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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Gewässer glitten, sahen wir vom Deck aus Elche, Bären und Füchse. Keine zwanzig Meter entfernt brachen Schwertwale durch die Wasseroberfläche und schwammen mehrere Meilen neben uns her. Wir retteten zwei Fischer, Vater und Sohn, die in einem Ruderboot mitten im Golf von Alaska trieben. Ihr Boot hatte Feuer gefangen, und obwohl sie Überlebensanzüge trugen, herrschte eine solche Kälte, dass sie beinahe erfroren wären. Sie hatten sogar schon erörtert, wer wen mit der Flinte erschießen sollte, als wir sie vom Deck aus erblickten. Sie waren so unterkühlt, dass sie stundenlang kein Wort hervorbrachten; sie saßen nur einfach da und zitterten vor Kälte. Einen Tag lang hatten sie Schiffe vorbeifahren sehen, manche so nahe, dass sie die Namen am Bug hatten lesen können, aber niemand hatte ihre Hilferufe gehört. Und später sah ich eine Insel mit Bäumen und Schnee, die mitten im Ozean aus dem Wasser ragte, obwohl sie auf keiner Seekarte verzeichnet war. Als die Sonne höher stieg, schmolz die Insel von unten her weg, bis das ganze Gebilde verschwunden war. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um ein Phänomen namens Super-Refraktion – von Standpunkten in höheren geografischen Breiten kann man dabei gewissermaßen um die Erdkrümmung blicken. Tatsächlich sah ich also einen Berggipfel vor mir, der jedoch dreihundert Meilen entfernt war, und es sah so aus, als würden wir direkt an die »Insel« heranfahren.
    Das war ein Teil der Welt, den nur wenige Menschen jemals zu sehen bekommen. Wildtiere, eine atemberaubende Landschaft, das manchmal unfassbare Verhalten der Menschen. Das war es, weshalb ich zur Handelsmarine gegangen war.
    Damals verfiel ich meinem Beruf.
    Auf dieser Alaskafahrt begann auch meine Ausbildung in Menschenführung. (Lektion Nummer eins: Lerne, wie du mit deinen Leuten reden musst.) Außerdem begriff ich, dass auf dem Meer nichts so läuft, wie man es erwartet. Man muss immer auf eine schier unglaubliche Zahl von Überraschungen vorbereitet sein, von Meuterei über hungrige Bären bis hin zu optischen Täuschungen über dem Wasser. Und man muss ständig improvisieren. Kapitäne, die aus jeder Mücke einen Elefanten machen – zum Beispiel, wenn die Crew ein paar Bierchen trinkt –, verlieren schnell das Vertrauen ihrer Leute.
    Und für die Gewässer vor der somalischen Küste traf das gleich zweifach zu. Um im Land der Apachen zu überleben, musst du lernen, wie ein Apache zu denken.
    Der nächste Tag dämmerte herauf, schon die frühe Morgensonne brachte Hitze. Das Office of Naval Intelligence in Maryland mailte die aktuelle Ausgabe seines Berichts Worldwide Threats to Shipping . Ich öffnete die Datei sofort. Die Piratenangriffe und anderen Gefahren waren nach Regionen aufgelistet. Für den Nordatlantik wie auch den gesamten Rest des Atlantiks und für das Mittelmeer war kein einziger Zwischenfall verzeichnet.
    Ich sprang zur Sektion Ostafrika. Hier waren 39 Angriffe gemeldet worden. In einer einzigen Woche . Mir stockte buchstäblich der Atem. Das Bulletin war so etwas wie ein Polizei-Tagesbericht für Seeleute, und die Lektüre machte mir klar, dass Ostafrika so ziemlich die letzte Weltgegend war, in der man unterwegs sein sollte.
    Ich überflog ein paar Einträge:
    1. Schiff meldet verdächtige Annäherung bei voller Fahrt. 20. März 2009, 06.00 Uhr UTC, Bab al-Mandab.
    2. Fünf Männer mit Schusswaffen nähern sich in zwei Schnellbooten einem Schiff von Steuerbordbug, Bab al-Mandab.
    3. Chemietanker meldet Enterversuch. 29. März 2009, Golf von Aden.
    4. Tanker FGS SPESSART der Deutschen Marine wird beschossen. Sieben Piraten in einem Skiff eröffnen das Feuer auf das Marineschiff; offenbar halten sie es für ein Handelsschiff. 29. März 2009, Golf von Aden.
    5. Schiff beschossen. Sieben Männer, bewaffnet mit mehreren AK-47, nähern sich dem Schiff in einem Skiff. Golf von Aden.
    6. Massengutfrachter (TITAN) entführt. Sechs Männer in einem Schnellboot und bewaffnet mit mehreren AK-47 sowie Pistolen entern und entführen das Schiff. 19. März 2009, Golf von Aden.
    7. Frachter (DIAMOND FALCON) beschossen. Zwei Skiffs mit Männern, bewaffnet mit Sturmgewehren und raketengetriebenen Granaten, eröffnen das Feuer. 14. März 2009.
    8. Schiff meldet Entführungsversuch. 01. Januar 2009, 17.30 Uhr Ortszeit, Golf von Aden.
    9. Massengutfrachter meldet Beschuss. Schnellboot nähert sich dem Schiff; in größerer Entfernung wird ein Piraten-Mutterschiff gesichtet. 30. März 2009,

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