Höllenzeit
über ein gewaltiges Reich mit unendlich vielen Helfern und Strukturen war. Einfach über die Dämonenwelt.
Der Mönch durfte nicht daran denken, welche Gewalten hinter dem standen, was als Böse bezeichnet wurde. Im Vergleich dazu war das, was er jetzt tat, lächerlich. Peanuts, mehr nicht, aber es war wichtig, denn dieser Bruder Shiram mußte etwas bei seinen Forschungen entdeckt haben, was den Kreaturen der Finsternis schon bitter aufgestoßen war, sonst hätten sie sich um seinen Tod nicht so sehr bemüht.
Wenn er nur reden würde.
Statt dessen lag er auf dem Rücken und schlief. Sogar der in sein verwüstetes Gesicht fallende Schein störte ihn nicht in seinem tiefen, fast todesähnlichen Schlaf.
Ignatius merkte, daß er doch nicht mehr zu den Jüngsten gehörte, denn vom langen Sitzen waren ihm die Beine steif geworden. Deshalb stand er auf und streckte sich. Er drückte auch die Arme hoch, er bewegte sie anschließend kreisend in den Gelenken, bevor er bis zur Tür ging und dann wieder zurück. Neben dem Stuhl blieb er stehen und schaute wieder auf das Bett. Hatte es überhaupt noch Sinn, hierbei diesem Mann zu bleiben? Der schlief, endlich einmal, er würde möglicherweise im Schlaf auch eine seelische Reinigung erfahren, um sich nach dem Erwachen wieder an gewisse Dinge erinnern zu können.
Ignatius wußte nicht, wie er von der anderen Seite bestraft worden war.
Die linke Gesichtshälfte war durch das Höllenfeuer verbrannt, doch das brauchte nicht unbedingt Feuer zu sein. Er hätte diesen Begriff auch als Sinnbild einsetzen können.
Wichtig war nur, daß dieser Mann durchhielt, daß die andere Seite ihn nicht in ihre Klauen bekam, denn dann war alles verloren.
Die ruhigen Atemzüge wurden nur ab und zu durch ein leises Schnarchen unterbrochen, ansonsten war alles normal, sogar die zugezogenen Vorhänge paßten dazu.
Trotzdem ging der Mönch zu einem der Fenster. Er wollte Licht sehen, öffnete den Vorhang spaltbreit und schaute hinaus.
Der Himmel war noch blau, doch er dunkelte bereits ein. Über den Berggraten lagen die Wolken wie weiße, voluminöse Schwämme. An den warmen Stellen taute der Schnee weg. Die weißen Flächen verwandelten sich in Lachen, Matsch und kleine Rinnsale.
John Sinclair war noch immer nicht eingetroffen!
An diesem zweiten Problem hatte Ignatius am meisten zu knacken. An Bruder Shirams Zustand hatte er sich gewöhnt, aber das Nichterscheinen seines Freundes bereitete ihm schon Sorgen. Er kannte John als einen pünktlichen Menschen, der sich auch meldete, wenn ihm etwas dazwischenkam und er einen Termin nicht einhalten konnte, doch in diesem Fall hatte er sich nicht gemeldet.
Ignatius glaubte nicht, daß er es vergessen hatte. Der Grund mußte demnach ein anderer sein.
John konnte nicht Bescheid sagen!
Ignatius merkte, wie nervös er war. Leider stand ihm kein Fahrzeug zur Verfügung. Er hätte sich hineingesetzt und wäre die Straße hinabgefahren, denn so etwas war er von seinem Freund nicht gewohnt.
Er gab die Schuld der anderen Seite, obwohl die ihm einen Beweis dafür schuldig geblieben war.
Ignatius löste seine Hand vom Stoff, und der Vorhang schwang wieder zu. Dann drehte sich der Mönch um. Er schaute in das eigentlich dunkle Zimmer hinein. Der nicht ganz geschlossene Vorhang glänzte wie schwarz lackierte Pappe. Das Licht reichte nicht aus, um alle Ecken zu erreichen. Es malte einen hellen Flecken mit ausuferndem Kreis auf den Boden. Der Rest blieb dunkel, und Ignatius kam es vor wie ein düsteres Feld, in dem das Grauen lauerte. Im Bett lag Bruder Shiram.
Er schlief, er atmete, aber er atmete nicht mehr so ruhig wie zuvor.
Einem Fremden wäre dies kaum aufgefallen, nur hatte der Mönch lange genug an dessen Bett gesessen, um auch auf Kleinigkeiten achten zu können. Diese hier empfand er sogar als relativ gravierend. Er schaute sich um, sah auch nach, ob der Schlafende die Augen offenhielt, was nicht der Fall war. Die Veränderung des Atemgeräusches mußte eine andere Ursache haben, die tief in ihm steckte.
Er blieb direkt neben dem Bett stehen und beugte sich über das Gesicht des Mannes. Father Ignatius konzentrierte sich auf die Augenlider. Sie waren geschlossen, aber sie lagen längst nicht mehr so ruhig auf den Augäpfeln wie sonst. Dieses leise Zucken hing bestimmt nicht mit dem Licht zusammen.
Shiram bewegte auch die Lippen. Er sprach nicht, aber beide Hälften zitterten leicht.
Unruhe hatte den Schläfer erfaßt und jetzt auch den ihn
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