Höllenzeit
ihrer Form an eine Spitzmaus erinnerte, wenn auch wesentlich länger und entsprechend breiter. Zudem konnten Mäuse nicht diese Reißzähne haben wie eben das Maul des Mannes.
Dann entdeckte sie die Waffe in seiner rechten Hand. Es war das Fleischerbeil, dessen Griff er so hart festhielt, daß sich die Haut über den Knöcheln spannte. Von ihm ging etwas aus, das sich die Nonne nicht erklären konnte. Etwas Gewalttätiges, Furchtbares, Grauenhaftes. Der Teufel hatte seine Arme ausgestreckt, und auch die Mauern des Klosters hatten ihn nicht aufhalten können.
Sie schluckte den bitteren Speichel herunter und wußte, daß es der
›Geschmack‹ der Angst war. Moran kam näher.
Sein Gesicht veränderte sich dabei. Es konnte sich nicht entscheiden, welchen Ausdruck es annehmen sollte. Mal trat das normale Gesicht in den Vordergrund, dann schob sich wieder diese rote Fratze vor, die voller Feuer zu stecken schien.
Die Nonne hatte nie von den Kreaturen der Finsternis gehört, geschweige, eine aus ihrer Mitte gesehen. Nun aber stand dieses höllische, uralte, dämonische Wesen vor ihr, und sie wußte mit einer glasklaren Sicherheit, daß sie ihren Tod wollte.
Sterben.
Nicht mehr leben.
Blutend auf dem Steinboden der Küche zusammensinken!
Das schoß ihr durch den Kopf. Anna öffnete den Mund und brachte die Worte stockend hervor. »Heilige Maria, bitte…«
Ein böses klingendes Kichern unterbrach sie. »Die wird dir auch nicht helfen, Frau. Du wirst sterben, alle hier werden sterben. Ich bin die Vorhut, ich räume auf.« Eine Wolke hatte sich vor die Sonne gesetzt, filterte einen großen Teil der Helligkeit, und auch in der Küche wurde es düsterer, als wäre bereits der Schatten des Todes in den Raum gefallen.
Auch Anna nahm dieses Sinnbild war, sie schaute gegen die Fenster und hatte ihren Kopf leider von ihrem eigentlichen Feind abgewandt.
Der war plötzlich vor ihr.
Sie wollte schreien.
Moran schlug zu.
Er traf zielsicher, denn er hatte die Klinge im letzten Augenblick gekantet und auf ihren Hals gezielt.
Anna röchelte nicht mal. Ein erstaunter Ausdruck trat in ihre Augen, dann fiel sie zurück. Sie landete mit einem harten Klatschen auf dem Boden und blieb liegen.
Die Nonne war tot.
Die Kreatur der Finsternis aber lächelte. Sie wischte das Blut der Frau von ihrer Kleidung, und dabei zuckte die Schnauze des zweiten Gesichts stromstoßartig. Die Augen leuchteten auf, als hätten sich dort böse Sonnen vereint, um ihr Grauen in die Welt zu schicken.
Die Höllenzeit war angebrochen!
Kein Platz war mehr vor diesem Dämon sicher, und Jack Moran legte die blutige Mordwaffe auf den Tisch, bevor er gelassen seinen Mantel überstreifte. Die Decke lag dort, wo er das Beil aus der Schublade geholt hatte. Er war zufrieden.
Auf den Tee verzichtete er. Statt dessen steckte er die Waffe wieder ein, drehte sich um und ging auf die Tür zu, als wäre nichts geschehen.
Dabei veränderte sich sein Gesicht. Es löste sich einfach auf, und die anderen Züge gewannen bei ihm die Oberhand.
Vor der Tür blieb er stehen. Er mußte sich noch sammeln, denn er wußte genau, daß die nächsten Aufgaben nicht so leicht sein würden. Zwei Männer befanden sich im Kloster, um den zu bewachen, auf den es ihm ankam. Diesen verfluchten Verräter, der versucht hatte, die Hölle reinzulegen. So etwas konnte und durfte nicht gutgehen, und Moran war geschickt worden, um ihn zu bestrafen.
Ja, er diente Luzifer gern, und er wollte, daß die Welt bald nur auf ihn hörte.
Mit diesem für ihn positiven Abschluß öffnete er die Tür, um den Verräter zu jagen…
***
Father Ignatius war harte Sitzflächen gewohnt, deshalb machte es ihm nichts aus, auch längere Zeit neben dem Bett zu sitzen und Bruder Shiram zu beobachten.
Er wußte so gut wie nichts über den Mann mit der verbrannten linken Gesichtshälfte. Ihm war allerdings bekannt, daß er in einem Kloster in Israel gelebt und geforscht hatte, wobei es zu seinen Aufgaben gehörte, mehr über die Vergangenheit zu erfahren, besonders über die Verstrickung zwischen Gut und Böse, die sich an gewissen Punkten doch immer wieder trafen.
Luzifer und die Kreaturen der Finsternis waren das absolut Böse. Etwas Schlimmeres gab es nicht mehr, und sie existierten leider seit Beginn der Zeiten. Daran hatten auch die Kräfte des Lichts trotz zahlreicher Bemühungen nichts ändern können. Es gab den Gefallenen Engel, der immer wieder einen Vorstoß hin zu den Menschen unternahm und Herrscher
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