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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Böse Männer, böse Männer.«
    Ich ging zurück zur Bordsprechanlage. »Ganze Besatzung, ganze Besatzung« rief ich. »Sofort auf der Brücke melden. Piraten wollen euch jetzt auf der Brücke sehen.«
    Der Anführer schaute mich kalt an.
    »Können Sie diese Männer beruhigen?«, sagte ich. »Bevor jemand erschossen wird?«
    Er sah mich nur an und zuckte die Achseln.
    »Ich bin nur ein armer Somali«, sagte er. »Aber ich sage dir eins: Du holst besser jemanden hoch – jetzt gleich.«
    »Eine Minute!«, sagte Tall Guy. »Wir bringen alle um.«
    Ich gestikulierte mit den Händen: Ruhig, ganz ruhig. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, meine Hände fühlten sich an, als würden überall Stacheln des Stachelschweins stecken. Musste ich zusehen, wie zwei Männer aus meiner Besatzung starben? Wenn sie einen erschossen, das wusste ich, würden sie das ganze Schiff durchkämmen und uns alle erschießen.
    »Piraten drohen, uns zu erschießen«, rief ich in die Bordsprechanlage und ins Funkgerät. »Sie wollen jetzt Leute auf der Brücke.«
    »Dreißig Sekunden!«, rief Musso. »HÖRT IHR MICH? Dreißig Sekunden, dann seid ihr tot.«
    Tall Guy und Musso liefen zu Colin und ATM und stießen mit ihren Kalaschnikows brutal nach unten, als wären sie Dolche, und sie wollten meine Männer aufspießen. Auf Colins und ATMs Gesicht stand die nackte Angst. Der Anführer lief zu ihnen, legte Tall Guy die Hände auf die Brust und drückte ihn zurück.
    »Gefährliche Piraten«, sagte er zu mir. »Schaff jetzt jemanden her!«
    »Was soll ich denn machen?«, rief ich zurück.
    Er zuckte die Schultern.
    Ich nahm das Funkgerät. »Wenn ihr in einer Minute nichts von uns hört, dann sind wir tot. Ihr könnt keine Gnade von denen erwarten.« Ich wollte, dass die Besatzung wusste, dass diese Männer auch sie töten würden, wenn die Schießerei losging. Es gab keinen anderen Ausweg aus dieser Situation. Keine Kapitulation.
    »Schaff jetzt die Besatzung hoch«, sagte der Anführer. »Schaff sie jetzt auf die Brücke, sonst sprengen wir das Schiff in die Luft.«
    Ich starrte ihn an. Hatte er eben gesagt: »Sprengen das Schiff in die Luft?«
    »Ja, wir haben eine Bombe. Wir sprengen das Schiff in dreißig Sekunden.«
    Ich glaubte ihnen kein Wort. Ich hatte gesehen, wie der Eimer hochkam, und da war nichts drin, das wie Sprengstoff aussah. Ich hatte allmählich das Gefühl, dass sie blufften, um die verbarrikadierte Besatzung in ihre Gewalt zu bringen.
    Young Guy beobachtete mich von der Brückennock aus und grinste mich an. Etwas an seinem Gesicht war merkwürdig, als würde er geradezu genießen, was die Somalis mit uns trieben. Als würde er das alles im Fernsehen verfolgen.
    Die zwei Minuten verstrichen. Ich holte tief Luft. Das war unsere erste Hürde – sie waren noch nicht bereit, uns zu töten.
    Ich lief umher und schaltete die Alarmsirenen ab, die immer wieder aufheulten. Immer wieder nahm ich mein Funkgerät und schickte einen schnellen Bericht über das ab, was gerade auf der Brücke passierte. Oder ich überlegte mir eine Strategie.
    Ich hatte eine Ahnung, wo die Besatzung sein könnte – vielleicht im hinteren Steuerraum. Vielleicht schliefen manche noch, vielleicht streiften sie durch die Gänge. Sie hielten ihre Positionen geheim, damit die Piraten nicht nach unten stürmen und sie als Geiseln nehmen konnten. Später fand ich heraus, dass genau in diesem Moment Shane oben im vorderen Kran war und uns beobachtete. Und der Leitende Ingenieur machte einen Rundgang durch das Schiff. Die anderen Männer waren im hinteren Steuerraum, dem Schutzraum, über den wir bei der Übung gesprochen hatten und auf den uns der Leitende Ingenieur gebracht hatte. Ich wusste, dass sie dort unten mit Sicherheit litten: Es war dort bestimmt 35 Grad heiß, eher mehr. Und einige Männer in der Besatzung waren schon über Sechzig oder gar Siebzig. Wenn ich sie zu lange dort unten ließ, würde es zu Hyperthermie oder Überhitzung kommen. Sie würden dehydrieren, dann würden sich die ersten Symptome bemerkbar machen: Verwirrung, Aggressivität, starke Kopfschmerzen, gerötete Haut, fallender Blutdruck. Danach Kälteschauer und Zuckungen, zuletzt würden sie ins Koma fallen.
    Momentan tickten genaugenommen drei Uhren in uns: wie lange noch bis zur Ankunft des Mutterschiffs, wie lange, bis die Besatzung in der Hitze zusammenbrach, und wie lange bis zum Eintreffen der Kavallerie. Ich versuchte, alles drei gleichzeitig im Kopf auszurechnen.
    Aber ich wusste,

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