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Höllenzeit

Höllenzeit

Titel: Höllenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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haben wir beide so ausgemacht.«
    Shiram deutete ein Lächeln an. »Es freut mich, daß ihr so besorgt um mich seid.« Mit der Zungenspitze leckte er über seine Lippen. »Ich habe Durst. Kann ich etwas Wasser haben?«
    »Sicher, daran soll es nicht liegen.«
    Auf dem Tisch standen noch zwei Flaschen mit Mineralwasser. Eine war fast leer, die andere voll. Ignatius öffnete die frische Flasche, schenkte Wasser in das Glas und ging wieder zurück zu seinem Patienten. Auf halbem Wege hörte er dessen Stimme. Sie klang leise und murmelnd.
    Der Mann sprach Gebete, er bat um die Vergebung seiner Sünden. Erst als der Mönch neben dem Bett stand, hörte er auf und löste seine ineinandergefalteten Hände, um das Glas Wasser in Empfang zu nehmen, das ihm Ignatius reichte.
    »Warte, ich helfe dir.«
    »Danke.«
    Der Mönch stützte den Rücken des Kranken ab. Er brachte ihn in eine sitzende Haltung und drückte ihm den Rand des Glases gegen die Lippen.
    Shiram trank in kleinen Schlucken. Er schmeckte und schluckte. Als das Glas leer war, ließ er sich wieder zurücksinken. »Das tat gut«, flüsterte er. »Trotzdem fühle ich mich wieder schlechter.«
    »Warum? Was ist der Grund? Sind es Schmerzen?«
    »Die auch«, flüsterte Shiram. »Ich… ich spüre sie in meinem verbrannten Gesicht. Da geschieht etwas, denn es drückt und brennt. Ich kann nicht erklären, was es ist, aber es ist einfach schrecklich. Ich… ich verfaule weiter.«
    Er hatte ja recht, aber Ignatius hütete sich davor, ihm zuzustimmen. Er wollte ihn nicht noch stärker deprimieren. »Und was belastet dich sonst noch, Bruder?«
    »Meine Träume…«
    »Du hast geschlafen und…«
    »Ja, ja, ich habe geträumt. Es war schlimm. Ich habe das Böse erlebt. Ich habe die Fratzen gesehen. Ich sah mich als verfaultes Stück Fleisch in einem Grab liegen, und ich weiß, daß dies eintreffen wird. Ich weiß es ganz genau.« Das letzte Wort endete in einem Schluchzen, und Ignatius sah Tränenwasser in dem gesunden Auge schimmern.
    Er mußte den Mann einfach beruhigen, der in der letzten Zeit zuviel durchgemacht hatte. »Es waren nur Träume, Bruder«, sagte er mit leiser Stimme, »wirklich nur Träume, nicht mehr.«
    Shiram schaute ihn an. Sein gesundes Auge wirkte seltsam starr, auch wissend. »Es ist kein Trost«, flüsterte er, »überhaupt nicht. Träume haben mich verfolgt, Träume sind bei mir immer Wirklichkeit geworden. Das Böse hat mich verfolgt. Ich habe es verraten, es ist mir auf den Fersen geblieben.« Er hob einen Arm. Sehr hart umklammerten seine Finger das rechte Handgelenk, des Mönchs. »Immer haben sie sich erfüllt. Niemals habe ich mich geirrt, und der letzte Traum ist… er ist… das Böse ist hier, Bruder!« Seine Stimme bebte. »Es ist in der Nähe. Niemand schafft es, das Unheil aufzuhalten, und mögen die Mauern auch noch so dick sein. Diese hier sind dick und wuchtig, aber nicht stark genug. Es hat keinen Widerstand gegeben. Das Böse ist eingedrungen. Es bringt den Tod mit. Nicht nur für mich, für alle hier…« Ignatius wollte lächeln.
    Es gelang ihm nicht. Diese Worte hatten ihn schon getroffen. Sie saßen tief, und er fragte sich, ob er lieber nachschauen sollte.
    »Wo kann es denn sein? Wo hält es sich versteckt?«
    Shiram atmete heftig. Es sah so aus, als wollte er sich erheben, dann schüttelte er den Kopf so gut wie möglich. »Ich kann es dir nicht genau sagen, doch es ist nah. Sogar so nahe, daß ich seinen verfluchten Pesthauch spüren kann. Er streift mein Gesicht, es brennt weiter. Sie wollen mich verfaulen und vermodern lassen. Bitte, du mußt achtgeben oder fliehen. Ja, flieh von hier, weg – nur weg…«
    »Nein, ich bleibe und werde dich beschützen.«
    Shiram gab diesmal keine Antwort. Er sah aus wie ein Mensch, der gar nicht zugehört hatte, und er schaute auch an Ignatius vorbei. Die Tür zum Büro der Äbtissin interessierte ihn.
    Ignatius erkundigte sich nicht, was es dort zu sehen gab. Vielleicht nichts, vielleicht alles. Er drehte sich sehr langsam um, wollte Shiram nicht erschrecken.
    Dafür erschrak er selbst.
    Vor der Tür stand eine Gestalt.
    Schrecklich anzusehen. Mit einem bleichen und irgendwie einem roten Gesicht.
    Doch Ignatius sah noch mehr.
    Mit der rechten Hand umklammerte der Eindringling den Griff eines blutbeschmierten Fleischbeils…
    ***
    Haben Sie schon mal gejoggt?
    Sicher, wie jeder von uns. Ich gehöre nicht zu den großen Joggern, die in den Morgenstunden die Parks und Anlagen bevölkern,

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