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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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mir gelassen. Vielleicht glaubten sie, ich würde es brauchen, um die Besatzung auf die Brücke zu rufen oder das Schiff zu leiten. Ich hielt es absichtlich immer auf Höhe der Taille in der Hand, damit sie sich an den Anblick gewöhnten. Aber ich benutzte es nur, wenn sie abgelenkt waren oder wegschauten, und dann drückte ich einfach den Knopf und sprach, ohne es bis an die Lippen zu heben.
    »Vier auf der Brücke«, sagte ich. »Bisher kein Mutterschiff.« Ich rasselte noch einmal die Positionen der Somalis auf der Brücke und ihre Waffen herunter.
    »Cap«, sagte jemand. Ich schaute mich um. Colin gab mir ein Zeichen.
    Ich ging zu ihm. Er schwitzte, und sein Gesicht war ganz käsig, ob von der Hitze oder wegen der Nerven konnte ich nicht sagen.
    »Cap, geben Sie ihnen doch einfach das Geld«, sagte er.
    Ich schaute mich um. Ich hoffte, die Piraten hatten das nicht gehört.
    Jeder Captain hat in seinem Safe Bargeld, für Proviant und für Notfälle. Ich hatte in meinem 30 000 Dollar deponiert, in großen und kleinen Scheinen.
    »Colin, sie werden mehr als die 30 Riesen wollen.«
    »Geben Sie die ihnen einfach«, sagte er.
    Ich wollte, dass er ruhig blieb. In der Erinnerung an seine Fragen zu Geiselnahmen früher auf der Fahrt befürchtete ich, dass Colin die Nerven verlieren könnte. Wir hatten alle Angst, aber es war wichtig, dass wir es nicht zeigten. Angst bedeutet Schwäche, und Schwäche bedeutet konfuses Denken. Das konnten wir uns nicht leisten.
    »Das ist eine Möglichkeit«, sagte ich. »Wir haben ihnen schon Zigaretten gegeben. Wir werden das Geld in Reserve behalten, falls wir es brauchen.« Das Geld war mir völlig gleichgültig, aber ich wollte das Geschehen ein wenig langsamer angehen und mir die Chance erkämpfen, eine Strategie zu entwickeln.
    »Ich denke, Sie sollten es ihnen einfach geben«, sagte er.
    Ich ging weg.
    Der Anführer ging zum UKW-Funkgerät. Das Gerät nutzte eine extrem hohe Frequenz, die es einem normalerweise ermöglichte, mit jedem Schiff am ganzen Horizont zu sprechen – eine Reichweite von 15 bis 20 Meilen. Es war ursprünglich auf Kanal 16 eingestellt, die internationale Funk- und Notruffrequenz. Jeder hörte diesen Kanal ab – über ihn rief man andere Schiffe oder meldete einen Unfall an Bord. Aber ich hatte unbemerkt auf Kanal 72 umgestellt. Kein Schiff kümmert sich um Kanal 72. Der Anführer könnte ebenso gut versuchen, jemanden auf dem Mond zu erreichen.
    Er ratterte auf Somalisch einen Funkspruch herunter. Vermutlich wollte er das Mutterschiff ereichen. Aber er bekam keine Antwort.
    Ich beobachtete den Anführer. Ich wusste, dass ich sehr genau auf seine Laune achten musste. Alle anderen Piraten folgten sklavisch seinem Beispiel: Wenn er wütend wurde, wurden sie auch wütend. Wenn er ruhig war, waren sie auch ruhig. Er glich dem Zünder einer Bombe. Ich musste ihn sehr genau im Auge behalten.
    Allmählich fragte ich mich, wie weit ich den Anführer noch reizen durfte. Ich hätte gerne gewusst, was in seinem Kopf vorging. Was würde er als Nächstes tun? Wie konnte ich ihm zuvorkommen?
    Aber es war ein schmaler Grat zwischen der Täuschung der Häscher und einer Kugel im Kopf.

ZEHN
    Tag 1, 09.00 Uhr
    »Wir sind wie hungrige Wölfe auf der Jagd nach Fleisch.«
    Anführer somalischer Piraten Shamun Indhabur, Newsweek.com, 18. Dezember 2008
    D ie Brücke wurde dampfig. Die Temperatur über dem Wasser kann im Golf von Aden ohne weiteres 35 Grad Celsius und mehr erreichen. Ich wusste, dass wir in diesem Glaskäfig schnell dehydrieren würden. Die Piraten hatten die Brückentür, die normalerweise offen blieb, um eine Brise einzulassen, fest geschlossen.
    »Wo sind die Leute?«, fragte der Anführer noch einmal.
    »Ich habe keine Ahnung, wo sie sind. Ich bin hier bei…«
    »Bring die Besatzung hoch – SOFORT!«, brüllte er. »Du hast zwei Minuten. Wenn nicht, werden diese Männer euch töten.«
    Plötzlich rannten die beiden Piraten von den Nocken herein, hoben ihre AK-47 und richteten sie über das Steuerpult auf ATM und Colin, die auf dem Boden kauerten. Mit einem Ruck richteten sie die Läufe nach unten auf ihre Köpfe und schrien.
    »Wollt ihr sterben?!«, brüllten sie. »Zwei Minuten, wir bringen euch um.«
    »Ganz ruhig, ganz ruhig«, sagte ich. »Ich tue mein Bestes.«
    »Noch eine Minute dreißig«, rief Tall Guy, mit weit aufgerissenen Augen. Er richtete das Gewehr auf meinen Unterleib.
    »Sie meinen es ernst«, sagte der Anführer. »Ich habe dir gesagt.

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