliche Türen auf allen Ebenen.«
    »Und – hatten sie Schlösser, diese Türen?«
    »Äh«, sagte er. »Nein.«
    Das Abschließen der Türen soll natürlich verhindern, dass die Piraten weiter vordringen können. Die Decks sollen gewissermaßen isoliert werden, um Sicherheitsbereiche zu schaffen, für den Fall, dass die Verstecke der Besatzung entdeckt werden. Und unverschlossene Türen vor einer Sicherheitszone nützen nun mal nicht besonders viel.
    »Die Türen nur zugemacht, nicht abgeschlossen?«
    »Na ja«, gab er zu, »ich hab sie nur zugemacht.«
    »Was nicht besonders viel nützt, stimmt’s?«
    »Hm, nein, vermutlich nicht.«
    Colin schüttelte den Kopf. »Das hab ich mit ihm schon sechs oder sieben Mal geübt.«
    Ich nickte.
    »Wir streben nach Perfektion«, sagte ich. »Aber manchmal muss man sich eben mit weniger zufrieden geben.«
    Ein paar Männer lachten. Sie wussten inzwischen, dass das einer meiner Sprüche war.
    Wir führten die Übung zu Ende. Dann versammelte ich die gesamte Mannschaft mit Ausnahme des Dritten im Schiffsbüro und erklärte ihnen,

Weitere Kostenlose Bücher