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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Skiff parallel zu unserem Schiff auszurichten, ein Seil mit Enterhaken auf das Deck zu werfen, und dann hochzuklettern. »Jetzt 15 Grad rechts«, rief ich. Auf keinen Fall darf man zu scharf den Kurs ändern, sonst verliert man zu viel Tempo. Man bringt das Schiff zum Schaukeln und schwingt dann wieder zurück.
    Ich schaute auf das Wasser und traute meinen Augen nicht: Die Piraten hoben eine prächtige, lange, weiße Leiter hoch in die Luft. Ich dachte: Wo um alles in der Welt haben sie das Ding her? Es sah aus wie etwas, das man in jedem Baumarkt kaufen konnte: eine Leiter für einen Pool mit Haltungen zum Einhaken. Normalerweise verwenden die Somalis Enterhaken oder eine Stange oder ein Seil, aber dieses verdammte Teil sah aus wie maßgeschneidert für unser Schiff. Es hatte zwei vertikale Teile, die ganz exakt auf die stabile Metallleiste passten, die außen etwa 15 Zentimeter vom Deck unseres Schiffs nach oben abstand.
    Ich beobachtete, wie die Haken an meinem Schiff festmachten. Kaum fünf Sekunden später tauchte ein Kopf über der Bordwand auf, gefolgt von einem Körper, der wenig später auf dem Deck landete. Er stand ein Stück hinter dem zweiten Kran und war gut 20 Meter von mir entfernt. Es war der Mann, den ich als den Anführer kennenlernen sollte.
    Verfluchte Scheiße, dachte ich. Sie sind an Bord.
    »Ein Pirat an Bord«, rief ich ins Funkgerät. »Wir werden geentert.« Der Somali hielt keine Waffe in der Hand. Ich lehnte mich vor und sah, dass er mit einem gelben Seil einen Eimer hochzog. Darin musste die Waffe sein. Und unmittelbar hinter dem Eimer kam ein zweiter Pirat.
    »Ein Pirat an Bord, ein Pirat klettert herauf«, rief ich ins Funkgerät.
    Wir näherten uns unaufhaltsam der Katastrophe. Die Piraten hatten Waffen, wir nicht. Wir hatten nur unseren Kopf und unsere Willenskraft, um sie zu bekämpfen. Die meisten würden bei dieser Auseinandersetzung wohl den Waffen den Vorzug geben, aber wir mussten das Beste aus dem machen, was wir hatten.
    Ich lief mit neuen Leuchtpatronen wieder auf die Brückennock. Der Somali auf Deck drehte sich um und hob die Hand, da hörte ich: Peng, peng, peng. Jetzt hatte er eine Waffe und schoss. Ich erwiderte mit einer Leuchtkugel das Feuer, sie sprang vom Deck ab und rollte ins Wasser. Ich duckte mich, als der Kerl mehrere Schüsse abgab, und hörte einen Knall : Boing! Eine Kugel schlug direkt vor meinem Kopf in den Windabweiser ein. Ich blickte auf und sah die Delle im Metall.
    »Oh, verdammt!«, sagte ich. Wenn die Kugel den Stahl durchschlagen hätte, hätte sie mich mitten ins Gesicht getroffen.
    Ich sprang auf. Der erste Pirat war verschwunden. Er versteckt sich bestimmt hinter den Containern auf Deck, dachte ich. Ich wusste, dass sein Endziel die Brücke war, aber es dürfte noch eine Weile dauern, bis er sie erreichte.
    Der zweite Pirat kam die Leiter hoch und sprang auf das Deck.
    »Zwei Piraten an Bord«, funkte ich.
    Ich musste eine Entscheidung treffen: Entweder wir gaben jetzt die Brücke auf verriegelten sie fest, zogen uns in den Schutzraum zurück und warteten ab. Oder ich konnte die Brücke halten und beten, dass die Piraten nicht die Piratensicherung knackten und die sieben Etagen hochstiegen.
    Ich wollte mein Schiff nicht aufgeben. Zur Hölle, nein, dachte ich. Ich werde die Brücke niemandem überlassen. Die Brücke ist für jeden Kapitän etwas Besonderes: Sie steht symbolisch für die Kontrolle über das Schiff. Das ist wie bei einem Piloten im Cockpit einer 747. Sie ist einem anvertraut worden. Man will sie auf keinen Fall übergeben, wenn man auch nur die Spur einer Chance hat, sie zu verteidigen.
    Das war in meinen Augen mein erster Fehler. Ich hätte in genau diesem Moment den Rückzug antreten müssen. Aber ich glaubte, dass ich noch Zeit hätte. Ich wollte so lange wie möglich die Kontrolle behalten. Es war Selbstüberschätzung, nehme ich an. Kommt doch und erobert sie!
    Ich feuerte ein paar Leuchtkugeln auf den zweiten Mann ab. Ich konnte sehen, dass die Piraten sehr mager waren und schmutzige T-Shirts und Shorts trugen, außerdem Gummisandalen. Der zweite Mann setzte sich sofort mit gekreuzten Beinen auf das Deck und fing an, mit seiner AK-47 auf mich zu schießen.
    Von unten hörte ich drei Schüsse. Später wurde mir klar, dass dies der erste Pirat gewesen sein muss. Er schoss einfach die Schlösser an den Ketten ab, die die Außenleiter sicherten. Ich dachte in dem Moment aber, er sei immer noch hinter den Containern auf Deck

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