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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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einem Abkommen mit der US-Regierung zustanden. Alles, was wir für die Rückfahrt aufnahmen und wofür bezahlt wurde, brachte Gewinn. Deshalb wurde das Schiff mit allen nur erdenklichen Naturprodukten beladen: Robbenfelle stapelten sich im Frachtraum, und die Kühlräume quollen schier über von Lachs. Auf Deck standen Lastwagen, bis weit über das Dollbord wurden leere Bierfässer aufgestapelt, die in Seattle wieder gefüllt werden sollten, außerdem Motorräder, Telefonmasten, Schneemobile und Hydranten.
    Das Schiff sah aus wie der Umzug der Hinterwäldlerfamilie Clampett nach Beverly Hills in dem Film Die Beverly Hillbillies sind los!
    Ich war der Dritte Offizier des Schiffs. Auf der Hierarchieleiter stand ich so weit unten, dass der Kapitän kaum jemals ein Wort mit mir wechselte. Mein Arbeitsraum war winzig und hatte eine Holztür, die später bei einem Sturm aus den Angeln gerissen und durch eine Wolldecke ersetzt wurde, die dann meinen einzigen Schutz gegen den arktischen Wind darstellte. Manchmal, wenn ich morgens aufwachte, stand der Boden in meiner Kajüte unter Wasser. Nicht zu fassen, auf was ich mich da eingelassen hatte.
    In der dritten Woche zur See bekam ich Probleme. Der Kapitän hatte mich und den Zweiten wegen eines kleinen Ordnungsverstoßes im Logbuch vermerkt – weil wir den Gezeitenbericht für den nächsten Hafen nicht erledigt hatten. Tatsächlich hatten wir die Gezeiten notiert, aber der Chief Mate hatte den Zettel verschlampt, weil er ihn nur für einen Notizzettel gehalten hatte. Zwar ging der Erste zum Kapitän und erklärte ihm den Vorfall, aber der ließ ihn gar nicht erst ausreden. Daraufhin musterte der Chief Mate ab. Der Zweite erklärte sich solidarisch mit dem Ersten und musterte ebenfalls ab, und mit ihm auch seine Frau, die als Hilfskraft des Stewards arbeitete. Der Bootsmann ging ebenfalls von Bord. Ihm folgten dann auch noch die Vollmatrosen.
    Alle legten die Arbeit nieder und gingen von Bord. Und plötzlich war ich, ein ruhmreicher Taxifahrer, Erster Offizier eines Schiffs, das fast bis zum Polarkreis fahren sollte. Die Besatzung war so zusammengeschrumpft, dass wir sogar zwei Teenager, einen Vierzehn- und einen Sechzehnjährigen, als Vollmatrosen anheuerten. Dem Kapitän war das egal. Ihm war nur wichtig, dass alle an Bord nüchtern blieben. Als ehemaliger Alkoholiker duldete er keinen Tropfen Alkohol auf dem Schiff. Aber nach Feierabend besoffen sich manche Besatzungsmitglieder trotzdem mit Everclear, einem Agraralkohol. Das Zeug ist sehr, sehr stark und es wirkte irgendwie mit dem seltsamen Licht dort im Norden zusammen, jedenfalls wurden alle ein bisschen verrückt. Deshalb kam der Kapitän mindestens einmal am Tag aus seiner Kajüte gestürmt und brüllte mich an: »Saufen diese Typen schon wieder, Phillips? Hier stinkt’s doch nach Alkohol?!« Worauf ich immer antwortete: »Ich passe schon auf, Cap, keine Sorge.« Obwohl ich das Zeug an den meisten Abenden selbst mit der Crew trank.
    Es war mir gelungen, die meisten Männer zu überreden, auf das Schiff zurückzukehren. Aber nach einer Woche legten wir in Pelican Cove, Alaska, an. Der Ort besteht aus einer Fischfabrik, sechs oder sieben Häusern und einer Bar, und das war’s. Der Kapitän ordnete zusätzliche Arbeiten an, woraufhin die gesamte Besatzung wieder geschlossen von Bord ging. Wir marschierten einfach den Landungssteg hinunter und verschwanden in Rosie’s Bottomless Bar.
    Als wir in die Bar kamen, fragte der Bartender: »Hey, Leute, habt ihr irgendwo Bären gesehen?«
    »Nein, warum?«
    »Na, weil kürzlich zwei Burschen, die von einem Schiff kamen, von Bären gefressen wurden.«
    Also musste ich nicht nur die Besatzung überreden, wieder aufs Schiff zurückzugehen, sondern auch noch aufpassen, dass ich nicht von Schwarzbären angefallen wurde. Ich brauchte bis in die frühen Morgenstunden, aber dann konnte ich endlich alle Deserteure wieder an Bord der Provider zurücktreiben.
    Der Kapitän stand auf der Brücke, als ich die Crew auf das Schiff zurückführte.
    »Ich hab sie zurückgebracht, Cap«, sagte ich.
    Er starrte uns nur wütend an. Alle gingen in die Kojen, auch der Kapitän. Am nächsten Morgen standen wir auf, vertilgten unser Frühstück und machten uns an die Arbeit. Niemand verlor auch nur ein Wort über die Sache. Offenbar gehörte das kreative Chaos in der Handelsmarine zum normalen Tagesablauf.
    Aber auf dem Trip erlebte man auch wunderbare Augenblicke. Als wir durch diese schönen

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