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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Indischer Ozean.
    10. Containerschiff meldet verdächtige Annäherung. 28. März 2009, Tansania.
    Die Piraten griffen so ziemlich jede Art von Schiff an, das sich um das Horn von Afrika wagte: Tanker, Fischtrawler und sogar Luxus-Kreuzfahrtschiffe. Nichts war mehr vor ihnen sicher. Aber es fuhren so viele Schiffe an der ostafrikanischen Küste entlang, dass man einfach hoffen konnte, nicht zu den Unglücklichen zu gehören, auf deren Radarschirme ein paar Piratenboote auftauchten. Wenn sie erst einmal ins Blickfeld kamen, konnte man nur noch wenig tun, um einen Angriff abzuwenden: volle Kraft voraus, Feuerschläuche aufdrehen oder Täuschungsmanöver einleiten, das waren dann die einzigen Reaktionen, die einem noch blieben. Die Somalis führten Sturmgewehre und raketengetriebene Granaten mit sich, kamen in Schnellbooten angebraust und hatten den Ruf, absolut rücksichtslos vorzugehen.
    Die Situation erinnerte mich an eine Gnuherde in der afrikanischen Savanne, die von einem Löwen belauert wird: Die einzige Sicherheit liegt für die Tiere in der Menge, denn sobald sich der Löwe für ein bestimmtes Tier entscheidet, steht diesem Gnu ein richtig schlechter Tag bevor. Und wie der Löwe nach einem Schwachpunkt sucht – ein langsames, lahmes oder junges Tier –, konzentrierten sich die Piraten immer auf Schiffe, die wehrlos aussahen.
    Aber Amerikaner schienen bisher stets außerhalb des Aktionsspektrums der Piraten zu bleiben. Das letzte Mal hatten Piraten die Seeleute eines Schiffs der Vereinigten Staaten vor zweihundert Jahren als Geiseln genommen. Das war in den Tagen der Korsaren aus den Barbareskenstaaten gewesen, die von afrikanischen Häfen wie Tripolis oder Algier aus operierten, also an der nördlichen Küste des afrikanischen Kontinents. Der damalige Präsident Thomas Jefferson schrieb sich deshalb den Kampf gegen die Piraterie auf seine Fahnen, denn im Jahr 1801 mussten schon 20 Prozent des Bundeshaushalts der Vereinigten Staaten für Lösegeldzahlungen an afrikanische Piraten aufgewendet werden. Besatzungsmitglieder der gekaperten Schiffe lebten und arbeiteten als Sklaven in den luxuriösen Wohnstätten algerischer Freibeuter. Die USA fochten sogar zwei blutige Kriege gegen die Barbareskenstaaten aus – darunter verstand man Marokko und die damaligen Stadtstaaten Algier, Tunis und Tripolis. Auf diese Kriege bezieht sich die zweite Zeile der berühmten Hymne des United States Marine Corps: »… to the Shores of Tripoli«.
    Aber das ist lange her. Das Piratenproblem verschwand aus dem nationalen Gedächtnis der Amerikaner. Selbst wenn man in Schwierigkeiten geriet, wurde angenommen, dass man auf eigenes Risiko unterwegs war; man erhielt keine Unterstützung. Die US-Navy hatte sich seit zwei Jahrhunderten nicht mehr mit Piratenjagd beschäftigen müssen.
    Nach unserer Übung am zweiten Tag glaubte ich, dass meine Crew auf einen Angriff vorbereitet war. Man konnte zwar immer noch einiges verbessern, dennoch war es ein guter Anfang gewesen. Aber natürlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, dass die Männer, die uns bis an unsere Grenzen treiben sollten, bereits im Boot saßen und unterwegs zu uns waren.

VIER
    - 6 Tage
    »Die Lage in der Region ist außerordentlich ernst. Einen derartigen Anstieg der Piratenaktivität haben wir in dieser Region noch nie beobachtet. Die Piraten setzen bedenkenlos immense Feuerkraft ein, um Schiffe unter ihre Kontrolle zu bringen. Allein in diesem Jahr wurden in Somalia über 260 Seeleute als Geiseln genommen. Wenn nicht weitere Maßnahmen ergriffen werden, bleibt die Lage dort für die Seeleute sehr gefährlich.«
    Stellungnahme von Pottengal Mukundan,Direktor des International Maritime Bureau, 21. August 2008
    I n meiner gesamten Laufbahn hatte ich noch keine Begegnung mit einem Piratenboot gehabt, aber ein paarmal war ich nahe dran gewesen. Auf einer Fahrt durch den Golf von Aden im vergangenen September hatte ich mich auf der Brücke befunden, als mich Shane, der auch damals mein Erster Offizier gewesen war, beiseite nahm.
    »Cap, erinnerst du sich an das Schiff, auf das ich dich vor kurzem aufmerksam gemacht habe, als wir daran vorbei fuhren?«
    Ich nickte. Auf den stärker befahrenen Routen der Welt bekommt man dieselben Schiffe immer wieder mal zu sehen, die auf denselben Strecken wie das eigene Schiff unterwegs sind und dieselben Häfen anlaufen. Ihre Namen erscheinen auf dem AIS, dem Automatischen Identifikationssystem. Am Abend zuvor hatten wir ein

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