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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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gefährliche Aktion, aber die Aussicht, vier Monate lang als Geisel eingesperrt zu sein, bis das Lösegeld erpresst war, konnte Seeleute durchaus zu solchen Verzweiflungstaten treiben.
    Wir beschlossen auch, dass niemand seine Schlüssel noch bei sich tragen sollte, sobald die Piraten das Schiff geentert hatten. Wenn die Piraten ein Besatzungsmitglied erwischten, das den vollen Schlüsselsatz bei sich hatte, bekämen sie Zugang zum ganzen Schiff. Ich ordnete auch an, immer sämtliche Türen hinter sich abzuschließen. Bei einem Rundgang mit Mike, dem Leitenden Ingenieur, hatte ich das Piratengitter vor dem Maschinenraum bemängelt. Das Gitter war bei der Besatzung beliebt, weil es frische Luft in den heißen Raum ließ. Aber das bedeutete auch, dass die schwere wasserdichte Tür geöffnet blieb; ich hingegen wollte, dass sie immer abgeschlossen wurde. Dafür hatte ich einen guten Grund: Vom Maschinenraum konnte man in die Aufbauten gelangen. Eindringlinge konnten von dort direkt zur Brücke hinauf stürmen. Mike war einverstanden, das Piratengitter abzumontieren und stattdessen die große Stahltür zu sichern. Auch hatten wir uns darüber verständigt, auf der Innenseite der Stahltüren schwere Riegel anzubringen, für den Fall, dass es den Piraten gelingen sollte, die normalen Schlösser mit Schüssen zu öffnen. In den Aufbauten hatten wir das bereits gemacht, aber es gab immer noch ein paar Türen an anderen Stellen des Schiffs, an denen man die Riegel noch anbringen musste. Mike gab seinen Leuten den Befehl, sich darum zu kümmern.
    »Gut«, sagte ich abschließend zu der versammelten Mannschaft. »Ich weiß, dass uns allen diese Sicherheitsmaßnahmen lästig sind, aber sie können uns das Leben retten. Die nächste Übung muss besser ablaufen.«
    Damit schickte ich sie wieder an ihre Arbeit. Die Übung hatte fünfzehn Minuten gedauert, die Manöverkritik dreißig.
    Ein anderer Kapitän hätte vielleicht die Gelegenheit genutzt, um ein paar Crewmitglieder beiseite zu nehmen und ihnen die Leviten zu lesen. Aber im Lauf der Jahre hatte ich mir einen anderen Führungsstil zugelegt. Ich wollte nicht Befehle brüllen wie mein Vater. Mir war noch deutlich in Erinnerung, dass mich das Anbrüllen immer von dem abgelenkt hatte, was man mir eigentlich sagen wollte. Von der Besatzung konnte ich keine Perfektion fordern, wenn ich wusste, dass ein paar Leute dazu schlicht nicht in der Lage waren. Vor dem Gehen kommt erst mal das Krabbeln. Und Laufen kommt noch später.
    Dieser Instinkt hängt mit der Anfangsphase meiner Laufbahn in der Handelsmarine zusammen – genauer: mit meiner ersten Fahrt als qualifizierter Seemann.
    Ich war mit dem Patent eines Dritten Offiziers von der Akademie abgegangen. Damit konnte ich am unteren Ende der Befehlshie-rarchie eines Schiffes arbeiten. Aber man musste auf einen »Ruf« warten. Ich kehrte nach Hause zurück und vertrieb mir die Zeit damit, Häuser zu streichen, während ich auf meinen ersten Job auf einem Schiff wartete. Zwei Angebote – Fahrten nach Florida und in die Bahamas – lehnte ich ab; zu langweilig für meinen Geschmack. Ich lag gerade am Pool einer Freundin, als mich jemand von der Personalabteilung einer Reederei anrief. »Ich hätte da ein Schiff für Sie. Wir brauchen einen Dritten.«
    »Wohin geht die Fahrt?«
    »Alaska.«
    Das klang besser, ja sogar verlockend. Drei Stunden später saß ich im Flugzeug nach Seattle.
    Nach einem halben Tag in der Luft nahm ich ein Taxi zum Hafen. Der Fahrer hielt vor etwas an, das mir wie ein schwimmender Schrotthaufen vorkam. »Falscher Ort, Kumpel«, sagte ich. »Ich habe auf einem Schiff angeheuert. Das hier ist ein Wrack.« Er schaute mich an, als sei ich ein bisschen schwer von Begriff. »Ich hab heute schon drei Leute hierher gefahren. Das ist Ihr Schiff.«
    Als ich an Bord ging, begrüßte mich der Zweite Offizier: »Ein Schiff wie dieses hier werden Sie nie mehr zu sehen bekommen.« Und er behielt recht.
    Die Aleut Provider sollte von Seattle hinauf nach Alaska und wieder zurück fahren. Die Route sollte durch die Inside Passage an den Queen Charlotte Islands (jetzt Haida Gwaii) vorbei bis nach Kodiak führen, dann durch die Aleuten und bis hinauf zu den Pribilof Islands nahe dem Polarkreis, wo wir eine Gruppe winziger Fischerdörfer ansteuern sollten. Dort wurden Lachs und Königskrabben verarbeitet, die von den Trawlern angeliefert wurden. Außerdem sollten wir den Indianersiedlungen Versorgungsgüter liefern, die ihnen nach

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